Willi Klinger

Willi Klinger
© ÖWM/Zinner

Willi Klinger im Falstaff Talk

VIDEO: Willi Klinger zieht Resumée seiner Zeit als ÖWM-Chef. Ab Jänner 2020 ist er »Wein & Co«-Geschäftsführer. Falstaff traf ihn zum Talk.

Falstaff: Welchen Wein wird es am Festtagstisch von Willi Klinger geben?
Willi Klinger: Durch meinen tollen Job bei der ÖWM ist jeder Tag ein Festtag. Ich habe einen gut gefüllten Weinkeller, vor allem mit Weinen aus Österreich. Ich habe aber immer auch den Vergleich mit internationalen Weinen gesucht. Zu Silvester werde ich in eine »Wein & Co«-Filiale gehen und die Stunde vor Mitternacht als ÖWM-Chef mit Sekt feiern und nach Mitternacht als »Wein & Co«-Geschäftsführer das neue Jahr mit Champagner begrüßen.

Wie hat sich die Stilistik der österreichischen Weine in der jüngsten Dekade entwickelt? Und welche weitere Entwicklung ist zu erwarten?
In Österreich ist eine Schere aufgegangen: Einerseits gibt es industriell gefertigte Streamline-Weine, die den Zeitgeschmack treffen. Aber ich warne davor, sich ganz diesem Stil zu verschreiben, das hat auch ein Ablaufdatum. Bei Weißweinen hatten wir schon immer Spitzenqualität, sogar aus dem Doppler. Bei Rotweinen ist im internationalen Vergleich noch eine Flanke offen. Beim »SALON« habe ich daher auch eine eigene Kategorie mit fruchtigen Rotweinen mit moderatem Alkoholgehalt eingeführt. Ich rechne damit, dass der elegante und puristische Stil noch stärker kommt.

Wie haben Sie in den 13 Jahren Ihrer Amtszeit die Entwicklung zu mehr Bio-Weinen, zu Natural und Orange Wines beobachtet?
Orange Wines schmecken mir gut, wenn sie gut gemacht sind. Ich habe diesen Weinstil schon in den 80er-Jahren bei Josko Gravner entdeckt. Natural Wines sind in Österreich ein wichtiges Segment geworden, wenngleich die Bedeutung im Export noch viel wichtiger ist. Bioweine sind mittlerweile voll akzeptiert, dieses Thema ist durch. Besonders die Respekt-Gruppe sorgte für Reputation. Ob ich, wenn ich Winzer wäre, auf Bio setzen würde, kann ich nicht klar beantworten. Mann muss ja auch immer die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten und der viel größere Aufwand kann nicht alleine beim Preis abgegolten werden. Man kann auch systemisch nachhaltig arbeiten, da gibt es viele Ansätze von überlegtem Pflanzenschutz bis zu effizientem Energiemanagement. Wir sollten auf leichtere Flaschen umsteigen, wir müssen endlich mit diesen schweren Protz-Flaschen aufhören! Die »Nachhaltig Austria«-Zertifizierung ist eine gute Sache.

Welches war Ihr schönstes Erlebnis in Ihrer Amtszeit als ÖWM-Geschäftsführer?
Es gab viele schöne Momente, aber ein absolutes Highlight war die Präsentation des Opus Magnum zur österreichischen Weingeschichte (»Wein in Österreich - die Geschichte«). Aber auch meine Abschiedsreise in Russland und Asien war ein Höhepunkt. Wir haben ein Image erreicht, das weit über den deutschen Sprachraum hinaus positiv ist. Ich habe gemeinsam mit einem grandiosen Team eine internationale Wertigkeit des österreichischen Weins geschaffen. Chris Yorke (Anm.: Willi Klingers Nachfolger bei der ÖWM) ist der richtige Mann für den nächsten Schritt, um international noch bekannter zu werden.



Mit dem Buch »Wein in Österreich - die Geschichte« gibst Du der heimischen Weinwelt ein Vermächtnis. Was waren darin für Dich die spannendsten Erkenntnisse?
Wenn man zurückblickt, dann sind beispielsweise in der Wachau immer wieder Jahrgänge dokumentiert, wo die Trauben einfach nicht reif wurden. Das gibt es heute nicht mehr. Sehr schön wurde auch herausgearbeitet, dass der heimische Weinbau ganz eng mit den Zisterziensern verwoben ist. Die Wurzeln unseres Weinbaus kommen aus dem Burgund des Mittelalters, da kommen wir her und deshalb sind wir viel mehr Burgund als Bordeaux. Auch das Kapitel über den Weinskandal ist aus heutiger Sicht spannend zu lesen. Der Skandal wurde nur deshalb so massiv, weil die Parteien sich gegenseitig die Schuld daran zuschieben wollten. Das hat den Brand nur noch mehr befeuert anstatt gelöscht.

Die Bezeichnungen DAC, ÖTW, 1. Lage usw. sind oft nur für Fachleute nachvollziehbar. Wie könnte die Kennzeichnung von Herkunft und Lagenklassifizierung künftig einfacher und klarer sein?
DAC ist ein überschaubares System, es fehlen nur die Thermenregion und der Wagram dann ist der Baukasten fertig. Auch die Herkunftspyramide ist gut nachvollziehbar. Ganz wichtig war es, die Ortsnamen als wichtigste Herkunftsbezeichnung zu etablieren: Gebietswein, Ortswein, Riedenwein, das ist jetzt klarer als früher. Die Schaffung der Sektpyramide war ein vier Jahre langer Kampf. Aber wir haben die Herausforderung gemeistert, Winzersekt und die großen Sektunternehmen zusammenzubringen. Die Sektpyramide ist ein echter Meilenstein, muss sich aber noch festsetzen. In zehn Jahren wird jeder wissen, dass die Bezeichnungen Klassik, Reserve und große Reserve für die Herkunft aus Österreich stehen.

Was waren in Ihrer Amtszeit die größten Herausforderungen, was hat Sie am meisten geärgert?
Dass es der Wagram bis heute nicht geschafft hat, sich als DAC-Gebiet zu deklarieren. Das wäre früher so einfach gewesen, jetzt wird es immer schwieriger. Geärgert hat mich auch, dass die ÖWM für die niedrigen Preise, die mit der großen Ernte des Jahrgangs 2018 einhergingen, verantwortlich gemacht wurde.

Ihre neue Aufgabe als Geschäftsführer bei »Wein & Co« ist ja eine Rückkehr zu Ihren Wurzeln. Wie hat sich das Weinbusiness seit Ihrer ersten Zeit bei »Wein & Co« verändert?
Ich war bei den Anfängen von »Wein & Co« dabei, das war damals noch ein Baby, das nun zu einer Top-Marke geworden ist. Ich gratuliere Heinz Kammerer zu dem Verkauf an »HAWESKO«, es musste aber etwas getan werden. Die Hanseaten haben in einem Jahr Großartiges geleistet und vielleicht kann mit Jahresende schon wieder Gewinn geschrieben werden. Das Baby ist zu einem soliden Erwachsenen geworden. Ich selbst möchte wieder mehr Wein-Spirit einbringen. Es ist bekannt, dass ich immer für Fine Wine stand, das möchte ich bei »Wein & Co« forcieren. Ich werde aber nicht auf gute und günstige Weine vergessen und mehr im Bereich von fünf bis sechs Euro anbieten.

Bernhard Degen
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