Karl Kaiser im winterlichen Weingarten

Karl Kaiser im winterlichen Weingarten
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Weinpionier Karl Kaiser in Kanada verstorben

Der gebürtige Österreicher hat zur Geschichte des Weinbaus in Kanada maßgeblich beigetragen. Seine internationalen Erfolge bleiben unvergessen.

In Kanada wird zwar schon seit dem frühen 19. Jahrhundert Weinbau betrieben, doch hatte die Kultivierung von robusten Hybrid-Reben wenig mit dem zu tun, was wir uns heutzutage unter Qualitätsweinen vorstellen. Es war der gebürtige Österreicher Karl Kaiser, der Mitte der 1970er-Jahre zusammen mit seinem Partner Donald Ziraldo die kanadischen Weine auf ein neues Niveau hob. Erstmals wurden edle Vinifera-Reben angebaut – Riesling, Chardonnay und Gamay waren die ersten Sorten des neu gegründeten Weinguts Inniskillin. Keiner wusste damals, wie diese Reben die strengen Winter überstehen, aber das Risiko wurde belohnt. Heutzutage produziert Kanada elegante und feinfruchtige Weine, die internationales Top-Niveau erreichen.
Karl Kaiser kam im Kriegsjahr 1941 als siebentes von später neun Kindern in St. Veit an der Gölsen südlich von St. Pölten auf die Welt. Der begabte Schüler wurde mit zwölf Jahren in das Zisterzienser-Kloster im nahe gelegenen Lilienfeld entsandt, wo er eine Ausbildung zum Pfarrer begann. Neben Latein und Griechisch lernte er auch die Grundzüge des Weinbaus, indem er den Mönchen beim Keltern assistieren durfte. Es muss ein weiser Abt gewesen sein, der Kaisers weltoffenes Wesen und eine Vielzahl an unbeantworteten Fragen sah und ihm davon abriet, sein Leben im Kloster zu verbringen. Kaiser arbeitete dann als Lehrer, als er bei einem Heurigen seine spätere Frau Sylvia Petritsch kennen lernte. Petritsch war in Niederösterreich geboren, aber nach Kanada ausgewandert und auf Heimatbesuch bei ihren Großeltern, die ein Weingut und besagten Heurigen besaßen. Später sagte Kaiser, dass er an diesem Weingut mehr über Wein lernen konnte als im Kloster.

Aufbruch in eine neue Welt

Nach der Heirat im Jahr 1967 zog das Paar zwei Jahre später nach in Kanada, wo Silvias Eltern bereits lebten. Kaiser studierte an der Brock University in St. Catherines unweit der Niagara Fälle und machte 1974 seinen Abschluss als Chemiker. Im selben Jahr erlangte er zusammen mit seinem Partner Ziraldo die erste Weinbau-Lizenz in Kanada seit der Prohibition. Die beiden widmeten fortan ihr Leben dem kanadischen Weinbau und waren maßgeblich an der Gründung der Vintners Quality Alliance (VQA) beteiligt. Dabei handelt es sich um ein Qualitäts- und Appelationssystem nach dem Vorbild der großen europäischen Weinbauländer.

Welterfolg mit Eiswein

Im Jahr 1991 setzte Kaiser als Kellermeister von Inniskillin den bislang wohl größten Meilenstein in der Geschichte des kanadischen Weinbaus. Sein Inniskillin Vidal Icewine 1989 setzte sich auf der berühmten Weinmesse VinExpo in Bordeaux gegen 4000 Mitbewerber durch und gewann den Grand Prix d'Honneur. Dies brachte dem Weinland Kanada erstmals weltweite Anerkennung und trug maßgeblich zum Selbstbewusstsein der Winzer bei. Es motivierte sie zu weiteren Bemühungen, um internationales Top-Niveau zu erreichen. Der Eiswein-Triumph blieb keine Eintagsfliege – es folgten zahlreiche eindrucksvolle Auszeichnungen, auch für Tafelweine.
Wenn jemand sein Leben dem kanadischen Wein widmet, dann färbt das naturgemäß auch auf seine Familie ab. Karl Kaiser hat drei Kinder, die alle in der Weinbranche erfolgreich tätig sind.

Akademisches Vermächtnis

Auf Initiative und unter der Führung von Karl Kaiser wurde an der Brock University das Cool Climate Oenology and Viticulture Institute (CCOVI) gegründet sowie das Oenology and Viticulture (OEVI) undergraduate Programm gestartet. Kaiser glaubte stets daran, dass eine Weinregion nur mit analytischem Forschungshintergrund erfolgreich sein kann und leistete mit seinem universitären Engagement einen unbezahlbaren Beitrag für die solide Entwicklung des Weinbaugebiets Niagara. Die Bemühungen, sein umfangreiches Wissen auch an die nächsten Generationen weiter zu geben, wurden mit zahlreichen Ehrungen belohnt. Schon im Jahr 1994 wurde ihm von der Brock University das Ehrendoktorat verliehen, kurz vor seinem Ruhestand wurde Karl Kaiser 2005 von der Ontario Wine Society mit dem Award für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
Dr. Karl J. Kaiser verstarb am 22. November 2017 im Alter von 76 Jahren in Niagara Falls. Die zahlreichen respektvollen und würdigenden Reaktionen der kanadischen Weinwelt dokumentieren den Stellenwert, den der gebürtige Österreicher in Kanada erlangt hat. Unter anderem beteiligten sich 300 Winzerkollegen, Wegbegleiter und Freunde an einer gemeinsamen Eisweinlese in Gedenken an den Pionier. Unser ganzes Mitgefühl gilt seiner Familie, seiner Frau Sylvia, seinen drei Kindern und den sieben Enkeln.

Bernhard Degen
Autor
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