Widerstand gegen Saatgut-Pläne der EU wächst

Steirereck-Chef Heinz Reitbauer und Meisterbrenner Hans Reisetbauer schließen sich den Protesten an.

Der umstrittene Plan der EU-Kommission, der eine durchgehende Kontrolle von Saat- und Pflanzgut vorsieht, stößt auf immer mehr Widerstand. Auch wenn der erste Entwurf schon leicht abgeschwächt wurde, gibt es doch ein beunruhigendes Szenario, das auf Landwirte, Produzenten und zuletzt auf Konsumenten zukommen könnte. Wenn der Kommissionsvorschlag in dieser Form angenommen wird, dann werden Landwirte de facto gezwungen, Saatgut zu kaufen. Legale Wege, einander Saatgut zu verkaufen oder auch zu schenken, werden unterbunden. Wenn ein Landwirt Saatgut aus eigenem Nachbau weitergeben will, müsste er dafür hohe bürokratische Hürden überwinden. Kernpunkt der Kritik ist, dass Landwirte nicht mehr daran vorbei kommen sollen, industrielles Saatgut zu kaufen – ein deutliches Indiz dafür, dass die Industrie treibende Kraft hinter den EU-Plänen ist.

Paradeiser-Vielfalt in Gefahr
Erich Stekovics © KochcampusAm unmittelbarsten betroffen wären wohl Produzenten, die viele Sorten und alte Raritäten anbauen. Am exponiertesten ist hier wohl Paradeiser-Kaiser Erich Stekovics, der anhand weniger Punkte verdeutlicht, was die EU-Vorhaben für ihn bedeuten würden. Zuerst müsste man für die Registrierung jeder Sorte 1000 Euro bezahlen. Der Burgenländer kultiviert 3200 Sorten, das wären 3,2 Millionen Euro! Zudem müsste man für jede Sorte ein 18-seitiges Formular ausfüllen, in Stekovics' Fall also über 57.000 A4-Seiten. Die Sorten sollten »uniforme Früchte« haben und man müsste beweisen, dass sie »immer schon« in der Region beheimatet waren.

Natur passt nicht in Normvorgaben
»Für alte Sorten, die bereits tausende Jahre angebaut werden, ist das völlig übertrieben und unmöglich. Natürlich gewachsene Sorten haben beispielsweise unterschiedlich große Früchte, die nicht in die Normvorgaben der EU passen und so keine Zulassung bekommen würden«, befürchtet Erich Stekovics. Und schließlich dürfe der Produzent dem Entwurf zufolge nur an ein Unternehmen liefern, das weniger als zwei Millionen Euro Umsatz macht. Stekovics dürfte somit weder an Spar noch an Meinl am Graben liefern und sogar das »Steirereck« wäre ausgeschlossen.

Reitbauer sensibilisiert Koch-Kollegen im Ausland
Heinz Reitbauer © KochcampusSteirereck-Chef Heinz Reitbauer schließt sich den Protesten an, die von Spar-Vorstand Gerhard Drexel machtvoll unterstützt werden. Reitbauer macht sich Sorgen um die Vielfalt unserer Nahrungsmittel und befürchtet einen massiven Schaden für das Tourismusland Österreich: »Wir haben uns jahrelang darum bemüht, alte und vergessene Sorten wieder zu kultivieren, nun ist das alles in Gefahr. Als kulinarische Reise-Destination werden wir austauschbar, wenn das wie geplant umgesetzt wird«. Reitbauer erklärt, dass in Österreich schon viel Bewusstsein geschaffen wurde, dass das Thema in den anderen EU-Ländern aber noch kaum wahr genommen wurde. Deshalb hat er auch eine Initiative für einen Schulterschluss mit Spitzenköchen der anderen EU-Länder gestartet. (Siehe Offener Brief auf www.kochcampus.at)

Reisetbauer befürchtet Gentechnik
Hans Reisetbauer © Falstaff/ZsifkovitsAuch Falstaff-Meisterbrenner Hans Reisetbauer plädiert für einen Schulterschluss mit anderen Ländern. In Österreich setzen mit Spar und REWE die zwei größten Arbeitgeber des Landes auf mehr Vielfalt bei Obst und Gemüse. Aber alleine in den Nachbarländern werden die EU-Pläne so gut wie gar nicht diskutiert. Reisetbauer ist aber gegen eine totale Liberalisierung und für eine Registrierung aller Sorten, da sonst auch gentechnische verändertes Saatgut Einzug halten könnte. »Ich bin als Landwirt für einen gangbaren Weg, jede Sorte muss zugelassen werden!«.

Wenn Sie diese Initiative unterstützen wollen, dann können Sie hier unterschreiben:

www.freievielfalt.at