Unfaire Steuer: Italiener jubeln über Gratis-Marktanteile!

Die Sektsteuer wurde nun, für niemanden wirklich nachvollziehbar, wieder eingeführt. Und zwar in ziemlich diskriminierender Weise. Die Geschichte eines Skandals.

Eduard Kranebitter, der Chef von Schlumberger, schäumt: »Diese Sektbesteuerung ist diskriminierend, dumm und bringt uns langfristig um. Entgegen vieler Beteuerungen aus der Politik noch vor wenigen Wochen, wurde diese Unsinnssteuer nun tatsächlich durchgezogen.« Aufgrund einer EU-Regelung (Steuerfreiheit bei Schaumgetränken bis 3 Bar) kann der Fiskus in Österreich Prosecco und Frizzante nicht besteuern. Sehr wohl aber Champagner und Sekt. Für Kranebitter von Schlumberger, dem Marktführer auf dem heimischen Schaumweinmarkt, ist diese Steuer »zerstörerisch und im höchsten Maße unfair«. Wer Kranebitter, den erfolgreichen Manager und Bergsteiger aus Tirol, kennt, weiß, dass er sich das nicht gefallen lassen wird. Gemeinsam mit seinem Eigentümer Emil Underberg ist ihm an Konsequenzen auch alles zuzutrauen. Von einer Absiedelung der Unternehmenszentrale ins weniger diskriminierende Ausland bis hin zum Verkauf könnte alles passieren. Insider aus den Koalitionsverhandlungen berichten, dass bei den Steuererhöhungen – neben den ebenfalls unfassbaren, bis zu 100%igen Besteuerungen etwa bei Luxuskarossen und Sportwägen – parteiideologische Motive durchaus eine Rolle gespielt haben. Quasi: Wer Champagner und Sekt trinkt, soll zur Kasse gebeten werden. Wer ein teures Auto fährt, kann auch noch viel mehr Steuern zahlen. Angeblich war auch ein Angriff zur generellen Besteuerung von Wein geplant, der konnte aber durch die stärkere Weinbauernlobby gerade noch abgewehrt werden. Der Kompromiss scheinen jedoch die Schaumweinsteuer und höhere Abgaben auf hochprozentige Getränke gewesen zu sein. Dass von der Schaumweinsteuer auch 3000 Weinbauern als Lieferanten der Sektproduzenten massiv betroffen sein werden, dürfte allerdings übersehen worden sein.

Willi Klinger / © ÖWM, Lalo Jodlbauer»Das ist Diskriminierung pur«

»Ich verstehe den Gesetzgeber wirklich nicht«, empört sich der Chef der Österreichischen Weinmarketing Gesellschaft Willi Klinger. »Es gab gute Gründe, dass man die Sektsteuer 2005 abgeschafft hat, weil man dem heimischen Sekt nicht noch mehr Absatzschwierigkeiten und Schaden zufügen wollte und sich der Aufwand bei der Einhebung dieser Abgabe als so hoch herausstellte, dass er in Relation mit den Einnahmen nicht mehr gerechtfertigt war. In der Zwischenzeit hat sich die Marktsituation für österreichischen Sekt nicht verbessert, sondern eher verschlechtert – und jetzt führt man die Steuer wieder ein? Die wirklich Leidtragenden sind 3000 Winzer und die gesamte österreichische Sektproduktion. Frizzante und Prosecco aus Italien dürfen sich freuen, da sie es als ein Produkt mit weniger Qualität als der Sekt ohne diese Steuerbelas­tung noch leichter haben werden, neue Marktanteile zu erringen. Das Gesetz ist eine unüberlegte Hauruck-Aktion, und es würde mich nicht wundern, wenn man schon in wenigen Jahren diese Abgabe wieder abschaffen würde. Dann darf man sich allerdings sehr berechtigt fragen: Wozu dieser ganze Aufwand?«

Eduard Kranebitter / © Schlumberger»Ich verstehe die Welt nicht mehr«
»Da wurde vor neun Jahren die absolut unsinnige Sektsteuer endlich abgeschafft, nachdem auch jeder kritische Finanzbeamte im Ministerium erkennen musste, dass diese Steuer – gemessen am administrativen Aufwand – zu wenig bis nichts bringt. In den Jahren der Sektsteuer bis 2005 verloren die heimischen Sektproduzenten an die Erzeuger von Prosecco und Co., die auch damals keine Sektsteuer zahlen mussten, 25 Prozent Marktanteil. Und jetzt leistet sich der Gesetzgeber nochmals so ein Husarenstück! Das Ergebnis wird sein, dass die heimische Sektwirtschaft, die ohnehin einen Preisverfall ohne Ende und den Verlust von Marktanteilen zu erleiden hat, zusätzlich geschwächt wird. Die Einzigen, die jubeln, sind die Italiener mit ihrem billigen Prosecco. Das verstehe wer will, wir tun es nicht mehr!«

Text von Wolfgang Rosam
Aus Falstaff Nr. 01/2014

Wolfgang Rosam
Wolfgang Rosam
Falstaff Herausgeber