Tasting vom 03.09.2015
Die Küste der Toskana gilt als Hotspot für erstklassigen Rotwein. Die Grundlage dafür legte der Sassicaia, der 1972 in den Verkauf kam. Gut 40 Jahre später nimmt er immer noch eine Sonderstellung ein. Andere Weine mögen dichter und konzentrierter sein, gerade der 2012er Sassicaia aber zeigt schön die großartige Trinkigkeit und Saftigkeit. Während die meisten anderen auf Tiefe und Konzentration setzen, besticht der Sassicaia durch Eleganz und Seidigkeit.
Einmal mehr kommt in der Verkostung die Sonderstellung von Bolgheri zum Tragen. Aber auch aus den anschließenden Gebieten von Bibbona (Biserno) und Riparbella (Duemani, Caiarossa) gibt es hervorragende Weine. Überzeugen kann aber auch das südlich angrenzende Val di Cornia um Suvereto (Tua Rita). Spannend wird es ganz im Süden der Maremma. Ein Klassiker in den Hügeln um Grosseto ist der Saffredi, ein Ausnahmewein seit 25 Jahrgängen. Zwei jüngere Betriebe um Capalbio, Monteverro und Tenuta Monteti, zeigen, dass das Gebiet Hervorragendes hervorbringen kann. Gemein ist all diesen Weinen, dass sie nicht auf der traditionellen Sorte der Toskana, Sangiovese, beruhen, sondern auf Cabernet, Merlot & Co. Wer guten Sangiovese sucht, muss ins Landesinnere, nach Montalcino oder ins Chianti. Eine Alternative findet sich auch im Hinterland von Pisa, wo der Piemontese Giorgio Rivetti auf Casanova della Spinetta Großartiges aus dieser ur-toskanischen Sorte erzeugt.
Apropos Sorten: Dass Cabernet Sauvignon und Merlot hier großartige Weine erbringen, ist ja schon hinlänglich erwiesen. Immer mehr setzen die Betriebe aber nun auf Cabernet Franc und Petit Verdot – auch bei ihren Spitzenweinen. Cabernet Franc reift früher als Cabernet Sauvignon und ist damit weniger den herbstlichen Wetterunbillen ausgesetzt. Er bringt Würzigkeit und Tiefe in den Wein. Petit Verdot, in Bordeaux selten mit mehr als fünf Prozent im Cuvée vertreten, kann im mediterranen Klima der Toskana voll ausreifen, bringt dabei frische Frucht und Säure mit. In vielen Weinen ist er schon mit einem gewichtigen Anteil vertreten, es gibt aber auch einige ausgezeichnete sortenreine Weine aus dieser Traube.
Notizen von Othmar Kiem