Gemeinsam wurde eine Gedenktafel in Erinnerung an Paul und Johanna Robitschek enthüllt.*

Gemeinsam wurde eine Gedenktafel in Erinnerung an Paul und Johanna Robitschek enthüllt.*
© Gregor Semrad

Winzer Krems stellen sich der Vergangenheit

Das Weingut, das nach dem Anschluss an Nazi-Deutschland arisiert wurde, arbeitete seine Geschichte auf und zieht einen Schlussstrich unter das Vergessen.

Die Veröffentlichung des historischen Romans »Wein des Vergessens« von den Historikern Bernhard Herrman und Robert Streibel (Falstaff hat berichtet) sorgte Ende 2018 für mediales Aufsehen. Die Winzer Krems – Sandgrube 13 sahen sich durch den dokumentarischen Roman mit kritischen Aspekten ihrer Gründungsgeschichte konfrontiert: Teile des Weingutes Sandgrube hatten bis 1938 dem jüdischen Weinhändler Josef Robitschek sowie seiner Mutter, Johanna Robitschek gehört und wurde infolge des sogenannten »Anschlusses« an Deutschland arisiert.
Die Winzer Krems – Sandgrube 13 hatten die Publikation zum Anlass genommen, eine wissenschaftliche Aufarbeitung in Auftrag zu geben. Die wesentlichen Erkenntnisse dieser Aufarbeitung liegen nun vor und wurden im Rahmen eines Pressegesprächs von Winzer Krems Obmann Ök. Rat Franz Bauer, Geschäftsführer Franz Ehrenleitner, MAS sowie der Historikerin Dr. Brigitte Bailer-Galanda der Öffentlichkeit präsentiert. Anschließend wurde gemeinsam mit Juana-Charlotta Robitschek, der Nichte Paul Robitscheks und Enkelin Johanna Robitscheks, bei der Sandgrube 13 eine in Stein gemeißelte Gedenktafel enthüllt.

Fehlende Aufarbeitung der nationalsozialistischen Jahre

Man müsse den Tatsachen ins Auge schauen, so Dr. Brigitte Bailer-Galanda: »In Folge des sogenannten ›Anschlusses‹ Österreichs an das Deutsche Reich haben einzelne Gründungsmitglieder der Genossenschaft – und hier vor allem der erste Obmann der Genossenschaft, Franz Aigner – die speziellen Rahmenbedingungen der nationalsozialistischen Herrschaft gezielt ausgenutzt, um die Kellerei und einzelne Weingärten der Familie Robitschek in den Besitz der Genossenschaft zu bringen.« Während Paul Robitschek die Flucht vor der nationalsozialistischen Verfolgung gelang, wurde seine Mutter im Jahr 1943 im Ghetto Theresienstadt ermordet. Nach dem Krieg sei es 1949 zwar zu einem Restitutionsvergleich zwischen den Winzer Krems gekommen, eine historische und moralische Aufarbeitung des Geschehens sei jedoch bis heute ausgeblieben.

Die Winzer Krems stellen sich ihrer Verantwortung

»Über 80 Jahre nach der Gründung der Winzer Krems – Sandgrube 13 ist es an der Zeit, dass wir uns auch den unbequemen Aspekten der Geschichte unserer Genossenschaft umfassend, offen und ehrlich stellen. Die Entschuldigung, die Paul Robitschek gebührt, kann er leider nicht mehr annehmen«, sagte Winzer Krems Obmann Franz Bauer im Rahmen des Pressegesprächs. Und weiter: »Es ist uns daher umso mehr eine große Ehre, dass Juana-Charlotta Robitschek unserer Einladung nach Krems zur Enthüllung der Gedenktafel gefolgt ist. Gleichzeitig bedanken wir uns bei den Autoren Bernhard Herrman und Robert Streibel, dass sie mit ihrem Roman den Anstoß zur Aufarbeitung unserer Geschichte gegeben haben.«

In diesem Sinne stellte Franz Ehrenleitner den Bezug zu Gegenwart und Zukunft her: »Nicht zuletzt als Kooperationspartner des Musikfestivals ›Glatt & Verkehrt‹ sind uns Vielfalt, Toleranz und die Achtung der Menschenrechte zentrale Anliegen. Gerade auch im Sinne der Glaubwürdigkeit unseres Engagements bei diesem Festival empfanden wir es als zwingend notwendig, mit unserer eigenen Vergangenheit ins Reine zu kommen. Neben der wissenschaftlichen Aufarbeitung ist uns die bleibende Erinnerung sehr wichtig.« Aus diesem Grund haben die Winzer Krems eine Gedenktafel in Auftrag gegeben, die gemeinsam mit Juana-Charlotta Robitschek enthüllt wurde. »Sie ist dem ehrenden Andenken an Paul Robitschek sowie seiner Mutter Johanna gewidmet und soll uns, genauso wie unseren vielen Besuchern, eine dauerhafte Mahnung und Erinnerung sein«, so Ehrenleitner, langjähriger Geschäftsführer der Winzer Krems, die sich mittlerweile zum umfangreichsten Qualitätsweinproduzenten Österreichs entwickelt haben. Sie verarbeiten fast ausschließlich handverlesene Weintrauben von rund 900 Mitgliedsweinhauern, mit einer Vertragsrebfläche von rund 990 Hektar.

Nachlesen: Kompaktbericht des DÖW – Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes


* Im Bild (v.l.): Geschäftsführer Dir. Franz Ehrenleiter, MAS, Juana-Charlotta Robitschek, Obmann ÖkR Franz Bauer und Dr. Brigitte Bailer-Galanda

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