Adi Matzek und Christa Kummer beim Wintergrillen

Adi Matzek und Christa Kummer beim Wintergrillen
© Petra Kamenar

Wildes Wintergrillen: Reh, Rost & Frost

Grillen im Sommer kann jeder! Grillweltmeister Adi Matzek heizt jedoch auch bei Schnee und Eis seine Geräte an. Christa Kummer besuchte ihn im Waldviertel.

Es ist ein typischer Wintertag in Maria Dreieichen. Die Nebelschwaden hängen tief, auch die Kältegrade haben sich längst unter dem Gefrierpunkt eingelebt. Adi Matzek grillt trotzdem. Schließlich ist er Weltmeister in diesem Metier und vermittelt Lernwilligen in seiner Grillschule auch in der kalten Jahreszeit den richtigen Umgang mit feurigem Geschütz. Das heißt: Wer bei Grillen nur an laue Sommerabende und leuchtende Sonnenuntergänge denkt, wird von Adi Matzek eines Besseren belehrt: Gegrillt wird nämlich auch im tiefsten Winter. Und zwar diesmal Wild. An der Seite von Christa Kummer, ihres Zeichens Vorstandsmitglied des »Grünen Kreuzes« und verantwortlich für die Kommunikation des Jägerballs.

Perfektes Zeitmanagement

Adi Matzek eilt von Gerät zu Gerät, ohne dabei je hektisch zu wirken. Für die große Grillage müssen drei verschiedene Griller vorbereitet werden: ein Dutch Oven, ein Flare-Grill und ein Gerät namens »What a Wok«. Für die ungleichen Grill-Geschwister werden Briketts zum Glühen und Holzscheite zum Brennen gebracht. Parallel bereitet Matzek Gemüse und Rehkeulen für ein Ragout und ein saftiges Stück Hirschrücken vor.
Das Multitasken ist eine Fähigkeit, die man sich im Winter fürs Grillen unbedingt aneignen sollte. Alles muss perfekt zusammenspielen. Die Teller müssen gut vorgewärmt sein, zusätzliche Wärmequellen wie Feuerkörbe oder Infrarotstrahler dürfen nicht fehlen. »Das Zeitmanagement beginnt aber schon bei der Auswahl der Gerichte«, weiß Matzek. »Als Hauptmahlzeit eignet sich ein Gericht mit langer Schmorzeit. Wenn die Gäste ankommen, kann man etwas Schnelles servieren. Ein gegrillter Hirschrücken passt hier perfekt, weil er nur kurz angebraten wird und man einfache Beilagen wie Grillkäse oder Frühlingszwiebeln dazu serviert.« Die Zubereitung ist denkbar einfach: Die Platte des Flare-Grills, der auch optisch einiges hermacht, wird mit Sonnenblumen-Soja-Öl versiegelt und mit einfachen Holzscheiten erhitzt. »Ob’s heiß genug ist, erkennt man genau wie bei einer Pfanne am Herd: Man sucht kurz Kontakt mit dem Fleisch – wenn es brutzelt, passt’s!« Auch das bunte Wokgemüse ist schnell servierbereit. »Das Schöne beim Wintergrillen ist, dass man mit einfachen Zutaten perfektes Essen ohne viel Schnickschnack kreiert. Auf die Qualität und das Know-how kommt es an«, sagt Christa Kummer, die dermaßen gekonnt agiert, dass man gar nicht merkt, dass es auch für sie eine Premiere ist. Besonders angetan hat es der Wienerin der Wok: »Durch die starke Hitze verdampft die Flüssigkeit sehr schnell, ohne dass Aromen verloren gehen.«
Für das Hauptgericht hat Adi Matzek ein Rehragout von der Keule vorbereitet, das im Dutch Oven zubreitet wird. Dabei handelt es sich um ein ursprüngliches Gerät, das normalerweise im Lagerfeuer steht. Matzek arbeitet hier klassisch mit Ober- und Unterhitze, auch der Deckel wird mit Briketts belegt. »Damit sich die Wärme gleichmäßig verteilt, verwendet man unten rund ein Drittel weniger Briketts als oben. So wird der Hitzeverlust nach oben kompensiert.« Für Schmorgerichte wird Fleisch mit höherem Kollagen- und Fettgehalt eingesetzt, dazu gehören Teile aus dem Bewegungsapparat sowie Stelzen, Haxen oder Hals. »Durch den Schmorprozess beginnt das Fleisch schön zu gelieren und es entfaltet nach zwei Stunden in der Hitze einen traumhaften Geschmack.«

Simplizität. Beim klassischen Plancha-Grillen auf dem Flare Grill wird der Rehrücken nur kurz angebraten, damit das Fleisch schön rosa bleibt.
© Petra Kamenar
Simplizität. Beim klassischen Plancha-Grillen auf dem Flare Grill wird der Rehrücken nur kurz angebraten, damit das Fleisch schön rosa bleibt.

