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Abfahrt & Einkehr: Kitzbühel, St. Moritz, Lech

Herrliche Abfahrten und kulinarisch beeindruckende Einkehrschwünge sind Herz und Seele eines jeden Winterurlaubs. Unsere Routen durch Kitzbühel, St. Moritz und Lech bieten beides.

1. Kitzbühel

Kitzbühel bedeutet Weltruhm. Die internationalen Weltcup-Rennen in Kitz sorgen auf der Streif stets für große Emotionen und weltweit für sportliche Aufregung. Deswegen ist hier auch der Ausgangspunkt für die erste Route. Aber Vorsicht, die Streif ist natürlich ein Touristenmagnet. Deswegen sollte man sehr früh mit der Gondel rauf- fahren und aufhören, wenn der Andrang zu groß wird. Für den geübten Skifahrer ist die Streif ein Muss, deren sportliche Herausforderungen im Film »Hell of a Ride« mit Marcel Hirscher und Werner Franz als Protagonisten gebührend gefeiert wurden. Es sind weniger die rund 3,3 km Länge der berüchtigten Ab­­­fahrt, sondern die zahlreichen Schlüsselstellen, die sie so besonders machen. Da wäre die Mausefalle, mit einem Gefälle von 85 Prozent kurz nach dem Start – die Profis springen da gute 60 Meter ins Nichts.

Dazu kommen weitere Gelände­kanten, Gleit- und Schussfahrten sowie die atemberaubende Schrägfahrt nach dem Sprung über die Hausbergkante und der anschließende spektakuläre, bis zu 70 Meter weite Zielsprung. Mitunter bei Geschwindigkeiten von über 140 Stundenkilometern. Etwas entspannender, trotzdem sportlich ambitioniert, gibt sich der Steinbergkogel. Auch hier gibt es einen feinen Steilhang, der auch »Powder-Heaven« genannt wird. Entspannung gibt es am Fuße des Hahnenkamms im »Rasmushof«. Von dort aus hat man die beste Sicht auf den legendären Ganslernhang. Hüttenklassiker rund um die Streif sind die »Sonnbühelhütte« und die »Seidlalm«. Wer kein absoluter Könner ist, nimmt einfach die Variante »Familienstreif« und umfährt die schwierigsten Stellen. So wird die Streif, die ihren Namen von der »Streifalm« im oberen Streckenabschnitt hat, für jedermann zum Erlebnis.
Doch auch neben der Streif hat Kitzbühel zahlreiche Highlights zu bieten. Das 780 bis 2004 Meter hohe Skigebiet wartet mit einer Gesamtfläche von 463 Hektar und mit in Summe 173 Pisten­kilometern auf. Davon 91 Kilometer mit leichtem und 57 Kilometer mit mittlerem Schwierigkeitsgrad; 25 Kilometer sind »schwarze« Abfahrten. Mit einer Stundenkapazität von 90.000 Personen bringen 54 Lifte die Skifahrer und Snowboarder von einem Gipfel zum anderen.

Eine Route für Unge­übte beginnt beim Einstieg über Kirchberg. Über die Fleckalmbahn geht’s hoch auf die Ehrenbachhöhe. Die sogenannte Fleck-Abfahrt führt wieder zurück ins Tal und ist eine angenehme, leichte Strecke, die auch für weniger geübte Skiläufer und Boarder sehr gut geeignet ist. Bei der parallel verlaufen­­­den Kaser­abfahrt bieten sich etliche Hütten, darunter die »Maierl-Alm«, für einen Zwischenstopp an. Alternativ geht es über die Maierlbahn und den Ochsalmlift wieder nach oben zur Ehrenbachhöhe, von dort weiter zum Steinbergkogel und dann über die Silberstube-Piste Richtung Penglstein. Geübte nehmen die von der Hochsaukaser-Bahn abgehende schwarze Piste – dort gibt es keinen Kunstschnee. 

Routenempfehlung Nummer drei, für Skifahrer mit Ausdauer, ist der Jochberg. Die 3S-Bahn, eine spektakuläre Dreiseil-Umlaufbahn, bringt die Gäste hinauf. Die Bahn hat einen Bodenabstand von bis zu 400 Metern und überwindet 3,7 Kilometer mit nur einer Stütze. Angekommen empfiehlt sich ein Einkehrschwung in der »Bärenbadalm«.
Skifahrerisch kann man sich in diesem Gebiet richtig austoben; die Kondition muss halt passen. Wer es sportlich mag, ist zum Beispiel mit dem Steilhang von der Zehntausender-Gipfelstation gut bedient, weniger herausfordernd, und insgesamt eine der sympathischsten Abfahrten, ist die Wagstätt von der Wurzhöhe nach Jochberg. Für Snowboarder gibt’s zwei Funparks (Kitzbüheler Horn und Hangl-alm). Fazit: In Kitzbühel kommen wirklich alle auf ihre Kosten – egal, ob mondän, urig oder zünftig.

