Marchese Leonardo Frescobaldi

Marchese Leonardo Frescobaldi
© Falstaff/Degen

Verkostung mit Marchese Leonardo Frescobaldi

Das Oberhaupt der italienischen Wein-Dynastie präsentierte hochkarätige Vertreter der Weingüter Pomino, Castiglioni, Castelgiocondo und Nipozzano.

»Zeit ist im Zusammenhang mit Wein immer etwas Gutes. Guter Wein wird mit der Zeit immer besser.« Marchese Leonardo Frescobaldi teilt bei seinen Verkostungen nicht bloß Wein, sondern auch Lebensweisheiten. 1942 in Florenz geboren, hat er nach der Matura Politikwissenschaften studiert und lange Zeit in den USA gelebt. Der Ehrenpräsident der Marchesi de’ Frescobaldi präsentiert die Weine der verschiedenen Familienweingüter nicht anbiedernd und reißerisch, sondern lässt sie für sich sprechen. Das Unternehmen genießt die privilegierte Situation, dass alle Weingärten in Familienbesitz sind und dass keine einzige Traube zugekauft werden muss. Der Name Frescobaldi steht für verlässliche und langlebige Weine, deren volles Potenzial sich oftmals erst mit vielen Jahren Reife entfaltet.

Frescobaldi verkörpert die Essenz der Toskana, die außergewöhnliche Berufung zum Weinbau, die Vielfalt der Böden. Die Familienweingüter Castiglioni, Nipozzano, Pomino, Rèmole, Castelgiocondo und Àmmiraglia profitieren von unterschiedlichsten Böden und Klimata. Im September diesen Jahres wurde zudem das Weingut San Donato in Perano acquiriert, womit die Familie auch im Chianti Classico vertreten ist. Auch wenn sich die Stilistiken der Weine dadurch unterscheiden und durchaus herausgearbeitet werden, gibt es eine übergeordnete Klammer und Wiedererkennbarkeit: Engmaschige Tannine, vielschichtige Aromatik und tiefgründige Struktur. Auf den heutzutage reduzierten Barrique-Einfluss angesprochen, erzählt Leonardo Frescobaldi von den ersten Erfahrungen mit den kleinen Eichenfässern:

»Wir haben uns in Barrique verliebt. Immer wenn man verliebt ist, übertreibt man am Anfang.«

Perfekt inszeniertes Tasting-Setting.
© Falstaff/Degen
Perfekt inszeniertes Tasting-Setting.

Mormoreto Vertikale

Der Höhepunkt der Verkostung Mitte Oktober im Wiener Palais Hansen Kempinski war mit Sicherheit die kleine Mormoreto-Vertikale mit dem aktuellen Jahrgang 2013 sowie 2004 und 2000. Der 2013er strotzt vor jugendlicher Kraft und präsentiert sich kräftig, fruchtbetont und schmelzig, wobei durchaus noch einiges Potenzial erkennbar ist. Auf den 2004er treffen die beiden wichtigsten Merkmale für Leonardo Frescobaldi idealtypisch zu: »Eleganz und Balance sind für mich die wichtigsten Eigenschaften eines großen Weines«. Die rubinrote Farbe wirkt für den 13 Jahre alten Wein noch sehr jugendlich – in der Nase zeigen sich duftige Beerennoten, Cassis und balsamische Töne. Am Gaumen wunderbar balanciert, fruchtig, tief und lang ist er wohl am Reifehöhepunkt, der durchaus noch andauern darf. Der 2000er zeigt immer noch Größe, gefällt mit seinen reifen Granat-Nuancen und seiner dunklen Würze am Gaumen, kann aber nicht ganz an die Brillanz des 2004ers anschließen.

Bernhard Degen
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