Grüner Genuss: Auf heimischen Wiesen und in unseren Wäldern wachsen unzählige Pflanzen, die sich perfekt als Zutaten in den unterschiedlichsten Gerichten eignen. 

Grüner Genuss: Auf heimischen Wiesen und in unseren Wäldern wachsen unzählige Pflanzen, die sich perfekt als Zutaten in den unterschiedlichsten Gerichten eignen. 
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Top 10: Wildkräuter für die Küche

Petersilie, Thymian und Rosmarin kennt jeder. Doch in unseren Wäldern und auf unseren Wiesen wächst noch eine Vielzahl anderer Pflanzen, die sich ebenfalls für die kulinarische Verwendung eignen.

Wenn die slowenische Spitzenköchin Ana Roš ihre Kräutergärten herzeigt, leuchten ihre Augen. Insgesamt sind es gleich fünf Anbauflächen, auf denen insgesamt mehr als 200 essbare Kräuter und Pflanzen gedeihen. »Wir haben hier ­in der Umgebung keine Märkte«, sagt die Autodidaktin, »aber wir haben die Natur. Diese Kräuter sind mein ganzer Stolz, ich wüsste nicht, wie ich ohne diese köstlichen Pflanzen überhaupt kochen sollte.«

Ana Roš ist nicht irgendeine Köchin. Die Slowenin wurde 2017 als »World’s Best Female Chef« ausgezeichnet, also als beste Köchin der Welt. In Kobarid in Slowenien nahe der italienischen Grenze führt sie zusammen mit ihrem Mann das Restaurant »Hiša Franko«, eine idyllisch gelegene Gourmet-Oase mit Fremdenzimmern und besagten Gärten hinter dem Haus. Ana Roš kocht Gerichte weitab des Üblichen. Zu einer Äsche mit einer Sauce aus Kohl, Roter Rübe und Kürbisöl-Mayonnaise mischt sie ein Kraut, das Hylotelephium maximum oder auf Deutsch Große Waldfetthenne heißt. Damit gibt sie dem Gericht einen unvergleichlichen Geschmack – oder besser gesagt »den entscheidenden kulinarischen Kick«.

Pioniere der Kräuterküche

Der wohl berühmteste Kräuterkoch ist Marc Veyrat, ein Franzose, der sich auf Molekularküche und die Verwendung von Bergpflanzen und -kräutern spezialisiert hat. Der exzentrische Starkoch, zu dessen Markenzeichen ein Hut mit breiter Krempe gehört, ist bekannt für den Einsatz von Wurzeln, Bergpflanzen, Bergkräutern und Wildblumen, die in den französischen Alpen geerntet werden. Jeden Morgen durchstreifen zwei Botaniker die Hügel und Hänge rund um das kulinarische Imperium, das sich Marc Veyrat in seiner Heimatgemein­de Manigod erschaffen hat. Sie sammeln Kräuter und Blätter für die »Symphonien«, die Veyrat in seiner Küche komponiert. Wie kaum ein anderer Spitzenkoch hat der Franzose schon früh erkannt, dass Wildkräuter den Küchenstil eines Kochs maßgeblich prägen können.

Das ist bei Veyrat eindeutig der Fall. Bereits in den frühen 1990er-Jahren füllte er Eprouvetten mit Flüssigkeiten aus seltenen Kräuteressenzen und kochte Süppchen mit einem intensiven Duft nach Waldboden, Wurzeln und Kräutern, die dem Gast einen Eindruck davon vermitteln sollten, wie es ist, wenn man durch den morgendlichen Wald spaziert. Erst sehr viel später machten ihm das die Starköche der neuen Nordic Cuisine auf ihre Art nach und prägten damit die moderne skandinavische Küche, ­in der es plötzlich vor lauter Kräutern nur so wimmelte, die zuvor kaum jemand wahrgenommen hatte. 

Trend in der Gastronomie

In Österreich zählte vor allem der 2016 verstorbene Spitzenkoch Meinrad Neunkirchner zu den Pionieren einer anspruchsvollen Kräuterküche. Neunkirchner war ­­ein Experte im Umgang mit seltenen Wildpflanzen und verfasste zusammen mit der Kochbuchautorin Katharina Seiser ein viel beachtetes Buch, das zu einem Bestseller wurde. »In den zehn Jahren seit dem Erscheinen dieses Buchs«, schreibt Seiser im Vorwort zu einer Neuauflage von »So schmecken Wildpflanzen« (Verlag Löwenzahn), »sind Wildpflanzen von einer Randerscheinung zu einem großen Trend in der Gastronomie geworden.«

Unzählige Köche haben heute ihre eigenen Kräutergärten vor der Haustür, oder sie sammeln diese in der freien Natur. Essbare Pflanzen und Kräuter sind zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Spitzengastronomie geworden. Immer mehr Top-Köche schwören auf Wald- und Wiesenkräuter.