Alles neu am Hausberg von St. Moritz, der ersten Routenempfehlung. Fünfzig Jahre war man gewohnt, im gelben Kubus auf der Bergstation Corviglia bei der Familie Mathis einzukehren. Im »La Marmite« gab’s das einst für den Schah kreierte Gericht »Corviglia Schnee« in Gestalt von Kartoffelschaum mit Kaviar. Oder Flammkuchen mit schwarzen Trüffeln. Und der Champagner – zumeist »Krug« – floss in Strömen. Nun zog Mathis 500 Meter den Hang hinab in die »Chesa Chantarella« – von ihm kurz »Checha« genannt. Und weil das Luxus-Image für den Ort langsam zur Last fällt und man im Engadin dringend eine Verjüngung und Demokratisierung der Gäste braucht, stehen nun die »Signature Dishes wie das »Carousel« mit Gänseleber und Kaviar (SFR 335,–) friedlich neben einer Gerstensuppe (SFR 12,50) und veganen Gerichten auf der Karte. Luxus gibt’s weiterhin, aber dezenter. 

Zudem richtete Mathis einen Club ein, wo das finanzkräftige Publikum weiterhin unter sich bleiben darf. Droben am Berg übernahm nun die Seilbahngesellschaft das gas-tronomische Regiment. Im Fall des einstigen  »La Marmite« (»der Kochtopf«) erlaubte man sich ein Wortspiel, es heißt fortan »White Marmot« (»weißes Murmeltier«). Schnelle und günstige Pistenverpflegung wird’s im Free-Flow-Bereich names »Edy’s Restaurant« geben. Einziger stabiler Faktor der Saison: die stylische »Quattro Bar« mit einem glitzernden Audi im Schnee bleibt, wie sie ist.

Die Höhen von St. Moritz

Ruhiger als auf der Corviglia geht’s auf der zweiten Route etwas weiter westlich am Suvretta-Hang zu. Wer mit der Signal-Bahn von St. Moritz Bad hinauffährt, erreicht den weniger hektischen Teil des Skigebiets. Die beliebte »Chamanna«-Hütte am Hang »Alp Giop« gehört nun ebenfalls zum Reich der Seilbahngesellschaft. Weiterhin sehr exklusiv geht’s im legendären »El Paradiso« zu, wo eine Reservierung unerlässlich ist und Prominente im abgetrennten »Club« speisen. Aufs Geld sollte man nicht schauen müssen, dafür gibt’s Bündnerfleisch vom Kult-Metzger Hatecke und die legendäre Cremeschnitte (SFR 25,–). Eine Legende: die Weinkarte.

Understatement auf höchstem Niveau herrscht dagegen im »Trutz«, das ebenso wie das »Chasellas« weiter drunten im Tal vom Luxushotel »Suvretta House« betrieben wird. Im »Trutz« bei der Bergstation Randolins rückt man zusammen und speist Polenta mit Gorgonzola oder wärmende Gerstensuppe. Wer ruhiger und nobler lunchen möchte, ist im »Chasellas« besser aufgehoben, wo es mittags schlichter zugeht, aber nach Pistenschluss der deutsche Küchenchef Steven Müller Taubenessenz und Stroganoff serviert.

Noch viel höher als auf der Corviglia-Seite geht’s gegenüber am Corvatsch hinauf – die dritte empfohlene Route. Von Surlej erreicht man in zwei Etappen den mit 3303 Metern unschlagbar hoch gelegenen Pistenstart, dafür ist hier eher der Ort für sportliche Abfahrten als für Champagner & Co. Den Ausblick von ganz oben genießt man im rundum verglasten Panoramarestaurant »3303«. Nach kurzer Abfahrt abseits der Hauptpiste erreicht man die schlichte Berghütte »Fuorcla Surlej«, wo es einfache Kost, aber den beeindruckendsten Ausblick auf die Gletscherlandschaft der Bernina-Gruppe gibt. Wer über Furtschellas in Richtung Sils abfährt, erreicht mit dem »Kuhstall« auf der Alp Präsura das »urchigste« Lokal am Berg. Der Ort heißt nicht nur so, im Sommer sind hier tatsächlich Rindviecher untergebracht. Im Winter kommen mittags Pasta und Schnitzel auf den Tisch, am Abend gibt’s Gourmetmenüs.

