Viel Geschichte auf engstem Raum: Blick auf die Klagemauer; im Hintergrund die goldene Kuppel des Felsendoms.

Viel Geschichte auf engstem Raum: Blick auf die Klagemauer; im Hintergrund die goldene Kuppel des Felsendoms.
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Long Weekend: Jerusalem – Sabbat in der heiligen Stadt

Ein Wochenende in Jerusalem ist ein einzigartiges Erlebnis: Mit dem richtigen Insiderwissen ist das genau die richtige Zeit, um die neue Foodszene in der heiligen Stadt kennenzulernen.

Von Freitag- bis Samstagabend ist in Jerusalem Sabbat – der wöchentlich wiederkehrende Feiertag der Juden. In dieser Zeit fahren in der heiligen Stadt keine Straßenbahnen und keine Busse, die meisten Geschäfte und alle jüdischen Restaurants bleiben geschlossen. Was auf den ersten Moment abschreckend wirkt, ist tatsächlich ein einzigartiges Erlebnis – wenn man denn weiß, wo man am Ruhetag einkehren kann.

Freitag

Am ersten Tag verschaffen wir uns einen ersten Überblick über Jerusalem, um dann bei Sonnenuntergang den Sabbat willkommen zu heißen.
Zum Einstimmen gönnen wir uns einen späten Lunch im »Rooftop Cheese &Wine«, das sich zuoberst im Notre Dame Center von Jerusalem befindet. Von der Terrasse des Lokals genießt man einen wunderschönen Blick über die Altstadt. Die lokalen und importierten Käsespezialitäten und Weine schmecken vorzüglich. Zu Fuß – oder wahlweise auch mit der Straßenbahn – bewegen wir uns zunächst weg von der Altstadt und die Jaffa Road hoch. Wir erreichen den legendären Mahane-Yehuda-Markt. Die üppigen Auslagen mit lokalen Produkten muss man gesehen haben. Als schließlich der Sabbat beginnt, wird es merklich ruhiger in der Stadt, es fahren weniger Autos, und bald stellt auch die Straßenbahn ihren Dienst ein. Unser Restaurant für den Abend erreichen wir innerhalb weniger Minuten zu Fuß. Umgeben von einem Garten in einem prunkvollen Gebäude, ehemals Teil der Bezalel Akademie für Kunst und Design, liegt das »Mona«. Das Ambiente ist elegant und das Servicepersonal jung, fröhlich und hip. Die beiden Chefs Moshe Gamlieli und Itamar Navon verzaubern uns geradezu mit ihrer Verschmelzung von europäischen und nahöstlichen Einflüssen. Das Menü wechseln die beiden je nach Verfügbarkeit der Produkte auf dem quasi benachbarten Markt. Für einen Absacker sei das Speakeasy »Bar Gatsby« empfohlen – eine originelle Cocktailbar gleich ums Eck.

Samstag

Heute besuchen wir das Israel-Museum sowie die legendäre Altstadt und speisen am Abend
in einer der angesagtesten Adressen Israels.

Den Samstag sollte ein Jerusalem-Besucher gemütlich angehen: Die Stadt befindet sich noch immer im Sabbat-Modus. Wer nicht im Hotel frühstückt, dem sei das Restaurant »Menza« empfohlen – berühmt für seine modern interpretierten Brunchgerichte. Den Vormittag verbringen wir im Israel-Museum in der Nähe der Knesset, des israelischen Regierungsgebäudes. Im Nationalmuseum Israels treffen archäologische Artefakte auf zeitgenössische Kunst – nur im heiligen Land kann das so selbstverständlich wirken.
Zum Lunch fahren wir zurück in die Altstadt. Das gut einen Quadratkilometer große, ummauerte Gebiet ist in vier Viertel eingeteilt: das armenische, das muslimische, das christliche und das jüdische. Nur im jüdischen Gebiet herrscht am Sabbat Ausnahmezustand, die restlichen Viertel sind wie gewohnt belebt und die Geschäfte und Restaurants geöffnet. Das »Österreichische Hospiz zur Heiligen Familie« befindet sich inmitten des arabischen Teils der Altstadt.
Ein Besuch des dazugehörigen »Wiener Kaffeehauses« verdeutlicht die Realität in dem engen Gebiet deutlich. Ein Wiener Schnitzel würde man hier freilich nicht erwarten, dieses wird aber genauso angeboten wie Apfelstrudel oder Gulaschsuppe. Das Österreichische Hospiz ist der ideale Ausgangspunkt für die Erforschung der Altstadt – wir besichtigen die Klagemauer, gehen entlang der Via Dolorosa und halten auch immer wieder bei den Marktständen inne, die vor allem im arabischen Viertel Köstlichkeiten und Souvenirs aller Art anbieten. Als die Sonne untergeht, kommt wieder Leben in die Stadt. Wir nehmen die erste Tram und fahren nochmals hoch zum Mahane-Yehuda-Markt. In dem Viertel rund um den Markt befindet sich auch das Restaurant »Machneyuda«, eine der derzeit gefeiertsten Adressen Israels. In dem israelisch-arabischen Lokal scheinen die Probleme, die in dem Land herrschen, schnell vergessen. Hier geht es laut, fröhlich und ausgelassen zu und her. Der Qualität der servierten Gerichte tut dies keinen Abbruch.

Sonntag

Wir entdecken gastronomische Perlen und besuchen eines der besten Weingüter des Landes vor den Toren Jerusalems.
Wer am Sonntag wieder abreist, sollte sich einen letzten Lunch in einem der Restaurants im ausgedienten und modern umgebauten Bahnhof von Jerusalem nicht entgehen lassen. Wir entscheiden uns für das Restaurant »Adom«, das über eine der besten Weinkarten der Stadt verfügt.
Die Köche Moti Davis und Elran Buzaglo haben sich mit ihren klassisch-eleganten Kreationen längst einen Namen gemacht. Neben den erstklassigen Fleisch- und Seafoodgerichten sollte man sich die Desserts nicht entgehen lassen – das Tahini-Eis hat uns besonders geschmeckt. Auf der Karte des »Adom« sind auch die Weine der Domaine du Castel zu finden, die zu den besten Weingütern Israels gehört. Die Castel-Weine sind auch ohne Weingut-Besuch ein echter Tipp – wer aber Zeit dafür hat, sollte diesen einplanen und sich unbedingt vorher anmelden.

Wir entscheiden uns für einen Abstecher zum israelischen Winzer-Altmeister Eli Ben Zaken auf dem Weg zum Flughafen. Neben den von Bordeaux inspirierten Rotweinen, die sich bei Blindverkostungen nicht verstecken müssen, haben wir uns vom Chardonnay nach Burgunder Vorbild sogar eine Flasche in den Koffer packen müssen. Ein fein ausbalanciertes Gewächs mit einer für Israel überdurchschnittlichen Frische. Von der Domaine du Castel bringt uns das Taxi direkt zurück zum Flughafen Ben Gurion. Wer noch eine Nacht bleibt, hat die Qual der Wahl. Der legendäre Küchenchef Ilan Grossi, der lange im ebenso legendären »Chakra« kochte, serviert in seinem eigenen Lokal »Satya« frischen Fisch und Seafood. Wer es ungezwungen mag, sollte im Restaurant »Culinary Workshop« reservieren. Das Lokal ist in einer großen Gewerbehalle untergebracht, serviert wird modernes, einfaches Essen, das nicht nur uns, sondern vermutlich so ziemlich jeden glücklich macht.

Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2018

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