Wolfram Siebeck ist tot

Der bekannte deutsche Gourmet-Philosoph ist im Alter von 87 Jahren gestorben.

»Geboren, um zu reisen, zu schreiben, zu essen, beim Reisen zu essen, übers Essen zu schreiben.« – So charakterisierte sich Wolfram Siebeck selbst. Wie seine Familie mitteilte, starb der legendäre deutsche Gastrokritiker nach kurzer Krankheit im Alter von 87 Jahren. Siebeck ist zigfacher Buchautor, war Kolumnist, Satiriker und hartnäckiger Kämpfer gegen Fast Food und Fertiggerichte. Zuletzt betätigte er sich auch als Blogger, sein letzter Eintrag auf wo-isst-siebeck.de datiert aber schon mit Oktober 2015.

Am 19. September 1928 in Duisburg geboren durchlebte Siebeck eine harte Kindheit. Im letzten Kriegsjahr wurde der damals 17-Jährige als Flakhelfer eingesetzt und geriet schließlich in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft. Seinen ersten Karriereweg beschritt er als Schildermaler, Pressezeichner und Illustrator. Bei seiner ersten Frankreich-Reise im Jahr 1950 entdeckte er seine Liebe und Leidenschaft für Kulinarik. Dennoch dauerte es bis in die 60er-Jahre bis er für die Zeitschrift Twen seine erste Restaurantkritik verfasste. Im Satire-Magazin »Pardon« etablierte Siebeck eine legendäre Kolumne über die Zubereitung eines Dackels.
Seinen Durchbruch als Gastronomie-Kritiker schaffte Siebeck in den 70er-Jahren in München als Eckart Witzigmann München zur Kulinarik-Hochburg machte. Er setzte sich stets für die Hebung des Niveaus in den Küchen und die Weiterentwicklung der Kulinarik ein. Gemeinsam mit Jochen Karsten, dem Gründungschefredakteur des »Feinschmeckers«, fuhr er beispielsweise zur Molkerei Ehrmann, um – zunächst vergebens – für die Einführung eines in Frankreich beliebten Produktes zu werben: »Crème fraîche«.

Wolfram Siebeck war niemals ein bequemer Restaurant-Kritiker, selbst langjährige Weggefährten wie Witzigmann vergrämte er durch harsche Bewertungen und wechselte 21 Jahre lang kein Wort mit ihm. Im Jahr 1985 soll Paul Bocuse sogar mit Fäusten auf ihn losgegangen sein. Bis zuletzt blieb er seiner aneckenden Linie treu und wetterte gegen Fast Food und Kochshows. Aber zumindest mit Witzigmann versöhnte er sich an seinem 80. Geburtstag.

Bernhard Degen
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