Tasting vom 20.03.2015
Die Rhône ist ein Gebiet mit vielen Gesichtern. Am bekanntesten ist sie für Rotwein, aber unter Kennern stehen auch die Weißen in höchstem Ansehen. Im Norden dominiert Syrah – dessen Weine von den Granitböden sperrig und streng ausfallen können. Der Weintyp des Südens ist viel weicher und voller: geprägt vom schmeichelhaften Gerbstoff der auf Kalk, Sand und den runden Galets gewachsenen Grenache.
Die Idee des Tastings für diese Ausgabe war es, die faszinierende Vielfalt der Rhône in einem erschwinglichen Preisbereich abzubilden. Die prestigereichsten Ursprungsbezeichnungen – Hermitage und Côte Rotie zum Beispiel, aber auch Châteauneuf und Gigondas – blieben außen vor, um den alltäglicheren Weinen eine Bühne zu bieten. Denn diese können an der Rhône von exzellenter Qualität sein. Von der nördlichen Rhône wurden vor allem die kommunalen AOCs im Umfeld des Hermitage-Felsens verkostet – bis zu einer Preisgrenze von etwa 25 Euro. Naturgemäß haben die Weine der AOCs Crozes-Hermitage und Saint-Joseph ein höheres Preisniveau als typische Weine aus dem Süden. Dennoch finden sich hier auch viele Trouvaillen, die ihren Preis wirklich wert sind – und die überdies einiges von jener Faszination zeigen, die den sehr viel hochpreisigeren Nachbarn zu eigen ist.
Im Süden standen vor allem generische Côtes du Rhône auf dem Probentisch. Man sollte sich nicht täuschen: Zwar wächst in dieser mehr als 70.000 Hektar umfassenden AOC selbstredend jede Menge anonymer Massenwein. Doch auch manch erstklassiges Terroir ist lediglich als Côtes du Rhône klassifiziert. Wer sich auskennt, bekommt schon für 10 Euro große Winzerkunst.
Notizen von Ulrich Sautter