Nährstoffreich und gesund

Und sie werden auch von Hobbyköchen immer häufiger eingesetzt. Denn Kräuter sind nicht nur für ganz spezielle Aromen verantwortlich, viele der Kräuter und ­Wildpflanzen sind auch reich an wichtigen Nähr­stoffen. Nur ein Beispiel: Die Brennnessel, eines der bekanntesten Wildkräuter und lange Zeit als stechendes Unkraut eher gefürchtet denn geschätzt, besitzt viele Mineralstoffe wie Calcium und Eisen, aber auch Vitamine wie Vitamin C und Provitamin A. Überdies gehört die Brennnessel zu den Pflanzen mit dem höchsten Eiweißgehalt. Und sie ist zudem als entgiftende und blutbildende Pflanze bekannt. Ganz schön viel eigentlich für ein Gewächs, das praktisch überall wild wächst …


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Brunnenkresse

Wird auch Bachkresse genannt und ist eine der beliebtesten Wildpflanzen

Brunnenkresse wächst am besten entlang von Bächen, Gräben und fließenden, klaren Flüssen. Sie wurde schon sehr früh gezielt kultiviert und angebaut und zählt seit Langem zu den beliebtesten Wildpflanzen. Das beste Aroma hat die Brunnen- oder Bachkresse, wenn die Blätter nicht zu groß sind und vor der Blüte gesammelt werden. Sie wird gerne für Salate verwendet, passt aber wegen ihrer frischen Schärfe auch hervorragend zu gegrilltem Fleisch. Und sie wird auch oft für Pestos, Suppen und Aufstriche eingesetzt. Nach der Blüte sind ihre Blätter
allerdings oft sehr bitter.

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Kleine Klette

Eine ergiebige, milde Gemüsepflanze

Die Kleine Klette (Arctium minus) findet man oft am Wegrand. Bei der Verwendung werden die Blattstängel stark abgebürstet und die groben Fasern der Länge nach herausgezogen. Man kann sie in einem Gemüsefond garen, in Asien wird sie aber auch als Wurzelgemüsespezialität angebaut. Sie schmeckt in diesem Fall würzig-erdig, ähnlich wie die ungleich bekanntere Schwarzwurzel.

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Brennnessel

Von manchen gefürchtet, bei Köchen beliebt

Die reizende Wirkung der Brennnessel hat dieser ein übles Image verpasst. Dabei ist sie heute bei Köchen überaus beliebt – und sie ist auch noch äußerst gesund. Die Brennnessel wächst überall dort, wo sie einen feuchten und nährstoffreichen Boden vorfindet. Man kann sie -fast das ganze Jahr über ernten. Am besten schmeckt sie aber, wenn man sie im Frühling und Sommer noch vor der Blüte sammelt. Man kann sie wie Spinat zubereiten oder für Smoothies und Pestos verwenden. Die Brennnessel hat einen hohen Eiweißgehalt und ist reich an Nährstoffen.

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Vogelmiere

Schmeckt ein wenig nach jungem Mais und eignet sich super für Salate

Die Vogelmiere (auch Hühnerdarm genannt) kann das ganze Jahr über geerntet werden, die Haupterntezeit aber sind das Frühjahr und der Herbst, weil die Pflanze gemäßigte Temperaturen bevorzugt. Man findet sie auf saftigen Wiesen, mitunter kriecht sie auch an Hauswänden entlang. Die Vogelmiere ist als Ganzes essbar, ihr Geschmack erinnert an Mais und Erbsen. Durch ihren etwas nussigen Geschmack eignet sie sich hervorragend für Salate, man kann sie aber auch für Suppen und Saucen einsetzen. Die Vogelmiere ist sehr reich an Vitamin C und anderen Vitaminen. Überdies enthält sie Zink, Mineralien und ätherische Öle. Die Vogelmiere wird als essbare Pflanze noch immer stark unterschätzt und wurde lange Zeit nur als Unkraut gesehen. Inzwischen wird sie von vielen Spitzenköchen für die ausgefallensten Kreationen eingesetzt.