Back to Basics

Sich bei Minusgraden stundenlang für den kulinarischen Genuss ins Freie zu begeben, mag auf den ersten Blick nicht jedermanns Sache sein. Was macht also den besonderen Reiz am Wintergrillen aus? »Ich finde, es hat etwas Archaisches«, meint Kummer schmunzelnd. »Im Winter beim Lagerfeuer zu stehen und die frei werdenden Aromen zu genießen, ist etwas Besonderes. Im Sommer kann doch jeder grillen!« Tatsächlich verlangt ein Grillgelage bei tiefen Temperaturen einiges mehr an Vorbereitung als das sommerliche Pendant: »Grundsätzlich muss man im Winter immer mit circa 25 Prozent mehr Leistung fahren, um den Temperaturunterschied zu kompensieren«, erklärt Adi Matzek. »Zutaten, die eventuell ins Stocken geraten können, wie etwa Olivenöl, dürfen erst kurz vor Grillbeginn ins Freie kommen. Bei Schneelage muss vorher gut eingestreut werden, da die Geräte den umliegenden Schnee zum Schmelzen bringen, der später wieder friert.« Gutes Schuhwerk und Kleidung im Zwiebelschalenprinzip verstehen sich von selbst.
Wer im Winter schnell zur Tat schreiten will, arbeitet am besten mit einem Gasgrill. »Einstiegsgeräte, die ein Zwei-Zonen-Grillen ermöglichen, sollten eigentlich in keinem Garten fehlen. Man kann damit schnell und heiß arbeiten. Außerdem garantiert ein Gasgrill für den Haushalt eine gewisse Unabhängigkeit bei Stromausfällen und dergleichen, da man sich mit der Gasflasche selbst versorgen kann.«

Fleischbeschau

Geschmacklich ist das Reh Adi Matzeks Favorit: »Es ist ein sehr zartes Produkt,man kann den Schlögel schön rosa grillen.« Christa Kummer bevorzugt Hirsch und Wildschwein. Letzteres sollte man übrigens immer gut durchbraten. Dass man zu Wild immer Rotwein serviert, ist eine überholte Regel. Christa Kummer ist hier flexibel: »Im Bezug auf die Getränkewahl lasse ich mir ungern etwas vorschreiben. Von leichten bis schweren Rotweinen bis hin zum Bier ist alles erlaubt. Zum Wildschwein trinke ich gerne etwas Gehaltvolles, zum Beispiel ein dunkles Zwickl. Die einzige Regel, die es bei mir gibt, ist: Es wird serviert, was schmeckt!«


Ratschläge vom Experten

Jäger aus Leidenschaft: DI Klaus Schachenhofer leitet die Geschäfte des Dachverbandes »Jagd Österreich«.
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Jäger aus Leidenschaft: DI Klaus Schachenhofer leitet die Geschäfte des Dachverbandes »Jagd Österreich«.

FALSTAFF: Was genau versteht man unter dem Begriff Wildbret?
KLAUS SCHACHENHOFER: Es ist das Fleisch von wild lebenden Tieren, die dem Jagdrecht unterliegen.
Was passiert mit einem Stück Wild, unmittelbar nachdem es geschossen wurde?
Der Jäger erlegt das Tier mit einem weidgerechten, präzisen Schuss, also mit geringstem Tierleid. Dann sucht er das Stück auf, hält Andacht und gibt ihm nach jagdlichem Brauchtum den letzten Bissen. Das Stück wird danach in nächster Entfernung bzw. in der Wildkammer aufgebrochen und die inneren Organe im Rahmen der sachkundigen Fleischbeschau auf Krankheiten kontrolliert. Sind die Organe gesund, ist das Stück zum Verzehr geeignet und kann selbst weiterverarbeitet oder an den Wildbrethändler verkauft werden. Im gewerblichen Handel kommt außerdem eine amtsärztliche Beschau hinzu.
Woher bezieht man Wildbret am besten für den privaten Gebrauch?
Am besten beim Jäger vor Ort. Hier gibt es absolute Transparenz in der Wertschöpfungskette, weil man den direkten Bezug zum erlegten Stück hat. Außerdem kennt man dessen Geschichte und pegt den persönlichen Kontakt zum Jäger. Wenn man sich den eigenen, ökologischen Fußabdruck ansieht – Stichwort CO2-Bilanz – ist diese Vorgehensweise diejenige mit der geringsten Umweltbelastung. Man kann auch sagen: Jagd ist Klimaschutz.
Was sind die größten Irrtümer, wenn es um Wildbret in der Kulinarik geht?
Man muss die Historie betrachten. Früher gab es keine ordentliche Kühltechnik, deswegen war Wildbret oft nicht mehr hygienisch einwandfrei und teilweise sogar verdorben. Alte Rezepte sind oft aufwendig in der Verarbeitung, das Fleisch wurde aufgrund des starken Eigengeschmacks lange eingebeizt und mit extrem deftigen Saucen serviert. Da wir heute unter strengsten Hygienevorschriften arbeiten, kann Wildbret nach den höchsten Standards der Kulinarik zubereitet werden; beim Reh beispielsweise als Carpaccio oder Filet medium gebraten.
Nehmen wir das Wildschwein als Beispiel: Wieso ist es geschmacklich so viel interessanter als das herkömmliche Hausschwein?
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, aber Fakt ist: Wildschweine bewegen sich in freier Natur, ernähren sich unter anderem von besten Früchten und Kräutern und sind permanent in Bewegung. Sie haben also einen anderen Muskelaufbau, weniger Fettanteil und Cholesterin und einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Das macht ihren hohen Mehrwert aus.
Welche Wildart kommt bei Ihnen persönlich am häufigsten auf den Teller?
Ich bin selbst leidenschaftlicher Koch. Da ich vor allem in einem Rehwildterritorium jage, essen wir am häufigsten Reh. Geschmacklich bevorzuge ich Hirsch – und einmal im Jahr essen wir zu Hause traditionell Murmeltier, das als Braten serviert wird.


Erschienen in
Jägerball Spezial 2019

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Sandra Keplinger
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