Auf der berühmten Pont d’Avignon soll es sich gut tanzen lassen. Zusammen mit dem Rocher des Doms und dem Papstpalast prägt sie das Panorama der provenzalischen Stadt.

Auf der berühmten Pont d’Avignon soll es sich gut tanzen lassen. Zusammen mit dem Rocher des Doms und dem Papstpalast prägt sie das Panorama der provenzalischen Stadt.
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Long Weekend: Avignon

Schon die Päpste, die im Mittelalter hier residierten, ließen es sich gut gehen. Avignon bietet die ganze Palette südlicher Köstlichkeiten und eine bunte Auswahl an Weinen.

Freitag

Alte Klöster gibt es in Avignon einige. Heute dienen sie als Olivenölparadies, wie etwa die »Maison Bronzini«, oder als Nobelresorts.
»Sur le pont d'Avignon, l'on y danse ...«: Wenn man außerhalb Frankreichs ein französisches Volkslied kennt, dann dieses. So ist die berühmte Brücke auch unser erstes Ziel, kaum sind wir angekommen. Ein Frühstück im »Restaurant Gustave« muss zuvor natürlich noch sein, das Gebäck unter den hübschen Glashauben duldet keinen Widerstand. Und dann stehen wir auf dieser Brückenruine, von der nur vier Bogen stehen geblieben sind. Von der Rhône umflutet, lassen wir das eindrucksvolle Panorama dieser vom Mittelalter geprägten Stadt auf uns wirken. Doch bevor wir uns ins Getümmel der Stadtmitte stürzen, statten wir noch dem Rocher des Doms einen Besuch ab. Dieser markante Felsen, heute ein Park mit viel Grün, Statuen und Wasserspielen, hat früher die ganze Stadt beherbergt. 

Jetzt aber ist es höchste Zeit für die erste Verpflegung. Im »Restaurant CO2« kocht Olivier Combe nicht nur für die Geschmackspapillen, sondern legt auch viel Wert auf die Optik der Teller. Wir genießen die Schweinebacke mit einem kräftigen Jus, was Combe mediterran mit Oliven umrahmt. Danach widmen wir uns einer anderen Konstante der örtlichen Küche, nämlich dem Gemüse. Dafür fahren wir ein paar Kilometer nach Süden ins »Epicurium«. Dieses Garten-Erlebniszentrum porträtiert die Gewächse vom Samen bis zum Teller.
Anschließend zieht es uns in die »Maison Bronzini« in Villeneuve-lès-Avignon, auf der gegenüberliegenden Seite der Rhône. Der umtriebige Olivenöl-Fanatiker und Geschäftsmann Philippe Bronzini hat die Moulin de la Chartreuse, ein ehemaliges Kartäuserkloster, nach denkmalpflegerischen Kriterien ausgebaut. Den Abend beschließen wir im Sternelokal
»Le Prieuré«, auch dies ein ehemaliges Kloster. Hier beeindruckt uns Fabien Fage mit seinem Gemüsemenü, bei dem niemand das Fleisch vermissen wird.

Samstag

In der Markthalle wartet eine geballte Ladung Köstlichkeiten auf Gourmets. Wer ein Kätzchen adoptieren möchte, ist im Restaurant »La Compagnie des Chats« richtig.
Wir erwachen im Hotel La Mirande, einem Stadthaus aus dem 18. Jahrhundert, gleich neben dem Papstpalast gelegen. Im Spätmittelalter haben die Päpste auf mehr oder weniger sanften Druck der französichen Könige jahrzehntelang nicht in Rom, sondern in Avignon residiert. 

Auf dem Weg zur Markthalle decken wir uns in der »Pâtisserie Mallard« mit Papalines d’Avignon ein. Diese apart rosa gefärbte Schokoladenspezialität ist gefüllt mit einem Gewürzlikör. Nach einem schnellen Kaffee im »Le Pie Kafé« stehen wir vor der Markthalle. Von außen gibt das Gebäude wenig her, dafür aber bietet das Innere an zahlreichen Ständen einen kunterbunten Mix von allem, was das Herz eines jeden Gourmets erfreut.
Wir versuchen uns zurückzuhalten und verzichten auf das sehr angesagte »Bistro Entr’Halles« mit seinem dynamischen Chef Jonathan Chiri, da wir bereits im »Hiély Lucullus« reserviert haben. An einer der gepflegtesten Adressen probieren wir die legendären Kalbsmilken. Das ist vielleicht ein wenig gehaltvoll für mittags, aber unbestreitbar köstlich.

Gestärkt statten wir dem gotischen Papstpalast einen Besuch ab – mit kurzer Erholung bei einem Glas Wein auf der Terrasse des »Moutardier du Pape« nebenan. Es folgt ein Einkauf bei Aline Géhant, der führenden Chocolatière der Stadt, darauf ein Blitzbesuch im »Café La Compagnie des Chats«. Der Tierschutz hat die putzigen Kätzchen hier angesiedelt (kein Witz!).
Für das Diner wählen wir die »Maison Christian Etienne«, das höchstbewertete kulinarische Etablissement der Stadt. Guilhem Sevin assembliert Hummer unter Persillade-Kruste, Puy-Linsen, Karottenperlen und Schaumbisque zu einem stimmigen Ganzen.

Sonntag

Zikaden, Sonne und Nichtstun. Mit dieser verlockenden Perspektive werben die Besitzer des Resorts »Entre Vigne et Garrigue«.
Den Sonntag lassen wir bedeutend ruhiger angehen; der Samstag war erlebnisreich, und die Cocktails in der »Bar Red Sky« haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Wir frühstücken im Hotel, dafür leisten wir uns nach kurzem Altstadtbummel einen Apéro in der »Weinbar L’Ampélos«. Bei Laure und Thibaut sind »Natural Wines« und Bio Trumpf. Damit regen wir unseren Appetit fürs Mittagessen an, diesmal im »Restaurant Les 5 Sens«. Beim preisgekrönten Metzger-Traiteur Thierry Baucher ist man mit Schweinsfüßen an Balsamico-Reduktion besonders gut bedient. 

Weiter geht es mit unserem Sinne-Parcours: Für das Lavendelmuseum in Coustellet nehmen wir sogar 30 Kilometer Autofahrt auf uns. Nahtlos daran anschließen kann unser Abschiedsessen in Pujaut auf der rechten Rhône-Seite. Das »Relais Entre Vigne et Garrigue« überzeugt mit ländlicher Abgeschiedenheit, altem Gemäuer und Panoramablick. »Cigales (Zikaden), soleil et farniente« ist hier das Motto – Erstere zumindest im Sommer. Serge und Maxime Chenet regieren in der Küche. Saisonale Inspiration ist ihnen wichtig, und alle zehn Tage schreiben sie ihre Karte neu. Die Fischlasagne mit Knuspergemüse und einem herrlich jodigen Safransud ist ein Wurf. Diese Genussoase ist einer der Orte, von denen man sich nicht gerne losreißt. In Avignon gibt es eine ganze Reihe davon.

Erschienen in
Falstaff Nr. 02/2018

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Stephan Thomas
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