Harald Mahrer

Harald Mahrer
© Johannes Kernmayer

WKO-Präsident Harald Mahrer: »Genießen wir wieder!«

Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich und selbst ein leidenschaftlicher Genießer, appelliert an die Falstaff-Community: »Wir müssen wieder Lust entwickeln – Lust aufs Leben!«

Falstaff: Warum ist die von Ihnen propagierte »neue Konsumlust« so wichtig?
Harald Mahrer: Nichts beeinflusst die Wirtschaft so stark wie psychologische Faktoren. So sind etwa bei einer Steuerreform die psychologischen Signale gleich wichtig wie die rein monetären. Jetzt, nach dem Corona-Shutdown, geht es vor allem darum, den Bürgern wieder neue Lust am Konsum zu vermitteln. Sie zu motivieren, Geld auszugeben, und ja, dabei auch Spaß zu haben und zu genießen! Wer keine Freude am Ausgehen oder Verreisen entwickelt, wird auch sonst weniger konsumieren oder einkaufen. Jetzt gilt: Wer konsumiert, hilft seinem Land, hilft seiner Familie und hilft letztlich sich selbst.
 
Also geht’s darum, die Stimmung zu drehen?
Genau! Corona hat uns in ein Stimmungstief versetzt. Wer Angst hat, kauft nicht, investiert nicht und konsumiert nicht. Wir müssen die Stimmung drehen! Nicht die Angst vor der zweiten COVID-Welle darf vorherrschend sein, sondern die Freude darüber, nach den Wochen der Entbehrung und der drückenden Stimmung wieder positiv in die Zukunft zu blicken und Optimismus und Konsum-, aber auch Kampfeslust zu entwickeln.

Kampfeslust?
Ja, damit meine ich die Zehntausenden UnternehmerInnen, die praktisch für Wochen 100 Prozent ihres Umsatzes verloren haben und dennoch nicht daran denken aufzugeben. Neben der staatlichen Hilfe brauchen sie auch die Wiedererstarkung ihrer eigenen Kampfeslust, um ihre Kunden, ihre Stammgäste wieder zurückzuholen. Ich spüre diese Kampfeslust und viel Mut in allen Branchen und sehe auch eine noch nie dagewesene Solidarität von Arbeitnehmern mit ihren Arbeitgebern.
 
Wie darf man das verstehen?
Angesichts der Heerscharen an Arbeitslosen und Kurzarbeitern war es noch nie ­so klar, dass es primär die Privatwirtschaft und die Hunderttausenden kleinen und mittleren Unternehmen sind, die Jobs schaffen, nicht die Politik oder der Staat. Viele Arbeitnehmer erleben daher gera­de jetzt, in dieser belastenden Zeit, die »Schicksalsgemeinschaft« mit ihren Arbeitgebern bewusster – aber auch positiver –denn je. Jetzt wird klar: Es geht ums Team.

»Falstaff-Leser/Innen sind Opinion-Leader. Mit jedem Euro, den sie in Österreich ausgeben, sichern sie viele Jobs.«
Harald Mahrer, WKÖ-Präsident

Wir kennen nun die Auflagen und Beschränkungen in Gastronomie und Hotellerie. Verlieren wir angesichts dieser Einschränkungen nicht jede Konsumlust?
Ich hoffe nicht! Und ich glaube es auch nicht. Natürlich darf die aktuelle Situation mit ihren Beschränkungen kein Dauerzustand sein. Aber ich höre auch überall, wie sehr sich die Konsumenten wieder auf die Besuche in Restaurants, Beisln, Kaffeehäusern und bei Würstelständen freuen. Besonders die Gastronomie befriedigt ja auch unsere sozialen Bedürfnisse wie Freunde zu treffen, unter Menschen zu sein, gemeinsam zu genießen. Deshalb: Ja, die aktuellen Einschränkungen sind nicht lustig, aber wir können wenigstens wieder ausgehen. Es ist ein Anfang für das Genießen der wunderbaren österreichischen Gastronomie.
 
Es ist doch zu befürchten, dass ein Großteil der Betriebe in der Gastronomie und Hotellerie diese krisenbedingten Ausfälle nicht überleben wird, oder?
Ja, unsere Tourismusbranche ist bedroht, was furchtbar ist und mir auch schlaflose Nächte bereitet. Als Tourismusland treffen uns aber vor allem die weltweiten Reisebeschränkungen massiv. Es wird dauern, bis wir hier wieder das Niveau von vor Corona erreicht haben werden. Leider ist auch die Eigenkapitaldecke in vielen Betrieben nicht stark genug, um so eine Rezession länger durchzuhalten. Daher arbeiten wir mit der Regierung an einem Paket der massiven Entlastung und spürbaren Steuersenkungen.
 
Welchen Beitrag können die Hunderttausenden Falstaff-LeserInnen leisten, um zu helfen?
Einen sehr großen, indem sie viel ausgehen, Restaurants besuchen, ihre Weinkeller auffüllen, in ihr Heim investieren. Also Geld in Österreich ausgeben. Und: So oft wie möglich Genuss-Weekends in den tollen Herbergen unseres Landes einlegen. Falstaff-LeserInnen sind auch starke Opinion-Leader! Sie können Freunde und Bekannte inspirieren, jetzt wieder zu genießen und zu investieren. Sie können Lust auf Konsum in ihrem Bekanntenkreis machen und stärken so mit jedem Euro, den sie im eigenen Land ausgeben, nicht nur ihr eigenes Genussleben, sondern erhöhen auch die Überlebenschance ihrer lieb gewonnenen Wirte, Winzer, Hoteliers, Handwerker und Händler und sichern so Abertausende Jobs.

Erschienen in
Falstaff Nr. 04/2020

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Wolfgang Rosam
Wolfgang Rosam
Falstaff Herausgeber
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