Tasting vom 09.09.2014
Die rund 450 Hektar Sächsischer Weinberge liegen jenseits des 51. nördlichen Breitengrades – also in einem Grenzklima für den Weinbau. Oft wird ja der 50. Breitengrad als Grenze für den Weinbau auf der nördlichen Halbkugel angegeben. Zweierlei klimatische Einflussfaktoren sorgen jedoch dafür, dass aus den Weinbergen in der Umgebung Dresdens dennoch Spitzenweine erzeugt werden können: zum einen der mäßigende Einfluss der Elbe, zum anderen die globale Erwärmung. Auch ein dritter, menschlicher Faktor kommt hinzu: Nach der Wende machte sich im Elbtal wahrer Pioniergeist breit. Die Winzer der ersten Stunde haben inzwischen Können und Routine erlangt und die Stilistik ihrer Weine ideal an die Bedingungen in ihren Weinbergen angepasst. Und schon wächst die nächste Generation heran: Winzernachwuchs, der den Alltag der DDR nur noch aus Schulbüchern kennt, und der tatendurstig ist, um den Ruf des sächsischen Weins weiter zu mehren. Falstaff verkostete geschmacklich trockene Weißweine aus den Sorten Goldriesling, Elbling, Scheurebe, Riesling, Weißburgunder, Grauburgunder und Traminer. Die Restzucker-Gehalte reichten von 3 bis 13 Gramm pro Liter. Beide Stilistiken haben ihren Reiz: So belegt etwa Klaus Zimmerlings Riesling aus der »Großen Lage« Königlicher Weinberg, wie fein ziseliert die süße Abrundung im Kontext der delikaten Struktur der Sachsenweine ausfallen kann. Am ganz trockenen Ende der Skala stehen beispielsweise die geschliffenen, zupackenden Grauburgunder von Walter Schuh oder der Goldriesling von Steffen Loose, der die mineralischen Konturen betont. Der Goldriesling übrigens ist eine sächsische Spezialität: Ende des 19. Jahrhunderts im Elsass aus Riesling und der Rebsorte Früher Malingre gekreuzt, sollte diese Neuzüchtung die Sortenwürze des Riesling in eine früher reif werdende Traube übertragen. Heute findet man den Goldriesling fast nur noch im Elbtal, wo er einen dezent würzigen und jederzeit herzhaften Trinkgenuss hervorbringt. Notizen von Ulrich Sautter