Wein und Kunst in der Toskana

Der Hang von Weingutsbesitzern zur bildenden Kunst erlebt eine Renaissance. Ihre großartigen Weine machen die Sache erst richtig interessant.

Landbesitz war früher ein Privileg des Adels. Daher lag auch die gewerbliche Weinproduktion größtenteils in seinen Händen. Noch heute zählen traditionsreiche Adelshäuser zu den maßgeblichen Protagonisten der Weinproduktion in der Toskana.

Caravaggio und Chianti

Die Principe Corsini gehören zu den einflussreichsten Adelsfamilien Mittelitaliens. Sie stellten unter anderem einen Papst und viele hohe kirchliche Würdenträger. Schon früh traten die Corsinis als Mäzene auf und schufen eine der umfangreichsten Privatsammlungen. Den Palazzo Corsini in Rom und einen Teil der Sammlung Fattoria (Gehöft) würde ­solch ­einen Prachtbau andernorts wohl niemand ­nennen: die ­Villa le Corti in San Casciano/Foto: Othmar Kiemvermachten die Corsinis Ende des 19. Jahrhunderts dem italienischen Staat. Der Palazzo Corsini in Florenz aber befindet sich nach wie vor in Familienbesitz – und mit ihm auch Werke unsterblicher Meister wie Botticelli, Raffael, Caravaggio, Van Dyck, Rubens oder Bernini. Doch nicht nur die Kunst, auch der Wein spielt für die Familie Corsini eine wichtige Rolle. Duccio Corsini hat vor gut 20 Jahren damit begonnen, den Wein unter eigenem Namen zu produzieren. In der prachtvollen Renaissancevilla Le Corti in San Casciano erzeugt er feinen Chianti Classico.

Im Palazzo der Principe ­Corsini befindet sich eine umfang­reiche Privatsammlung/Foto: Othmar Kiem Kombination von Kunst- und Weingenuss
Sein Don Tomaso und die Riserva Cortevecchia zählen im Bereich des Chianti Classico zu den absoluten Spitzenweinen. In der südlichen Maremma an der Küste der Toskana betreibt Duccio Corsini noch ein weiteres Weingut: La Marsigliana. Daneben betätigt sich die Familie Corsini weiterhin als Kunstmäzen und verleiht Werke an ­Galerien und Museen auf der ganzen Welt. Seit einiger Zeit ist Duccio Corsini dazu übergegangen, die Werke aus dem Familienbesitz bei Präsentationen mit seinen Weinen zu begleiten. So wurden etwa im Getty Museum in Los Angeles und in der National Gallery of Canada in Ottawa zur Präsentation einer Büste von Bernini Don Tommaso und Chianti Classico von Le Corti getrunken. Duccio Corsini möchte so die Verbindung der Kunstwerke mit der Familie herstellen, aber auch auf die prachtvolle Landschaft hinweisen, aus der diese Werke stammen.

Michelangelo Pistoletto schuf 2000 im Abgang zum historischen Gewölbe­keller seinen »Baum von Ama«/Foto: beigestelltAlte Tradition, moderner Fokus

Viele der heute berühmten Weingüter im Chianti entstanden erst seit den Siebzigerjahren. Einen Brückenschlag über die Jahrhunderte machend, greifen einige von ihnen die alte Verbindung von Wein und Kunst auf. Da sie in den meisten Fällen auf keine alten Bestände zurückgreifen können, haben sie sich auf die Sammlung und die Präsentation zeitgenössischer Kunst spezialisiert.

Weine für Liebhaber
Lorenza Sebasti und Marco Pallanti kamen beispielsweise in den späten Achtzigerjahren nach Castello di Ama. Marco war Önologe, Lorenza sollte als Tochter eines der Besitzer das Weingut leiten. Mit ihren Weinen haben die beiden Geschichte geschrieben. Castello di Ama war eines der ersten Weingüter, die auch im Ultrapremiumsegment konsequent auf Chianti Classico setzten. Auf Ama verzichtete man bewusst auf die Riserva-Bezeichnung und ging stattdessen dazu über, die Weine getrennt nach Lagen auszubauen und abzufüllen. Der Chianti Classico Castello di Ama und die Lagenweine Casuccia und Bellavista sind heute Referenzpunkte in der Toskana. Hinzu kommt der formidable Apparita, ein reinsortiger Merlot, der bei Liebhabern sehr gesucht ist.

Verbinden Wein gekonnt mit Kunst: Marco Pallanti und Lorenza Sebasti, die beiden Köpfe des Weinguts Castello di Ama/Foto: beigestellt

Weingut als Inspirationsquelle für Künstler
Im Laufe der Jahre entdeckten Lorenza Sebasti und Marco Pallanti immer mehr auch ihre Liebe zur Kunst. »Ama ist ein ganz besonderer Ort. Das versuchen wir auch mit unseren Weinen, die sehr terroirbezogen sind, auszudrücken. Uns reizte die Idee, Künstler für einige Zeit einzuladen, damit sie hier mit ihren eigenen Mitteln den Genius Loci er­forschen können«, meint Marco Pallanti zurück­blickend.
Der Reigen begann mit dem italienischen Künstler Michelangelo Pistoletto, der im Jahr 2000 im Abgang zum historischen Gewölbekeller seinen »Baum von Ama« schuf. Im Jahr danach war Daniel Buren an der Reihe. Er stellte eine Wand in den Garten und schuf mit Spiegeln und Fensterdurchbrüchen ein reizvolles Spiel von Durch- und Einsichten.

Auch Louise Bourgeois trug dazu bei, dass Ama zum Gesamtkunstwerk wird/Foto: beigestelltGesamtkunstwerk
In den kommenden Jahren folgte jährlich ein weiterer Künstler oder eine Künstlerin: Darunter waren Giulio Paolini, Kendell Geers, Anish Kapoor, Chen Zen und Carlos Garaicoa. Nedko Solakov überzog schließlich die ganze Villa mit seinen witzig-hintergründigen Doodles-Figuren. Ihm folgten Cristina Iglesias und Louise Bourgeois nach. Den bisherigen Abschluss machten Ilya und Emilia Kabakov. All diese Kunstschaffenden tragen mit ihren Werken dazu bei, dass aus Ama allmählich ein Gesamtkunstwerk entsteht. Lorenza Sebas­ti und Marco Pallanti schwebt genau diese Entwicklung vor. Besucher sollen nicht nur des Weins wegen nach Ama kommen, sondern hier verweilen und dem Genius Loci nachspüren. Seit vergangenem Jahr haben die beiden auch eine junge Kunsthistorikerin engagiert, die Interessierte mit Begeisterung durch die kunstvolle Welt von Ama führt.

Den vollständigen Text lesen Sie im Falstaff Nr. 1/2011.

> Zu den Weingütern und Übernachtungsmöglichkeiten

> Zu den Verkostungsnotizen

> Zu den Weinen unter 90 Falstaff-Punkten

Falstaff bietet in Kooperation mit Ruefa Reisen eine Gourmetreise auf den Spuren von Kunst und Wein in die Toskana an. Mehr Ihformationen dazu finden Sie HIER.

Text von Othmar Kiem

Othmar Kiem
Othmar Kiem
Chefredakteur Falstaff Italien
Mehr zum Thema
Advertorial
Frühlingshafte Gefühle!
Mit dem ersten Hauch des Frühlings erwacht auch das Weingut Schneeberger zu neuem Leben, und das...