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Long Weekend: Welcome to Miami

Die wichtigste Metropole Floridas ist pulsierend und ausschweifend – auch im Hinblick auf exklusive Kulinarik. Hier fließen Einflüsse aus der ganzen Welt zusammen.

Freitag

Kunst in der Stadt und Kunst auf dem Teller. Die Genussweltreise in Miami startet mit kulinarischer Experimentierfreude aus Kolumbien. 

Nach der Anreise landen wir als erstes im Miami vergangener Tage. Durch ein altes Tor und über einen tropisch-umwucherten Weg erreichen wir die Villa Vizcaya im beschaulichen Bezirk Coconut Grove. Sie war einst herrschaftlicher Winter-Wohnsitz eines reichen Industriellen und in ihrem Stil vermischen sich Europa und Miami. In dieser Hinsicht ist der Besuch des Anwesens eine gute Einstimmung auf das Wochenende in der südlichsten Metropole der USA: Denn auch in Miami und beim uferlosen Angebot kulinarischer Genüsse kollidieren die Einflüsse – und zwar sogar noch unzählige mehr als in der Villa Vizcaya.

Im »Leku Restaurant«, das ganz oben auf unserer Liste steht, widmet sich Koch Mikel Goikolea beispielsweise dem Geschmack des Baskenlandes. Dort ist man von Kunst umgeben – schließlich liegt das Restaurant im Rubell Museum mit seinen sehenswerten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Gleich gegenüber des »Leku« wurde im vergangenen Jahr die Ausstellung »Superblue« eröffnet, deren interaktive Kunstwerke wir uns am Nachmittag anschauen. Besonders eindrucksvoll: die Lichtinstallation von James Turrell.

Auch der Abend im »Elcielo« am Flussufer zwischen den Hochhäusern im Finanzdistrikt Brickell ist schließlich geprägt von kulinarischem Kunstwillen. Erst waschen wir uns mit Schokolade die Hände, dann landet ein Basilikum-Brot-Baum auf dem Tisch und schließlich folgt das kreative Avantgarde-Menü als sinnliches Erlebnis, zu dem sich Juan Manuel Barrientos (nicht nur) von der Küche seines Heimatlandes Kolumbien inspirieren ließ. Im vergangenen Jahr erhielt er für den Ableger in Washington als erster Kolumbianer einen Michelin-Stern.

Auf dem Rückweg zum Hotel wollen wir noch in das Viertel der kubanischen Einwanderer: nach Little Havana, wo die berühmte Calle Ocho am Abend vollends zum Leben erwacht. Unter all den Bars fällt die Wahl auf das chice »Cafe La Trova« des ausgezeichneten Cantinero Julio Cabrera, dessen hervorragende Cocktails nach eigenen oder traditionell kubanischen Rezepten gemixt werden. In flirrender Atmosphäre bei lauter Live-Musik wird hier bis zum Morgengrauen getanzt, gelacht, getrunken und gegessen – einfach sattes, pralles Leben im »Little Havana«-Style.

Samstag

Wir lassen uns durch Miami Beach treiben und finden Luxus, Exzentrik und Gourmetküche – all das mit dem berühmten Strand vor Augen.

Der Samstag steht ganz im Zeichen von Miami Beach. Auf der Miami vorgelagerten Insel, die neben breiten Sandstränden eine unverschämt hohe Dichte an hervorragenden Hotels, Restaurants, Clubs und Bars hat, zieht es uns zuerst zum »Matador Room«, wo der weltbekannte, Michelin-prämierte Koch Jean-Georges Vongerichten genussvoll durch Spanien, Lateinamerika und die Karibik schweift.

Am Wochenende startet der Tag im ovalen Restaurant mit der eleganten Atmosphäre der 1950er Jahre mit einem ausgiebigen Brunch, zu dem Huevos Rancheros ebenso gehören wie die Kokos-Pancakes mit Lavendel-Ahornsirup. Von hier aus geht es weiter zum kürzlich angenehm verkehrsberuhigten Ocean Drive und ins umliegende Art-Déco-Viertel des berühmten South Beach. Vor vielen Jahren wurden Hunderte Häuser vor dem Abriss gerettet und dürfen seither pastellig stilvoll weiter leuchten unter der intensiven Sonne Miamis. Nicht nur, weil es so heiß ist, müssen wir nach dem Spaziergang etwas Zeit am breiten Miami Beach zwischen den ikonischen, bunten Hütten der Lebensretter verbringen und im Atlantik baden.

Für ein Glas Champagner im smaragdgrünen Ambiente der erstklassigen Bar im ehemaligen »Surf Club« lohnt sich der kurze Abstecher zum »Four Seasons« nach Surfside ins nördliche Miami Beach. Dinner allerdings ist im Hotelpalast »The Setai« reserviert: ein Fünf-Sterne-Hotelgigant mit dem höchsten Gebäude in Miami Beach. So angenehm minimalistisch mit asiatischen Anklängen die Zimmer eingerichtet sind, so typisch Miami ist das Abendessen im »Jaya«.

