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Wissenschaft: So wichtig ist Omega 3

Sie zählen zu den Stars der gesunden Ernährung: die Omega-3-Fettsäuren. Aber wie sehr unterstützen die vor allem in Meeresfrüchten und Fisch enthaltenen Fettsäuren unsere Gesundheit wirklich?

Fett spielt eine zentrale Rolle beim Essen. Es ist der Geschmacksträger schlechthin, oft aufs Erste nicht erkennbar, macht satt und verleitet trotzdem dazu, mehr zu essen. Einmal gut gespeichert, bedarf es einigen Aufwands, es wieder loszuwerden. Das Image von Fett schwankt zwischen »good cop« und »bad cop«. Denn während sich die Rehabilitation von gesättigten Fettsäuren trotz vielversprechender Datenlage schwierig gestaltet, werden ungesättigte und hier vor allem die mehrfach ungesättigten Fettsäuren nach wie vor besonders ins Scheinwerferlicht gestellt. Dabei brauchen wir die einen wie die anderen. Denn Fettsäuren sind nicht nur Energieträger, wir benötigen sie auch zum Aufbau von Zellen sowie als Ausgangs-Substanz für Stoffe wie Hormone und Stoffwechselprodukte.

Offiziell wird empfohlen, knapp ein Drittel der täglichen Kalorien über Fette aufzunehmen. In der Praxis ist es freilich etwas mehr. Und es mehren sich die Stimmen, die meinen, dass das auch weniger tragisch sei, solange die generelle Energiebilanz stimmt. Denn neben der Gesamtmenge kommt es auf das Verhältnis der verschiedenen Fettsäure-Typen an. Hier gilt die Drittel-Regel: Die Fette sollen sich demnach in je ein Drittel gesättigt, einfach ungesättigt und mehrfach ungesättigt aufteilen. In die letztere Gruppe fallen die Omega-3-Fettsäuren, die gemeinsam mit den Omega-6-Fettsäuren eine Sonderstellung einnehmen, weil unser Körper ein paar dieser mehrfach ungesättigten Fettsäuren nicht selbst herstellen kann. Sie sind, im wahrsten Sinn des Wortes, essenziell, das heißt, sie müssen über die Nahrung aufgenommen werden.

Surf'n'Turf

Konkret stehen drei Omega-3-Fettsäuren im Zentrum des Interesses: die kurzkettige Alpha-Linolensäure (ALA) sowie die beiden langkettigen Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). ALA kommt in pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Walnüssen, Leinöl und Rapsöl vor und kann vom menschlichen Körper in EPA und DHA umgewandelt werden – wenn auch nur in eher kleinem Maßstab. Die langkettigen Omega-3-Fettsäuren sind aber sowieso auch in fettreichen Meeresfischen wie Lachs, Thunfisch, Hering, Makrele und Sardine sowie in etwas geringerem Umfang in Meeresfrüchten und Krustentieren enthalten, etwa in Miesmuscheln, Austern, Langusten und Garnelen. Zudem enthalten auch Algen die genannten Fettsäuren.

Eine weitere interessante und oft unterschätzte Quelle für Omega-3-Fettsäuren ist zudem Fleisch. Es enthält nicht nur gesättigte, sondern auch beachtliche Mengen an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Rund die Hälfte der aufgenommenen Omega-3-Fettsäuren beziehen Menschen in Australien Schätzungen zufolge aus Fleisch, vor allem Rindfleisch. Dabei wirken sich Bio- und Weidehaltung positiv aus, weil die Rinder mehr Gras, Heu und Leguminosen wie Klee zu fressen bekommen. Das kommt ihrem Stoffwechsel entgegen und führt zur besseren Fettsäure-Zusammensetzung.

Eine Herzensangelegenheit

Die verschiedenen Fettsäuren sind auch für unseren Organismus relevant. So ist DHA für die Gehirnentwicklung beim Ungeborenen und in den ersten zwei Lebensjahren wichtig. Bei Kindern mit ADHS zeigen Omega-3-Fettsäuren – entgegen entsprechenden Annahmen – jedoch keinen Nutzen. Auch für einen Effekt bei Depressionen liegen keine harten Belege vor.

Ihren Nimbus haben die langkettigen Omega-3-Fettsäuren aber ohnehin vor allem deswegen, weil sie schon seit langer Zeit als wirksame Waffe gegen koronare Herzkrankheiten im Gespräch sind. Der aktuellen Datenlage zufolge verbessern sie das Blutfettprofil, indem DHA und EPA den Triglyceridspiegel senken und ALA das »böse« Cholesterin (LDL). Wahrscheinlich reduziert ALA auch das Gesamtcholesterin und wahrscheinlich sind DHA und EPA in der Lage, Bluthochdruck zu verringern.

Mehr ist nicht immer besser

Wenn es um die harten Endpunkte geht, erwiesen sich Extra-Portionen von Omega-3-Fettsäuren jedoch als kaum wirkungsvoll, wie vor gut drei Jahren eine große Meta-Analyse von randomisierten Interventionsstudien belegte: Sie reduzieren wahrscheinlich weder das Auftreten eines Schlaganfalls, noch senken sie das Risiko für einen Herzinfarkt oder jenes, frühzeitig zu sterben. Und sie beeinflussen wahrscheinlich auch nicht das Risiko für verschiedene Krebserkrankungen. Auch Menschen, die bereits einen Herzinfarkt hatten, profitieren nicht von mehr Omega-3-Fettsäuren. Denn zusätzliche Omega-3-Fettsäuren können wahrscheinlich nicht vor weiteren Herzinfarkten oder Schlaganfällen schützen. Das alles wäre von einer singulären Substanz auch recht viel verlangt. Ein zusätzlicher Konsum ist also nicht nötig und auch nicht notwendig. Denn die mittlere tägliche Zufuhr der langkettigen Omega-3-Fettsäuren liegt in Österreich bei Frauen bei 232 Milligramm und bei Männern bei 288 Milligramm. Laut den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sind zur Fettzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten 250 Milligramm EPA und DHA empfohlen. 


Erschienen in
Falstaff Nr. 04/2021

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Marlies Gruber
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