© Gina Müller

Wissenschaft: Abwarten und Tee trinken

Tee und teeähnliche Getränke stehen für Wärme, Wohlbefinden und Achtsamkeit. Vielen werden zudem gesundheitsfördernde Wirkungen zugesprochen. Doch das alles gilt nur unter bestimmten Bedingungen.

Tee ist nicht gleich Tee ist nicht gleich Tee, könnte man in Abwandlung von Gertrude Steins berühmten Worten wohl sagen. Denn botanisch betrachtet versteht man unter Tee ausschließlich die Aufgüsse aus Blättern, Knospen, Blüten und Stängeln der Teepflanze Camellia sinensis. Streng genommen kann also mit Tee nur Schwarzer und Grüner Tee, Weißer Tee und Oolong-Tee gemeint sein. Deren Konsum hält sich jedoch in Grenzen. Gemeinhin subsumieren wir unter Tee auch alle teeähnlichen Erzeugnisse wie Früchte-, Gewürz- und Kräutertee. Früchte- und Kräutertee zählen mit einem Marktanteil von 75 Prozent zu den beliebtesten Sorten. Vor allem Letztere wiederum werden mit einer Vielzahl an Versprechungen zu Wohlbefinden, Erholung und Entspannung auf den Markt gebracht.

Doch hilft die Schlaf-gut- und Anti-Stress-Tasse tatsächlich? Immerhin dürfen gesundheitliche Wirkungen in der Lebensmittelwerbung nur genannt werden, wenn diese auch wissenschaftlich belegt und von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit anerkannt wurden. Je nachdem, welche Ansprüche man an die heiße Tasse hat, kommt man also schnell zur Differenzierung von handelsüblichen Kräutertees mit Wohlfühlcharakter und Arzneitee.

Schwarz und Grün

Kurz zurück zum eigentlichen Tee und seiner Herstellung. Für Grüntee werden die in der Pflanze enthaltenen Enzyme durch Wasserdampf inaktiviert, und es findet keine Fermentation statt. Dadurch bleiben die grünen Blattfarbstoffe beim Trocknen erhalten, ebenso wie die Catechine, weshalb das getrocknete Blatt grün und das Teegetränk gelb ist. Für Schwarztee wandeln Enzyme das grüne Chlorophyll der Blätter in schwarze Farbstoffe um – die Fermentation. Daher der Name Schwarztee. Die Enzyme reagieren mit den Polyphenolen zu orange gefärbten Theaflavinen und rotbraunen Thearubiginen. Diese sind für die charakteristische ­Farbe des Aufgusses verantwortlich.

Gesundheitsfördernde Effekte

Den ­Polyphenolen als sogenannte Antioxidantien werden prophylaktischer Schutz vor Herz- und Gefäßkrankheiten zugesprochen, auch liegen Studienergebnisse zur Zahngesundheit vor. Schwarztee soll den Zahnschmelz stärken. Auch spezielle Inhaltsstoffe im Grünen Tee, die Epigallocatechine, dienen der Zahngesundheit. Sie reduzieren die Anzahl der säurebildenden Bakterien im Speichel, in den Zahnzwischenräumen und Zahnfleischtaschen. Zudem kann mit Grüntee das Wachstum oraler Bakterien gehemmt werden. Mitunter werden Spülungen gegen Parodontose empfohlen.

Zwei bis drei Tassen Grün- oder Schwarztee sollen generell gesundheitsfördernde Effekte zeigen. Die enthaltenen Catechine erweitern die Blutgefäße, was dem Herz-Kreislauf-System zugutekommt. Sie hemmen zudem Entzündungsprozesse und nervenschädigende Eiweißablagerungen im Gehirn. Darüber hinaus verbessern Catechine die Insulinsensitivität, weswegen Tee auch ein kleines Puzzleteilchen bei der Prävention von Diabetes sein kann. Der Gesamtgehalt an Catechinen ist bei Grün- und Schwarztee etwa gleich hoch. Daher haben beide Tee­varianten das Potenzial, vorbeugend gegen Zivilisationskrankheiten zu wirken.

Gegen alles ist ein Kraut gewachsen?

Ob Lindenblüten bei Erkältungskrankheiten, Malve bei Magen- und Darmbeschwerden oder Baldrian gegen Unruhe und Schlafstörungen: Für die Wirkung ist wesentlich, zwischen Kräutertee aus dem Supermarkt und Kräutertee aus der Apotheke zu unterscheiden. Arzneitees werden aus kontrollierten, hochwertigen Heilpflanzen hergestellt, die besonders sorgfältig geerntet und verarbeitet sowie speziell verpackt werden. Sie helfen gegen verschiedene gesundheitliche Beschwerden, weil der Wirkstoffgehalt in den Arzneitees deutlich höher ist als in herkömmlichen Kräutertees. Bei vielen Sorten ist der Wirkstoffgehalt sogar doppelt so hoch wie in normalem Kräutertee. Die genauen Konzentrationen sind für die jeweiligen Sorten im Österreichischen Arzneibuch genannt.

Relevant für die Heilwirkung der Kräutertees sind die sekundären Pflanzenstoffe, die in den Blättern, Blüten, Früchten, der Rinde, den Samen und Wurzeln der Pflanzen stecken. Flavonoide sind Farbstoffe, und jene der Kamille helfen beispielsweise bei Magen- und Darmproblemen. Bitter­stoffe schützen die Pflanzen vor Fraß, beim Menschen erhöhen sie die Gallentätigkeit, bringen die Verdauung in Schwung und wirken bei Magen- oder Darmproblemen ebenfalls positiv. Sie sind zum Beispiel in Löwenzahnblättern enthalten.

Ätherische Öle

Ätherische Öle wiederum haben in der Pflanze die Aufgabe, Schädlinge abzuwehren oder Insekten zur Bestäubung anzulocken. Aus dem Tee werden sie über den aufsteigenden Wasserdampf inhaliert und wirken zudem im Mund- und Rachenraum sowie im gesamten Verdauungstrakt. Die ätherischen Öle Anethol und Fenchol im Fenchel helfen beispielsweise gegen Völlegefühl ebenso wie bei Erkältungskrankheiten und das Menthol in der Pfefferminze gegen Magenverstimmungen und Kopfschmerzen. Besonders beliebt als und in Tee sind derzeit Kurkuma und Ingwer. Beide Ingwergewächse enthalten reichlich ätherische Öle, die die Durchblutung anregen und den Körper wärmen. Darüber hinaus wirkt Ingwer gegen Übelkeit, regt die Verdauung an und hilft bei Erkältungen. Arzneitees können also allerhand. Um wirklich davon zu profitieren, sind die Zubereitungs- und Dosierungsempfehlungen zu beachten.

Erschienen in
Falstaff Nr. 01/2020

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Marlies Gruber
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