Zu den Beats des DJ bestellen wir vorweg einen angeschärften Chili Passion Martini, um das exzentrische Schaulaufen zwischen den illuminierten Palmen zu beobachten. Dann gehört das Interesse ausschließlich dem Essen und damit den Geschmäckern und Aromen Asiens und Indiens: dem Oktopus mit Adobo-Sauce, den Lammkoteletts mit Turmeric-Kartoffeln und schließlich den vielen, kleinen Schälchen mit Köstlichkeiten der ausschweifenden Thali-Platte. Bei einem Fig Old Fashion klingt der Abend schließlich aus.

Sonntag

Mit dem »MiMo«-District und Wynwood stehen am Sonntag zwei wiederbelebte Trendbezirke Miamis auf dem Programm. Hip, künstlerisch und vor allem kulinarisch interessant.

Zum Frühstück zieht es uns ins »Versailles«, eine vor über 50 Jahren eröffnete, kubanische Café-Institution. Wir stärken uns mit einem Cuban Sandwich und einem süßen, kubanischen Kaffee, bevor wir weiterfahren ins sogenannte »MiMo«-Viertel. Die Häuser im Mid-Century-Modernism-Stil mit ihren oft hippen Motels und Lokalen wie dem »Cafe Kush« lohnen den Abstecher.

Es ist nicht das einzige wiederbelebte Viertel, das wir heute ansteuern. Nur wenige Blocks entfernt liegt Wynwood. Nach der Jahrtausendwende noch hätte man keine Gründe gehabt, sich in das abgerissene Viertel zu verirren. Doch der Investor und Entwickler Tony Goldman sah Potential und in den kahlen Wänden viele Leinwände, die er von Künstlern bemalen ließ.

Daraus wurden die »Wynwood Walls«, eine internationale Open-Air-Street-Art-Galerie, die umgeben ist von Straßen mit trendigen Shops, Cafés und Restaurants. Gleich um die Ecke entdecken wir die knallig bunte Fassade des legendären »Zak the Baker«, wo hervorragendes Brot gebacken wird. Wir allerdings probieren ein Babka – auch einfach köstlich. Und weil es heute so schweißtreibend schwül ist, ist die Aussicht auf ein kühles Bier unter Palmen im tropischen Garten bei der »Cerveceria Tropical« zu verlockend. Die Brauerei ist die Neuauflage der einst größten Brauerei Kubas – und eine Craft-Brauerei, zu deren größerer Bier-Auswahl trendgemäß etwa auch IPAs und Stouts zählen.

Auch für das Dinner bleiben wir in Wynwood: im japanischen Restaurant »Uchi« des »James Beard Award«-ausgezeichneten Kochs und ausgebildeten Sushi-Meisters Tyson Cole. Bei den rund 100 kleinen Gerichten kann man schon mal den Überblick verlieren. Einen Ausweg aus dem ­Auswahldilemma bieten die hilfsbereiten, kompetenten Kellner – oder wie in unserem Fall das Omakase-Menü mit zehn Gängen: Nach dem Start mit Kaviar und einem »Strawberry Hai Tai« begeistern unter anderem die Austern mit Stachelbeere ­ und Chili de Árbol, sowie das Bluefin Mushroom Crudo. Sicherlich einer der ­besten Japaner in Miami – was für ein Finale dieses Wochenendes!

Hotels

The Setai
2001 Collins Ave, Miami Beach, FL 33139
thesetaihotels.com/miami-beach

Fontainebleau Miami Beach
4441 Collins Ave, Miami Beach, FL 33140
fontainebleau.com

Hotel Delango South Beach
1685 Collins Ave, Miami Beach, FL 33139
delanosouthbeach.hotels-miamibeach.com

W Miami
485 Brickell Ave, Miami, FL 33131
www.marriott.commiawm-w-miami

Restaurants

Uchi
252 NW 25th St, Miami, FL 33127
uchimiami.com

Elcielo by Juan Maual Barrientos
31 SE 5th St, Miami, FL 33131
elcielomiami.com

Leku
1100 NW 23rd St, Miami, FL 33127
lekumiami.com

Matador Room 
2901 Collins Ave, Miami Beach, FL 33140
www.matadorroom.com

Joe's Stone Crab Restaurant
11 Washington Ave, Miami Beach, FL 33139
joesstonecrab.com

Stubborn Seed
101 Washington Ave, Miami Beach, FL 33139
stubbornseed.com

Ariete
3540 Main Hwy, Coconut Grove, FL 33133
arietecoconutgrove.com

Bars

Cafe La Trova
971 SW 8th St, Miami, FL 33130
cafelatrova.com

«Champagne Bar» im «The Four Seasons»
9011 Collins Ave, Surfside, FL 33154
www.fourseasons.com

The Sylvester 
3456 N Miami Ave, Miami, FL 33127
thesylvesterbar.com


Erschienen in
Falstaff Nr. 03/2022

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Sascha Rettig
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