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Gundelrebe

Eine nahe Verwandte von Salbei, Minze und Thymian mit einem ganz eigenen Aroma

Die Gundelrebe, auch Gundermann genannt, kann man von Frühjahr bis Sommer ernten. Man findet sie an Waldrändern, aber auch auf Wiesen und Weiden. Im Geschmack erinnert -sie an ihre Verwandten aus der Familie der Lippenblütler wie etwa Salbei, Minze und Thymian. Im Unterschied dazu hat -sie aber noch einen eigenen, herben und leicht erdigen Geschmack. Sie enthält viel ätherisches Öl sowie Gerb- und Bitterstoffe. Die Blätter sind ein hervorragendes Würzmittel für Öle, aber auch Süßspeisen. Man kann sie jedoch auch für ein geschmacksintensives Pesto verwenden. Auch die violetten Blüten sind essbar.

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Löwenzahn

Längst ein Star unter den Wildpflanzen – Die Blüten eignen sich perfekt für Sirup

Zu den typischen Merkmalen von Löwenzahn gehören die weichen, stark gezackten Blätter, die in einer Rosette wachsen. Man findet Löwenzahn auf feuchten, nährstoffreichen Wiesen. Grundsätzlich gilt: Je älter und größer die Blätter, desto bitterer sind sie im Geschmack. Wer bitter nicht so mag, der sollte die kleinsten Blätter aus der Blattrosette noch vor der Blüte ernten. Die Verwendungsmöglichkeiten der Blätter sind reichhaltig, die gelben Blüten aber eignen sich vor allem für Sirup- und Honigvarianten, man kann sie allerdings auch roh im Salat essen oder zu Eis pürieren.

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Minze

Dank ihres Mentholgehalts die frischeste Pflanze der Welt

Die Minze zählt zu den beliebtesten und wohl bekanntesten Ess-Pflanzen überhaupt. Ihr Einsatzgebiet scheint grenzenlos, ob in der Küche oder für Cocktails und Limonaden. Es gibt unzählig viele Minzearten, je nach Züchtung überraschen manche davon auch mit Schokolade-, Apfel- oder Orangennoten. Die Pflanzen lieben feuchte, nährstoffreiche Böden, etwa Alpenwiesen, Weiden und flussnahe Wiesen. Die Minze hat auch als Heilpflanze einen guten Ruf und verspricht Beruhigung bei Magen-Darm-Beschwerden, Nervosität, Kopfweh und Atemwegserkrankungen.

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Beifuß

Eine der Wichtigsten Heil- und Gewürzpflanzen mit einem bitteren Aroma

Beifuß wird schon seit mehr als 7000 Jahren verwendet und ist heute bei Köchen überaus beliebt. Beifuß wird das ganze Jahr über geerntet, nach der ersten Blüte ist der Geschmack aber am aromatischsten. Einer seiner engsten Verwandten ist Wermut, allerdings mit einem wesentlich bittereren Geschmack. Beifuß kommt in der Natur massenhaft vor, die Blätter sind kräftig grün. Es können aber auch die Blüten verwendet werden. Die Pflanze eignet sich nicht nur für Salate, sondern auch für Fleischspeisen wie gebratene Gänsebrust oder Gänsekeulenconfit.

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Gänseblümchen

Ideal für Salate – auch wegen der Optik

In Salaten sind Gänseblümchen eine Augenweide, wegen ihres leicht bitteren Geschmacks sind die Blüten ideal für Suppen. Der Geschmack ist frisch, leicht zitronig und etwas herb. Die zarte Grundrosette lässt sich im Frühjahr als Ganzes wie Feldsalat aus der Wiese ernten.

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Holunder

Weit verbreitet und schon seit der Steinzeit geschätzt

Holunderblütensaft kennt man als beliebten Sirup, man kann Holunderblüten aber auch für Desserts und Essige verwenden. Holunderblüten sind seit der Steinzeit als Nahrungsmittel bekannt und haben ein intensives, fruchtig-süßliches Aroma mit exotischer Note. Sie geben vielen Speisen einen intensiven und eigenen Duft. Holunder gehört zur Gattung der Moschuskrautgewächse, weltweit gibt es mehr als 20 Arten, von denen drei in Mitteleuropa heimisch sind. Am bekanntesten ist der »Schwarze Holunder«, (in Österreich »Holler« genannt), wobei sich der Name auf die Beeren bezieht, denn die Blüten sind weiß. Achtung vor dem Attich (Zwerg-Holunder): Dieser riecht unangenehm und gilt als giftig, ist aber wesentlich kleiner als -
der Schwarze Holunder.

Erschienen in
Falstaff Nr. 07/2020

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Herbert Hacker
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