© Karl Lagerfeld

Wie Karl Lagerfeld zu seiner Krone kam

Die Tiara für die Opernball-Debütantinnen hat dieses Jahr die Mode-Ikone für Swarovski entworfen. Blick hinter die Kulissen dieser glitzernden Liaison und auf das schillernde Universum des Modezaren.

Nicht viele Menschen schaffen es zu Lebzeiten, dass man eine mit scharfem, flottem Strich hingekritzelte Silhouette eindeutig ihrer Person zuordnen kann. Bei Michael Jackson und Udo Lindenberg geht das zum Beispiel. Bei Karl Lagerfeld auch. Seine Markenzeichen – Brille, gepuderter Pferdeschwanz und extrem enge Hedi-Slimane-Anzüge – machen den Modezaren nämlich unverkennbar. Das Lebenswerk des (höchstwahrscheinlich) 83-Jährigen wiederum macht ihn zu einer Larger-than-Life-Figur. 
Der Norddeutsche, der seit den 1950er-Jahren der Modewelt seinen Stempel aufdrückt, ist eine Ikone. Eine Ikone, die es geschafft hat, bereits zu Lebzeiten eine zeit-lose Erscheinung zu werden, sodass die französische »Vogue« dem Modezar und Fashion-Kaiser 2016 eine eigene Ausgabe widmete. Zudem potenziert König Karl dieses Jahr auch noch den Wirkungskreis des Opernballs. Der bekennende Workaholic hat nämlich die aus Swarovski-Kristallen gefertigte Tiara für die Debütantinnen entworfen. Der Staatsball Nummer eins hat 2017 damit endgültig ein Aura-Level erreicht, das es einem schwer macht, sich ihm zu entziehen. 
Neo-Opernball-Organisatorin Maria Großbauer ist somit gleich zu Beginn ihrer Regentschaft in der Oper ein ziemlicher Coup gelungen. Ein Coup, der noch dazu von unerhörter Sinnhaftigkeit ist, weil dabei zusammenwächst, was zusammengehört. Oder besser: wieder zusammenwächst. Denn es ist nicht das erste Mal, dass Lagerfeld, der Design-Tausendsassa, für den Opernball kreativ tätig ist. 1981 entwarf er ein Plakat für den Ball der Bälle. 
Dass mit der Swarovski-Tiara Großes entsteht, wusste der Designer jedenfalls sofort. Dem Vernehmen nach sagte er nämlich binnen weniger Sekunden zu, das Debütantinnen-Diadem zu kreieren. 

Die Tiara für die Opernball-Debütantinnen wurde von Lagerfeld für Swarovski kreiert. Es ist eine Hommage an den Donauwalzer. 
© Thomas Schrott / Swarovski
Die Tiara für die Opernball-Debütantinnen wurde von Lagerfeld für Swarovski kreiert. Es ist eine Hommage an den Donauwalzer. 

Das Resultat schmeichelt der Ballseele. 394 klare, saphirblaue Swarovskikristalle sowie fünf Kristallperlen sind kunst- und schwungvoll gesetzt und verzaubern als wahrer Hingucker die Augen. Das ist »charakteristische, zeitlose Eleganz«, lässt Lagerfeld in einem Statement ausrichten. 
Inspirieren ließ sich der Kreativgeist zudem vom weltberühmten Donauwalzer, der – wie der Zufall so spielt – dieses Jahr großes Jubiläum feiert. Vor 150 Jahren hatte der traditionelle Eröffnungswalzer des Opernballs von Johann Strauss Sohn seine Weltpremiere im Wiener Dianabad (siehe S. 70). So etwas darf, ja muss sogar gewürdigt werden. »Die Tiara ist meine Vision von der Krönung der Donau«, gibt Lagerfeld Einblick in sein Karliversum. »Das saphirfarbene Band ist eine Reminiszenz an ›Le beau Danube bleu‹, an die schöne blaue Donau.« Schön ist übrigens auch der Skizzenentwurf des Diadems. Mit stilsicherem Strich ist das Wesen der diesjährigen Ball-Tiara eingefangen. Der von Lagerfeld zu Papier gebrachte Entwurf wird übrigens für einen guten Zweck versteigert, heißt es aus dem Ball-Komitee.
Zudem – und das ist die gute Nachricht für Lagerfeld-Fans, die das Debütantinnen-Alter bereits überschritten haben – ist die Kooperation mit Swarovski der Auftakt -einer engeren Zusammenarbeit zwischen dem deutschen Design-Guru und dem Tiroler Schmuckriesen. 
Jährlich sollen nämlich zwei von »Karl dem Großen« entworfene Schmuckkollek-tionen in die Geschäfte kommen. Die erste Kollektion wird im März übrigens in der Schweiz auf der »Baselworld«, der größten Uhren- und Schmuckmesse der Welt, 
präsentiert. 
An einem lichten Terminkalender laboriert Karl Lagerfeld jedenfalls nicht. Gerade eben hat er mit Hip-Hop- und Produzentenstar Pharrell Williams eine Werbekampagne fertig gestellt und seine neue Haute-Couture-Kollektion für Chanel auf den Catwalk gebracht.
Das Gute dabei: Alles, was durch die Finger des edlen Couturier-Greises geht und seinen kritischen Geschmacksrezeptoren standhält, kann als geadelt betrachtet werden. Diese Adelung kann übrigens alles und jeden treffen, ohne dass dabei der Verdacht willkürlicher Beliebigkeit aufkeimen würde. 
Lagerfeld hat Cola-Light-Flaschen ebenso gestaltet wie japanischen Technotrash von Tokitoko oder Steiff-Teddybären, die als seine pelzigen Alter-Egos das Licht der Designwelt erblickten. Und nun verziert er das gesellschaftliche Großereignis Wiener Opernball und setzt ihm ein Krönchen auf. Was 
für ein Herrscher! 
Aus dem Falstaff Spezial Opernball 2017.

Manfred Gram
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