»Blue Mustard«: Die Acrylverkleidung der Bar ist in allen Farben beleuchtbar.

»Blue Mustard«: Die Acrylverkleidung der Bar ist in allen Farben beleuchtbar.
© Benedikt Steinle

Schein-Welten: über Effektbeleuchtung

Es werde Licht – und zwar immer mehr, denn Akzentbeleuchtung gewinnt an Bedeutung. Spot on spektakuläre Beispiele und effiziente Alternativen.

Bei der Einrichtung hat sich jemand eine Menge Arbeit gemacht. Schön.« Ein Satz aus einer Tripadvisor-Bewertung des Restaurants »5 – Cinco by Paco Pérez« in Berlin. Für das Interieur des Sternerestaurants verantwortlich: die Spanierin Patricia Urquiola – eine Größe ihrer Branche. Die Gäste speisen unter 86 Kupfertöpfen, die von einer schwarzen Decke hängen. Dazwischen geschickt arrangiert: unzählige Tom-Dixon-»Copper Pendant«-Leuchten, für die ähnlich wie bei Pérez und Urquiola gilt: Die kennt man. Im Netz finden sich unzählige günstige Kopien, was prinzipiell auf einen Klassiker hinweist. Auch wenn hier in der höchsten Liga gespielt wird, illustriert dieses Beispiel aus dem De­signhotel »Das Stue« gleich mehrere »To steal«-Ideen. Erstens: Objekte! Gastgeber –bzw. deren Interieur-Designer oder Lichtplaner – setzen auf den gezielten Wow-Effekt. So kann der Rest der Räumlichkeiten dezent bespielt sein, aber über dem »Mastertisch« schwebt ein aufsehenerregendes Stück, oft extra angefertigt.
Zweitens: Mix and match! Die ganze Decke mit Tom-Dixon-Leuchten ausstaffieren?
Ein kostspieliger Spaß. Mit Kupfertöpfen mischen? Das geht! Und so sieht man immer häufiger Kübel, Kisten und sogar Kellen von der Decke baumeln – hinterlegt mit unspektakulären Leuchtmitteln. Wie immer Voraussetzung: Es muss authentisch sein.

LED IT SHINE

Prinzipiell wird zwischen Grund- und Akzentbeleuchtung sowie dekorativer Beleuchtung unterschieden. In Restaurants müssen das ­Helligkeitsniveau und die Farbwiedergabe die visuelle Beurteilung des Essens zulassen – die Gäste sollten sich gegenseitig gut sehen können. In Bars gilt: Das Personal muss noch arbeiten können, ansonsten stehen emotio­nale Faktoren im Vordergrund. Sich einfach nur eine hübsche Lampe in irgendeinem No-Name-Shop im Internet auszusuchen und huschpfusch im Lokal zu montieren, ist jedenfalls etwas kurzfristig gedacht, wie Elisabeth ­Teufelsbauer, Businesskunden-Projektbetreuerin bei der Wien Energie, betont. »Oft trügt der erste Eindruck und man erkennt eine schlechte Lampe – oder LED-Leuchtmittel – erst nach einer gewissen Betriebsdauer. Durch Garantievereinbarungen mit dem Lieferanten kann man sich absichern.« Man könne, so die Expertin, durchaus eine Garantiedauer von fünf bis sieben Jahren fordern.

»Energiesparlampen werden durch LED ersetzt, weil sie um 50 Prozent weniger Energie verbrauchen, gut dimmbar und ideal für die Erzeugung von Lichtstimmungen sind.«
Elisabeth Teufelsbauer, Wien Energie

Geht es um einzelne Objekte, um Signature-Pieces, die auch als Kunstwerke durchgehen und den Raum definieren, gelten freilich andere Regeln. Beispiel: das »décor« im Wiener Augarten. Das Lichtobjekt, umgesetzt von den Architekten gregor&sebastian sowie dem Lichtdesigner Alexander Magyar, besteht aus einer Lichtfaser, angetrieben durch einen Projektor. Für Magyar etwa ist LED auch keine Alternative zu Neon, da Ersteres nur in eine Richtung abstrahlt und Neon rundherum leuchtet. Auch im »Pho House« von Martin Ho (Lichtplanung: Alex Riegler) oder dem »Blue Mustard« (Eigentümer Vahe Hovaguimian ist Lichtdesigner) wird das Licht zum Kult erhoben. So soll etwa die Stimmung im »Blue Mustard« einer Kirche ähneln, heimelig und heilig zugleich. »Sozusagen eine Kirche des guten Geschmacks«, wie es von Marketing-Seite heißt. Im »Pho House« setzte man unter anderem auf historische Leuchten, umgebaut, um heutigen Anforderungen zu genügen.

Wer von früh bis spät geöffnet hat, sollte bedenken: Die Stimmung und somit auch die Lichtstimmung ist am Morgen anders als am Abend, wie Wien-Energie-Planerin Teufelsbauer einwirft. »Der Trend in der Neuplanung geht in Richtung ›mehr Licht‹ und der Steuerung des selbigen. So ergibt sich das Kuriosum des Rebound-Effekts: Die Beleuchtung wird zwar effizienter, verbraucht aber in Summe mehr Strom. Ein Anhaltspunkt: Die Energiekosten sollten sich – gemessen am Umsatz – bei 3,5 (Hotel) bzw. 5 Prozent (Restaurants) einpendeln. Die meiste Energie verbraucht übrigens immer noch – richtig: die Küche.

Artikel aus falstaff KARRIERE 06/2017.

Nicola Afchar-Negad
Autor
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