Das »Venedig des Nordens«: Die barock-klassizistische Altstadt von St. Petersburg gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Das »Venedig des Nordens«: Die barock-klassizistische Altstadt von St. Petersburg gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO.
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Long Weekend St. Petersburg: Glanzlicht im Hohen Norden

Die glorreichen ­Zeiten der einstigen Zarenhauptstadt sind nicht vorbei – St. Petersburg überzeugt auch heute mit ihren pompösen Bauten und kulinarischen Highlights.

Freitag

Überall ist der Glanz der Zarenzeit lebendig: auf der Prachtmeile Newski Prospekt wie auch im Gourmettempel »Jelissejew«.
Schon bei der Ankunft ist klar, ein einziges Wochenende wird dieser Stadt nicht gerecht. Wir checken im »Four Seasons« ein, das als perfekter Ausgangspunkt für die Erkundung der Stadt dient. Zeit für einen Blick auf die prächtige Ausstattung des Palais muss aber doch sein. Überall ist der Glanz der Zarenzeit lebendig. Und alles, was wie Gold glänzt, ist zumeist auch Gold. 
Zur Einstimmung bummeln wir über den Newski Prospekt. 4,5 Kilometer lang ist die Prachtmeile, gesäumt von Stadtpalais in hellem Blau und Karmesinrot, mit Säulenganghäusern und der mächtigen Kasaner Kathedrale. Es gibt Nobelboutiquen mit Haute Couture und elegante Cafés, aber auch günstige Stolowajas, populäre Selbstbedienungskantinen für den kleinen Geldbeutel. Nicht jeder kann sich die teuren Delikatessen im berühmten Lebensmittelladen »Jelissejew« leisten. Der prunkvolle Gourmettempel ist mit Spiegelflächen, Marmor und opulenten Kronleuchtern eine einzige Augenweide.

Am Abend lassen wir uns im hoteleigenen Restaurant »Sintoho« verwöhnen. Der Name steht für Singapur, Tokio und Hongkong und umfasst auch eine Sushi-Bar und einen Teppan-yaki-Tisch. Wir sind begeistert von den scharfen Sichuan-Gerichten und der Pekingente, serviert in zwei Gängen. Zunächst kommt sie mit Pancakes, Frühlingszwiebeln und einer süßlichen Hoisin-Sauce auf den Tisch, gefolgt von einer ebenso köstlichen Variante aus dem Wok, perfekt gewürzt mit schwarzem Pfeffer und einer pikanten Chilisauce. 
Gut gestärkt sind die Stufen zur Kuppel der benachbarten Isaakskathedrale leicht zu schaffen. Im Sommer bleibt die Sonne auch um Mitternacht nur knapp unterm Horizont und verleiht dem Himmel einen goldroten Schimmer. Dämmerung verschmilzt mit Dämmerung – ein nie enden wollendes Abend- und Morgenrot. »Weiße Nächte« nennen die Petersburger das Spektakel, bei dem die Tage fast 20 Stunden dauern. Den Abend lassen wir bei einem guten Glas Champagner in der »Xander Bar« aus-klingen. Sie ist benannt nach Zar Alexander I., unter dessen Regentschaft Zarskoje Selo wieder zur Residenz der Zarenfamilie wurde.

Samstag

Die Palastanlage Schloss Peterhof am Finnischen Meerbusen ist beeindruckend. Bei russischen Spezialitäten und einem Wodka zum Abschluss sagen wir »Sa sdorowje«.
Wir stehen früh auf und fahren mit einem Tragflächenboot zum Schloss Peterhof. Der Palast und die goldglänzende Fontänenlandschaft des Parks sind beeindruckend. »Dieser Park ist das wahre Paradies auf Erden«, schwärmte schon der Dichter Alexander Puschkin. Auch der Katharinenpalast mit dem Bernsteinzimmer und die Sommerresidenz in Pawlowsk wären einen Ausflug wert. Das müssen wir aber auf den nächsten Besuch verschieben. Zurück in der Innenstadt entdecken wir im Alexandrowski-Park mit dem »Bolshe Coffee« ein Café, in dem wir entspannt sitzen und einen exzellenten, von den Betreibern selbst gerösteten Kaffee genießen können. 

Wow!-Installation.
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Mit der mächtigen Peter-und-Paul-Festung und dem winzigen Holzhäuschen des Zaren liegen die ältesten Bauten der Stadt gleich nebenan. Danach geht es nach »New Holland«. Das Kulturzentrum entstand in einer alten Schiffswerft. Mit Museen, Galerien und Designerläden zeigt sich hier vor allem das ganz moderne St. Petersburg.

»Moroshka for Pushkin« – so heißt das Gourmetrestaurant, in dem wir am Abend mit Sommelière Yulia Khaybullina verabredet sind. Das Lokal ist vor allem bei Einheimischen beliebt, kommen doch überwiegend regionale Produkte von höchster Qualität auf den Tisch. Der Salat von der Kamtschatka-Krabbe, der perfekt auf der Haut gebratene Zander aus dem Ladogasee oder das Steak vom Stör mit Kohlrabi-Mousse sind nur drei Beispiele für die hohe Kochkunst. Richtig gut ist auch der Käse mit Multbeerenmarmelade und Pinienzapfensirup zum Abschluss.
In Sachen Wein sind wir bei Yulia in guten Händen – sie wählt aus der großen Weinkarte die passenden Tropfen zu jedem Gang. Zum Schluss genehmigen wir uns einen Wodka. »Sto Gramm« im hundert Gramm fassenden Stopka-Wodkaglas und »Sa sdorowje« zählen schnell zu unserem Vokabular.

Sonntag

Eine Bootsfahrt auf den Flüssen und Kanälen der Stadt gewährt zum Abschluss noch eine ganz andere, unvergessliche Perspektive auf das »Venedig des Nordens«.
Die Tickets für die Eremitage haben wir bereits vorab im Internet gebucht, so können wir das opulente Frühstück im Hotel in aller Ruhe genießen. Ohne große Wartezeit startet unser Rundgang durch die Schatzkammer der Zaren. Angesichts der Fülle der ausgestellten Exponate bleibt ohnehin nur ein oberflächlicher Eindruck von der Pracht der Thronsäle und Gemächer. Auch das weniger bekannte Russische Museum im Michailowski-Palast ist einen Besuch wert: Bilder von Chagall, Kandinsky und Malewitsch sind hier ausgestellt.

Mittags geht es in die »Tartarbar«. Das Lokal liegt im Untergeschoß einer ehemaligen Kaserne. Designer Alexei Penyuk verpasste dem industriellen Interieur viel Chic. Wie der Name vermuten lässt, bietet das Restaurant eine erstaunliche Vielfalt an Tatargerichten in beachtlicher Qualität. Wir entscheiden uns aber für eine gebratene Seezunge und knusprigen Schweinebauch mit einer Zwiebelmousse, eine gute Wahl. Überraschend ist das große Weinangebot, darunter auch viele gute russische Weine. Da hätten wir gerne noch weitere probiert, doch das Ausflugsschiff wartet nicht auf uns. Die Bootsfahrt auf den Flüssen und Kanälen gewährt uns zum Ende des Kurzurlaubs noch einmal ganz andere Perspektiven auf St. Petersburg, lässt uns den Abschied aber noch etwas schwererfallen. 

Erschienen in
Falstaff Nr. 03/2018

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Detlef Berg
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