Bietet eine der schönsten Aussichten über Wien und die Weinberge: Terrasse vom Heurigen »Sirbu« am Kahlenberg.

Bietet eine der schönsten Aussichten über Wien und die Weinberge: Terrasse vom Heurigen »Sirbu« am Kahlenberg.
© Mauritius Images

Wien: Heurigentour von Grinzing bis Stammersdorf

Traditionelle Heurige und zeitgenössische Wiener Weinkultur gibt es von Sievering über Grinzing bis nach Nussdorf und auch jenseits der Donau, rund um den Bisamberg. Wir präsentieren ein Best of.

Es gibt guten Grund zu der Annahme, dass Wien den schönsten Stadtrand der Welt besitzt:  Mehr als 700 Hektar Rebland verteilen sich über die Randbezirke im Norden und Süden der Stadt. Der Wiener Weinbau fungiert jedoch nicht nur als Touristenattraktion, sondern hat eine lange Tradition. Entsprechend geprägt ist auch die kulinarische Kultur der Außenbezirke, in denen die Rebstöcke wachsen.

Touristenmagnet mit Dorfcharakter

Im Nordwesten Wiens, in Döbling, liegen die bekanntesten Weinorte der Stadt – allen voran Grinzing, ein Touristenmagnet – bekannt für traditionelle Heurigenseligkeit. Grinzing hat sich jedoch trotz des Ansturms etwas von seiner ursprünglichen Dörflichkeit bewahrt – die Heurigen sind immer noch vergleichsweise klein und urig, das Essen solide und die Schrammeln dezent.

Zwischen Tradition und Moderne

Neben authentischen Klassikern wie dem »Weingut Hengl-Haselbrunner«, das sich neben dem Weinbau ganz der Erhaltung des Original Wienerlieds verschrieben hat, locken auch immer mehr zeitgeistige Interpretationen der Wiener Tradition – die »Buschenschank in Residence« der Winzerin Jutta Kalchbrenner-Ambrositsch etwa. Sie zeigt, wie Heuriger im 21. Jahrhundert geht, und lockt auch junge Gäste an. Dabei liegt sie mit ihrer Heurigen-Version gar nicht so weit weg von den Wurzeln des Wiener Kulturguts: Im ehemaligen Winzerhof Rauscher angesiedelt, serviert sie ihre Bio-Weine und kalte Köstlichkeiten aus regionalen Zutaten ohne Schnickschnack. Das Ambiente ist leger und befreit von rustikalen Ausschweifungen.

Der eine oder andere Geheimtipp

Beschaulicher geht es im angrenzenden Sievering oder in Nussdorf zu: Sievering mit seinen Villen punktet mit nobler Gediegenheit – Nussdorf gibt sich dörflicher.

Neben Heurigen und gutbürgerlichen Restaurants wie dem »Eckel« zeigt Sievering auch einen Hauch urbaner Gastlichkeit. Das »Café Nest« etwa, hat sich zum beliebten Frühstückstreffpunkt entwickelt. Neben astreinen Espresso, Crépes und ausgefallenen Eierspeisen punktet es mit coolem Vintage-Stil. Zwischen Sievering und Grinzing, am Kaasgraben oben, schaut man dann bei Wein und Jause hinab in die Stadt. Lange galt der Heurige »Zawodsky« als Geheimtipp – doch die Zeiten sind vorbei: Der Garten, umringt von Weinbergen, ist zu idyllisch, um unentdeckt zu bleiben.

Hotspot Nussberg

Ein paar Hügel weiter herrscht mehr Trubel – am Nussberg, hoch über der Donau finden sich nicht nur die besten Weinlagen der Stadt – der Berg hat sich in den letzten Jahren auch zum Hotspot für junge Outdoor-Heurigen-Fans entwickelt. Kein Wunder: Der Blick über die Stadt ist sensationell. Ob Pop-up-Heuriger oder Dauerbrenner – wer kann, schenkt am Nussberg aus. Kulinarisch wie önologisch am besten aufgehoben ist man wohl beim »Wieninger am Nussberg« – den Panoramablick gibt’s gratis dazu. Steigt man hinab nach Nussdorf, herrscht wieder Beschaulichkeit – ein paar schöne, alte Heurige, eines der ältesten Wirtshäuser mit eigener Fleischhauerei (»Zum Renner«) und eine neu eröffnete Wein-Konzept-Bar. Sonst ist es still im Ort.

An den nördlichen Hängen des Nussbergs hingegen geht es steil bergab ins Kahlenbergdorf, direkt am Donauufer gelegen – bei Belieben kann man sich am Weg dorthin in kleinen Buschenschanken stärken.

Auf der anderen Seite der Donau

Die Donau ist auch die Grenze zwischen Döbling und Floridsdorf. Genauer gesagt zwischen Kahlenberg und Bisamberg. Auch am Bisamberg wächst, man ahnt es, Wein. Hier ist es milder, sonniger, die Böden sind tiefgründiger – entsprechend fruchtiger fällt auch der Wein aus. Neben Veltliner und Gemischtem Satz fühlen sich hier auch die Burgundersorten richtig wohl. Am Fuße des Bisambergs ruht Stammersdorf, der bekannteste Weinort »Transdanubiens«. Es geht hier rustikaler zu als im »feinen« Döbling. Spaziert man vom Ortskern in die Stammersdorfer Kellergasse, erwartet einen ein Eldorado an kleinen Ausschanken. Und am Ende der alten Kellergasse liegt einer der besten Heurigen der Stadt, von Helmut Krenek betrieben, der schon im legendären Gasthaus »Meixner« werkte. Hier zeigt er, was er drauf hat: Feinste Wiener Küche, mal klassisch, mal modern – in jedem Fall großartig.

Ein Tiroler in Wien

Wer es hingegen zünftiger mag, wandert weiter am Bisamberg nach Strebersdorf, wo er in den Weinbergen auf den idyllisch gelegenen Buschenschank »Walter« stößt. Der gebürtige Tiroler serviert dort inmitten von Rebstöcken zu den eigenen Weinen nur das Beste aus seiner Heimat. Manchmal geht der Wiener Heurige eben auch fremd.


Erschienen in
Wien Spezial 2020

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Christina Fieber
Autor
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