Tasting vom 12.03.2010
Auf Sonnenschein folgt Regen. War 2004 bei Brunello ein wirklich hervorragendes Jahr, so war 2005 das Gegenteil. Der Sommer verlief recht kühl, dazu kamen ausgiebige Niederschläge im August, die für die Winzer im Weingarten eine große Herausforderung waren. Besonders stark litt die Sangiovese-Traube unter diesem Wetter. Nach Verkostung des größten Teils der aktuellen Produktion muss man feststellen: Nur die wenigsten habe diese Herausforderung gemeistert. Vom Jahrgang 2005 gibt es einfach viele – zu viele – Brunellos, die dem gehobenen Anspruch, den man an diesen Wein zu Recht stellt, nicht entsprechen. Viele Weine sind banal und belanglos. Häufig dominieren harsche, austrocknende Tannine, die wohl niemals reif werden. Die vier Sterne (von fünf möglichen), die das Consorzio im Februar 2006 für den Jahrgang vergab, erscheinen in der Rückschau doch sehr großzügig. Trost spenden da die Riservas 2004, von denen es einige wirklich hervorragende gibt. Das sind Brunellos, wie wir sie lieben! Leider ist 2005 aber kein Einzelfall. Um das Qualitätsniveau des Brunello di Montalcino ist es – aufs gesamte Anbaugebiet bezogen – nicht immer zum Besten bestellt. Gut 200 Betriebe gibt es mittlerweile im gesamten Areal von Montalcino, die eigenen Brunello abfüllen. Sieht man einmal von den zehn bis 15 Topbetrieben und vielleicht weiteren 20 Spitzenbetrieben ab, sieht der Durchschnitt recht mager aus. Solche Qualitäten gibt es im Chianti Classico auch – zu Preisen, die deutlich darunter liegen. Es gibt einfach zu viele Produzenten, die – bloß weil sie für ihren Wein den prestigeträchtigen Namen Brunello di Montalcino verwenden können – es mit der Qualität zu wenig genau nehmen. Das kann auf die Dauer für das Renommee des gesamten Weinbaugebietes nicht gut sein. Da haben das Consorzio und die Produzenten noch viel Arbeit vor sich.
Text und Fotos von Othmar Kiem