Was kommt nach Parker?

Falstaff sprach mit führenden Weinhändlern über die zukünftige Bedeutung von Parker-Punkten und den umstrittenen Subskriptionsmarkt.

Robert Parker hat als führender Weinkritiker die Preise von Bordeaux-Weinen maßgeblich ­beeinflusst. Es sind seine Bewertungen, die nach wie vor zählen. Aber wie lange noch?

Interviewpartner: 

Alexander Margaritoff
Hawesko Holding AG, Hamburg

Katharina Wolf
WeinArt Wolf & Co. KG, Steinbach am Attersee

Heiner Lobenberg
Gute Weine Lobenberg, Bremen

Michael Grimm
Bacchus-Vinothek, Rottweil

Falstaff: Welche Bedeutung hat Robert Parker heute noch? 
Alexander Margaritoff: Robert Parker war wegweisend, er hat den Leuten Halt gegeben. Mittlerweile gibt es auch andere große Leute, Verkostungen und Ratgeber. Aber Robert Parker hat die Weinlandschaft in den letzten 20 Jahren mitgeprägt.

Katharina Wolf: Nach wie vor spielen Parker-Punkte die wichtigste Rolle bei der Bewertung von Bordeaux-Weinen. Zwar sind heute auch andere Bewerter von großer Wichtigkeit, aber Parker ist international gesehen noch immer die Nummer eins.

Heiner Lobenberg: »Die Kunden reagieren extrem preissen­sibel« / Foto beigestelltHeiner Lobenberg: Der Verkauf des »Wine Advocate« lässt eine Verschlechterung der journalistischen Arbeit befürchten, Antonio Galloni ist ja schon aus diesem Grund gegangen. Bei der 2013er-Kampagne ist es egal, ob Parker verkostet oder nicht, jeder weiß, dass es ein schwacher Jahrgang mit nur wenigen großen Weinen wird.

Michael Grimm: Subskription geht auch ohne Parker – siehe Jahrgang 2002, als er nicht verkostete –, allerdings funktioniert es vermutlich weniger gut in Jahrgängen mit großem spekulativem Moment und extrem hohen Preisen. In »normalen« Jahren sind für Weinliebhaber die Bewertungen der anbietenden Händler umso wichtiger. Und die Händler müssten hier wieder mehr Profil zeigen. Viele Internetshops verweisen nur noch auf Parker, »Wine Spectator«, »Decanter« …, und den Preis. Wie langweilig!

Falstaff: Wenn Sie den früheren Subskriptionsmarkt und den der letzten Jahre miteinander vergleichen: Was sind die augenfälligsten Veränderungen? Gibt es eindeutige Trends im Verhalten der Käufer? 
Alexander Margaritoff: In Deutschland gibt es die Bordeaux-Subskription seit Anfang der 80er-Jahre. Damals waren die Preise für die Weine der Top-Châteaux noch sehr human, und auch die Mengen, die beispielsweise für den deutschen Markt zur Verfügung standen, waren sehr interessant. Die Primeurs beispielsweise konnte man als Endverbraucher in der Subskription für weniger als 100 D-Mark beziehen. Heutzutage kosten diese Weine ein Vielfaches davon, nicht zuletzt deshalb, weil auch die Nachfrage beispielsweise aus Fernost stark gestiegen ist.

Alexander Margaritoff: »zu früh, um ein Urteil zu fällen« / © Hawesko
Katharina Wolf: Na ja, der Subskriptionsmarkt in den letzten drei Jahren war komplett uninteressant. Für Händler war es so gut wie unmöglich, Geld zu verdienen. Daran waren aber nicht die ausbleibenden Kunden schuld, sondern die übermütigen Weingüter.

Heiner Lobenberg: Die Kunden achten mehr auf die Klasse des Jahrgangs und reagieren auf schwächere Jahrgänge extrem preissensibel. Auch folgt man nicht mehr automatisch einem Château.

Michael Grimm: Früher gab es in der Subskription eine Handvoll Weine, heute mehr als 200. Früher wurde nur für den Eigenkonsum gekauft. Heute mehr und mehr auch aus spekulativen Gründen. Auf der anderen Seite ist die Konkurrenz für Bordeaux enorm gewachsen. Den klassischen Bordeaux-Käufer (der ausschließlich Bordeaux-Weine kauft) gibt es so nicht mehr.
 
Falstaff: Château Latour ist aus dem Primeurhandel ausgestiegen. Es mehren sich die Stimmen, die ein baldiges Ende des Subskriptionsmarkts prophezeien. Teilen Sie diese Auffassung?
 
Alexander Margaritoff: Château Latour ist schon immer eigene Wege gegangen, und seit ich im Geschäft bin – und das sind immerhin schon 33 Jahre – hat es immer wieder Gerüchte gegeben, dass sich der Subskriptionshandel überlebt hat. Das glaube ich aber nicht.

Katharina Wolf: Ich denke nicht, dass uns das Ende des Subskriptionsmarkts bevorsteht. Es hängt nicht an einem einzelnen Betrieb. Die angespannte Situation momentan ist die Rechnung für die Übertreibungen der Châteaux, aber das hatten wir bereits in der Vergangenheit – und der Markt hat sich immer wieder erholt.

Heiner Lobenberg: Es werden immer mehr Châteaux mit Weinen aus dem niedrigen und mittleren Preissegment Direktkontakte mit ausgewählten Importeuren dem Place Bordeaux vorziehen – oder mit Agenturen arbeiten statt mit Négocianten. Sie werden also immer mehr zu normalen Weingütern werden. Diese Entwicklung ist zu begrüßen. Die Preisspinner mit extremen Schwankungen werden den Place Bordeaux aber weiter nutzen.

Michael Grimm: »Es gibt noch gute Bestände aus 2011 und 2012« / Foto beigestelltMichael Grimm: Die Bordeaux-Subskription bleibt! Sie ist und bleibt eine großartige Möglichkeit, um sich zum frühestmöglichen Zeitpunkt seine Weine zu sichern. Und wo sonst können Sie selbst entscheiden, ob Sie Ihren Wein in der 0,75-Liter-Flasche, der Magnum, der Imperial oder der halben Flasche haben möchten?
 
Falstaff: Ihre Prognose für die 2013er-Kampagne? 
Alexander Margaritoff: Es ist noch zu früh, um ein Urteil zu fällen.

Katharina Wolf: Nachdem wir erst in zwei Wochen in Bordeaux sein werden, ist die momentane Einschätzung schwierig. Eines ist klar: Die Preise müssen noch einmal deutlich gesenkt werden. Als Endverbraucher sollte man sich sehr gut beraten lassen, da nicht alles spannend sein wird, was auf den Markt kommt.

Heiner Lobenberg: 2013 ist qualitativ schwach, und das Preisniveau noch viel zu hoch. Wir werden sehen. Ich erwarte eine Kleinstkampagne, in der ich nur den wirklich guten Weinen folge. »In schlechten Jahren kauft man nur große Weine« – das ist eine alte und richtige Erkenntnis. Daher befürchte ich, dass kleine Châteaux – ebenso wie wir Händler – ein Desaster erleben werden. Wohl dem, der 2012 noch mal anbieten kann und viele Weine in der Preisklasse bis 50 Euro aus 2009 und 2010 gebunkert hat.

Michael Grimm: Es wird schwierig werden. Es gibt noch gute Bestände aus 2011 und 2012. Aber eine Prognose möchte ich erst nach meiner Verkostung wagen.

Aus Falstaff Nr. 03/2014