Jeder Schluck ein teurer Genuss: Wer in einem europäischen Nobelrestaurant auf der Getränkekarte Mineralwasser der Marke Bling findet, der wird den Preis womöglich zweimal lesen – und noch immer nicht glauben, was er da sieht. Denn
98 Euro für eine 0,75-Liter-Flasche wirkt zunächst wie ein Druckfehler. Doch das Wässerchen kostet tatsächlich so viel wie ein ganzes Menü, und das vor allem deshalb, weil die satinierte Flasche mit Kristallen der österreichischen Luxusfirma Swarovski besetzt ist. Verschlossen ist das Ganze mit einem Naturkorken.
Bling stammt aus den USA und wird vor allem in teuren Luxusrestaurants mit betuchter und prominenter Klientel angeboten. Das High-Society-Wasser aus einer Quelle in Tennessee durchläuft nach Angaben des Herstellers neun verschiedene Filter, bevor es in die Flasche kommt, sowie eine Ozonbehandlung, eine Ultraviolettbestrahlung und eine Mikrofiltration. Ob man das alles herausschmeckt, ist eher umstritten, doch wer so viel Geld für ein Luxuswasser ausgibt, dem kommt es wahrscheinlich eher auf den Imagefaktor an.
Lifestyleprodukt
Mineralwasser ist längst ein Trendprodukt. In so manchen Top-Restaurants und Luxus-Hotels dieser Welt stehen mittlerweile zehn bis 40 Wässer auf der Getränkekarte. Manche haben sogar eigene Wasserkarten. Ob Voss aus der norwegischen Wildnis, Ty Nant aus Wales oder Fiji aus der Südsee, die Preisspanne reicht von unter zehn bis weit über hundert Euro pro Liter.

Inzwischen gibt es sogar schon speziell ausgebildete Wassersommeliers. So einer ist der Münchner Arno Steguweit. Ausgebildet in Harald Wohlfahrts »Traube Tonbach« im Schwarzwald arbeitete er einige Jahre als Sommelier im Berliner Hotel Adlon, das schon früh mit einer Wasserkarte mit 42 verschiedenen Sorten für Aufsehen sorgte – darunter befand sich ein Wasser aus Japan mit dem Namen Rokko No um mehr als 60 Euro pro Liter.
Ein stolzer Preis für ein Produkt, das aussieht wie bloßes Trinkwasser und auch nicht viel anders schmeckt. Dabei sei der Trend zu den ganz besonders exotischen Luxusmineralwässern bereits wieder im Abnehmen, meint etwa Alfred Hudler, Chef von Vöslauer: »Die Leute wollen nicht mehr, dass ein Mineralwasser extra aus Japan nach Europa und damit rund um den Globus transportiert wird. Das ist ökologischer Irrsinn.«

Alfred Hudler leitet Vöslauer, die absatzstärkste Wassermarke des Landes.
Wasserwahl
Vöslauer ist in Österreich das meistverkaufte Mineralwasser. Hudler war es auch, der vor einiger Zeit den österreichischen Diplomsommelier und Weinakademiker Willi Balanjuk beauftragte, sich für Vöslauer mit der Frage zu beschäftigen, welcher Mineralwassertyp zu welchem Wein passt. Denn obwohl exotische Wässer nur einen kurzfristigen Hype ausgelöst haben, wird insgesamt immer mehr Mineralwasser zu gutem Essen und damit zu Wein getrunken. Dabei handelt es sich aber vorwiegend um nationale Marken und Sorten. »Wasser als Begleiter zu Wein ist ein absoluter Trend geworden«, sagt Hudler, »das richtige Wasser kann guten Wein und gutes Essen noch mehr zur Geltung bringen, das falsche Wasser kann aber auch empfindlich stören.«
Der Geschmack des Wassers
In mehreren Blindverkostungen und ausführlichen Studien kam Weinexperte Balanjuk schließlich zu einer ganzen Reihe von Erkenntnissen. Zunächst stellte sich die Frage, weshalb gutes Mineralwasser überhaupt den Weingenuss verstärken kann. Die Antwort ist einfach: »Weil der Gaumen leicht ermattet, ist die wiederholte Erfrischung der Geschmacksknospen und der Schleimhäute grundsätzlich wichtig«, so der Experte. Es kommt aber auch auf die Sorte und die Art des Wassers an. Bestimmte Wassersorten haben schon aufgrund ihrer mineralischen Inhaltsstoffe einen deutlichen Eigengeschmack, der den Weingenuss erheblich beeinträchtigen kann. So bewirkt etwa ein höherer Gehalt an Natrium ebenso wie ein hoher Kaliumanteil auf der Zunge eine eher salzige Geschmacksnote, die in Kombination mit Wein nicht so ideal ist. Auch ein allzu hoher Magnesiumanteil im Wasser kann beim Wein Bitternoten im Abgang erzeugen, ähnlich wirkt sich eine hohe Sulfatkonzentration aus. Kalzium dagegen ist geschmacksneutral, auch der Härtegrad des Wassers ist nicht entscheidend.

Ganz deutlich werden die Unterschiede aber beim jeweiligen Anteil der Kohlensäure. Für den Konsumenten ist daher die Frage entscheidend, ob er prickelndes, mildes oder Mineralwasser ganz ohne Kohlensäure für den jeweiligen Weintyp wählt. Balanjuk: »In diesem Bereich haben sämtliche Verkostungen deutliche und auch nachvollziehbare Unterschiede ergeben.«
WASSERQUARTETT
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Text von Herbert Hacker