Ambrogio Maestri als Falstaff an der Wiener Staatsoper, Ende 2016.

Ambrogio Maestri als Falstaff an der Wiener Staatsoper, Ende 2016.
© Wiener Staatsoper GmbH / Michael Pöhn

Wer war eigentlich Falstaff?

Der Namenspatron des Magazins ist ein Schlawiner. Von Schlankheitswahn und politischer Korrektheit hat er nicht den blassesten Begriff, sein Selbstbewusstsein ist mindestens so gewaltig wie der Bauch, den er vor sich herträgt.

Witz und Schlitzohrigkeit, Lebens- und Genussfreude hat unser Antiheld von seinem Vater William Shakespeare mitbekommen, der ihn gleich in drei Stücken auftreten ließ. Als »Papà« titulierte den englischen Jahrtausendschriftsteller übrigens auch der bedeutendste italienische Opernkomponist, Giuseppe Verdi. »Falstaff«, seine letzte Oper, wurde im Februar 1893 an der Mailänder Scala uraufgeführt und stürmisch gefeiert. Zwar hatten auch Antonio Salieri und Otto Nicolai in »Die lustigen Weiber von Windsor« den verfressenen Ritter zur Opernfigur gemacht. Doch das ultimative Meisterwerk gelang eben Verdi, auch dank dem kongenialen Textdichter Arrigo Boito.
Schon die erste Wortmeldung des enormen, immensen Falstaff, wie ihn seine Diener ehrfurchtsvoll nennen, ist die Bestellung »noch einer« Flasche Sherry; dreißig Krüge davon hat er schon geleert, dazu sechs Hühner und drei Truthähne verspeist – so lautet zumindest die Rechnung, die Falstaff nicht bezahlen kann. Also wendet er sich an zwei wohlhabende Damen, deren Liebe er gemeinsam mit deren Geldbörsen für sich gewinnen möchte. Von Rückschlägen lässt er sich nicht entmutigen und vergisst unterwegs natürlich auch den Genuss nicht: Soeben dem Ertrinkungstod entronnen, noch triefend von den Wassern der Themse, flößt er sich mit einem Glas Glühwein neuen Lebensmut ein.

»Mich zehren auf die Sorgen. Wenn Falstaff mager würde, was wär’ er dann, wer wollt’ ihn lieben?«
Aus »Falstaff« Oper von Giuseppe Verdi

© Wiener Staatsoper GmbH / Michael Pöhn

Falstaff ist aber mehr als nur ein windiger Geselle, für den Ehre »nur ein Wort« ist und der dafür plädiert, »mit Anstand und rechtzeitig« zu stehlen. Leo Karl Gerhartz resümiert die Story so: »Ein Einzelner und Außenseiter attackiert eine geordnete Bürgerwelt mit Fantasie, Poesie, Kunst; von ihm animiert, beginnen die Bürger, sich zu verstellen und zu verkleiden, erfahren im Spiel mit dem Spieler irritierende Geheimnisse über sich und die Welt.« Immerhin führt Falstaff auch die jungen Liebenden Fenton und Nanetta zusammen und versöhnt das Elternpaar Alice und Ford.
Für gewöhnlich verabscheute Verdi jede musikalische Gelehrsamkeit, in »Falstaff« aber wird die von chaotischer Energie strotzende Handlung am Ende zur strengsten musikalische Form, jener der Fuge, gebündelt.
»Tutto nel mondo è burla«, meint der dickbäuchige Outlaw, was man frei mit »Die Welt ist ein Witz« übersetzen könnte. Nicht ohne daran zu denken, dass das englische »wit« auch Esprit und Geistesblitz bedeutet und dass wir den »Witzfiguren« der Bühne so viel schulden.
Ganz zu Recht sprach der dicke Ritter in Shakespeares »Henry IV«: »Menschen aller Art bilden sich etwas darauf ein, mich zu verspotten.« Und ergänzte: »Ich bin nicht bloß selbst witzig, sondern auch die Ursache, dass andere Witz haben.«
Aus dem Falstaff Spezial Opernball 2017.

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