Ungarns »Winzer des Jahres« unter »Pansch-Verdacht«

Ungarn wird seit einigen Wochen von einem Panschskandal erschüttert, der unabsehbare Folgen für die Weinwirtschaft des Landes haben könnte. Im Zentrum steht einer der prominentesten Weinerzeuger des Landes: Vincze Béla aus Eger.

Wie ungarische Medien heute berichten, wird der 2005 als »Winzer des Jahres« ausgezeichnete Erzeuger in den kommenden drei Jahren die Herkunftsbezeichnung Eger nicht mehr benutzen dürfen.
Zunächst hatte das Nachrichtenmagazin für Wirtschaft und Politik »HVG« Ende November darüber berichtet, dass in den Kellerbeständen des Produzenten Weine gefunden wurden, die offensichtlich mit Glyzerin »angereichert« waren. Es handelte sich um eine Partie von 250 Hektoliter des 2007er Egri Bikavér (Erlauer Stierblut). Wie sich herausstellte, war der Wein aber nicht nur gepanscht, sondern auch das Herkunftszeugnis des Weins gefälscht. In dem für den Export bestimmten Wein war bei der Labor-Analyse 21,6 Gramm Glyzerin pro Liter gefunden worden. Das ist etwa die dreifache Menge Glyzerin, wie sie normalerweise in solchen Weinen vorkommt. Erste Ermittlungen ergaben, dass ein Beamter dem Winzer geholfen hatte, in dem er die gefälschten Unterlagen abstempelte und den Wein damit als den Vorgaben entsprechend deklarierte.
Der Schwindel war bei einer Kontrolle durch die Direktion für Weinqualifizierung des Landwirtschaftsministeriums (OBI) aufgeflogen. Darauf wurde die Kellerei zunächst für 30 Tage geschlossen. Gegen Vincze und den zuständige Leiter des Weinwirtschaftsrates wurde Anzeige wegen Urkundenfälschung und Betrug erstattet. Inzwischen wurden auch in Geschäften Proben von Weinen Vinczes und anderen Erzeugern aus Eger genommen. Auch da wurden die staatlichen Kontrolleure fündig. Auch ein Cabernet Franc des Jahrgangs 2005 sowie ein Blaustengler und ein Blauburger des Jahrgangs 2006 enthielten eine Überdosis Glycerin. Offenbar hatte der Vincze über längere Zeit und systematisch mit Glycerin-Anreicherungen gearbeitet.
Kenner der Szene halten es nicht für ausgeschlossen, dass dieser Skandal noch weitere Kreise ziehen könnte. Darauf macht Gergely Kispál in einem ausführlichen Artikel für die Budapester Zeitung aufmerksam und findet, dass der Fall Béla Vincze für den ungarischen Weinbau leicht zur Katastrophe werden könnte: »Die Tatsache, dass er zu ähnlichen Mitteln greift wie die zurecht berüchtigten Massen-Weinfabriken in der Großen Tiefebene ? die regelmäßig 30-Tage-Sperren kassieren ?, wirft einen Schatten auf die gesamte ungarische Weinszene, die erst seit etwa zehn Jahren wieder zur Weltspitze zählt.« Anlass zur Sorge, dass Weinfälschung häufiger ist als angenommen, gibt der Fall des Winzers József Sümegi. Dessen Kellerei in Baja wurde erst im Juni dieses Jahres ebenfalls für 30 Tage geschlossen. Sümegi produziert dort zwar keine Spitzengewächse ? aber er ist Vorsitzender der Ungarischen Weinakademie, die Jahr für Jahr den begehrten Titel »Winzer des Jahres« verleiht. Mit dem Prestige dieser Auszeichnung dürfte es einstweilen vorbei sein, meldet Falstaff-Ungarn-Korrespondent Mario Scheuermann.

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