Die Pisten von Lech waren schon immer grandios, für die Verpflegung galt das bis zur vorigen Saison eher nicht so sehr. Das hat sich nun grundlegend geändert, was auch schon die Erklärung für diese erste Route ist. Wer von Lech aus den Schlegelkopf hinauffährt, landet direkt im nagelneuen und ziemlich spektakulären »Schlegelkopf-Restaurant«, das von den Seilbahnen Lech betrieben wird. Das Geschäft mit Gulaschsuppe und Knödel überlässt man den Mitbewerbern. Wer hier eintritt, wähnt sich in einer mondänen Luxus-Lounge. Die Kulinarik spinnt sich um die Städtepartnerschaften von Lech, die da sind: Beaver-Creek in Colorado, Kampen auf Sylt und Hakuba in Japan. Auf der Karte: die exzellenten »Sylter Royal«-Austern, Carpaccio und Steaks aus US-Beef, zudem Sushi und Sashimi, die direkt vor den Gästen produziert werden. In der Whisky-Lounge mit Kamin gibt’s rare Luxus-Malts. Und der verglaste Weinkeller ist mit Champagner, deutschen Rieslingen und vielem mehr bestens bestückt.

Wer lieber klassische Skiverpflegung schätzt, fährt mit dem Petersbodenlift zur neuen Holzhütte »Der Wolf« – einem typischen Beispiel exzellenter Vorarlberger Architektur. Dort serviert man Linseneintopf mit Hirschwurst oder Kichererbsen-Curry. Und dann wäre da noch das legendäre »Murmeli« in Oberlech. Wer vom Petersbodenhang hierher abzweigt, sollte unbedingt reservieren – spontan geht im besten Mittagsrestaurant der Region gar nichts. Wolfgang Strauss zelebriert eine unprätentiöse klassische Küche, wie man sie nur sehr selten findet: sei es Bouillabaisse, gebratene Kalbsniere in Cognacsauce, Kalbs-Lasagne mit Chinakohlsalat oder Reh-Stroganoff – das Publikum giert nach Plätzen, leert den Weinkeller und nützt bei Schönwetter die Terrasse bis zur Dämmerung. Talwärts geht’s notfalls auch mit der Gondel.

Kulinarische Gipfel

Route zwei führt ins Zugertal, das erstklassige Kulinarik verspricht. Über Schlegelkopf und Kriegerhorn fährt man über die Furka-Steinmähder-Piste und den Zuger Tobel und landet im 1564 erstmals urkundlich erwähnten Gasthaus »Klösterle«, einem Nebenbetrieb des »Almhof Schneider«. Dort kocht das junge Talent Milena Broger auf Vorbestellung Überraschungsmenüs. Noch eine Schussfahrt weiter kommt man zur berühmten »Rote Wand« von Gastronomielegende Joschi Walch. In der Jausenstube des gemütlichen »Schualhus« gibt’s deftige kleine Köstlichkeiten. Wer fein speisen will, reserviert am besten gleich für den Abend einen Platz im ersten Stock, wo Max Natmessnig am Chef`s Table grandiose Menüs kocht. Nach einer kurzen Fahrt mit dem alten Sessellift kommt man zur »Balmalp«, wo bei lässigen Grooves und grandiosem Ausblick Pizza, Pasta und Champagner serviert werden. 

Wer ganz hoch hinaus will – und das ist die Empfehlung für die dritte Route –, fährt mit der Rüfikopfbahn auf 2362 Meter ins gleißende Weiß. Hoch über Zürs bietet die »Trittalpe« mit toller Terrasse und Hüttenklassikern eine der wenigen netten Einkehren in diesem Sektor des Skigebiets. Wer kulinarisch noch höher hinaus will, muss erst ganz nach oben und dann weit abfahren. Über Trittkopf 1 und die Flexen-Gondelbahn geht’s zur Alpe Rauz. Von dort ist es nur mehr ein paar Minuten talwärts nach Stuben, wo man mit dem »Fuxbau« auf eines der besten Restaurants Vorarlbergs stößt. Probost-Schüler Tobias Schöpf fabriziert aus Vorarlberger Zutaten spannende Kreationen. Zurück kommt man entweder über die Lifte Albona 1 und Flexen. Oder trinkt eine Flasche mehr und nimmt den Bus nach Lech.

Erschienen in
Gourmet im Schnee 2017

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Günter Fritz
Alexander Bachl
Alexander Bachl
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