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Zum Schießen: Jägerlatein

Beim Jägerball tanzen zwar nicht ausschließlich, aber doch recht viele Jäger auf. Und da kann es mitunter passieren, dass Nichtjäger Bahnhof verstehen.

Viele Berufsgruppen haben ihre eigene Sprache, doch keine ist so anders wie die der Jäger. Viele Wörter der Umgangssprache besitzen bei den Weidmännern eine völlige andere Bedeutung.
Der Jägerjargon wird dann zum Jäger­latein, wenn Weidmänner und -frauen von ihren Erlebnissen berichten und mit ihnen die Fantasie ob der Anzahl und Größe des erlegten Wilds durchgeht. Die Gefahr ist bei einer Veranstaltung wie dem Jägerball gering, zumal »Latein« vor allem dann gesprochen wird, wenn die Jäger unter sich sind.

Doch auch jenseits des Stammtischs kann es eine Herausforderung sein, einer Jägerkonversation zu folgen. Nichts scheint sich besser als Tischgespräch mit jemandem, den man gerade erst kennengelernt hat, zu eignen, als das Thema Haustiere. Und dann passiert es womöglich, dass der Gesprächspartner seinen Hund »Sauhund« nennt. Wie bitte? – Nein, er ist kein ungehobelter Mensch, sondern ein stolzes Herrl. Sauhund beschreibt in der Jägersprache einen besonders tapferen Jagdhund, der sich nicht einmal vor Wildschweinen fürchtet. Auch nicht vor einem »Hosenflicker«. Und der wiederum ist kein Reparaturschneider, sondern ein zwei- bis dreijähriger »Keiler«. Als Keiler bezeichnen Jäger kein Verkaufstalent, sondern ein männliches Wildschwein. Ist doch alles ganz einfach.
Unterhalten sich Jäger über Tiere, wird’s mitunter absurd. Eine »Katze« ist ein weibliches Murmeltier und ihr Junges ein »Affe«. Dafür ist ein »Kuder« eine Katze. Kreist die Unterhaltung merkwürdig um eine »Schachtel«, geht es nicht um Schuhe oder Paket­zustellung, sondern vermutlich um eine Hirschkuh, die in die Jahre jenseits der Gebärfähigkeit gekommen ist. Nun wissen wir, wo der ungalante Ausdruck »alte Schachtel« herkommt.

Recht witzig klingen die Körperteile von Tieren in der Jägersprache: Hasenohren sind »Löffel«, und der Schwanz des Feldhasen heißt »Blume«, die »Decke« ist die Haut von Reh, Hirsch oder Gämse. Hat der Hund eine »Fahne«, so hat er nicht etwa am Alkohol genippt, sondern damit ist der buschige Schwanz eines Langhaars gemeint. Apropos Hochprozentiges: Ein echter Jäger trinkt keinen banalen Schnaps, sondern nimmt einen kräftigen Schluck »Zielwasser« – um mit ruhiger Hand zu schießen.
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Jäger allesamt Prediger sind, denn sie verbringen viel Zeit auf der »Kanzel«, wie der Hochstand genannt wird. Machen die Hirsche dann gar einen »Kirchgang«, gehen sie dem Jäger möglicherweise durch die Lappen – auch dieser Ausdruck ist Jäger­sprache. Kirchgang bedeutet, dass sich die Tiere in den Wald zurückziehen. Es kann auch ein »Mönch« darunter sein. Das ist ein Hirsch ohne Geweih.

Wer ein wenig mit Bildung brillieren will, der kann das Gespräch geschickt auf die britische TV-Serie »Downton Abbey« lenken und dann den Ausdruck »Parforcejagd« (sprich Par-fors-Jagd) einstreuen. So heißt die Hetzjagd mit Pferden der Hundemeute hinterher. Sie wussten das natürlich.

Erschienen in
Jägerball Spezial 2018

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Ruth Reitmeier
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