Der Elefanten Salon in der »Villa Kellermann«.

Der Elefanten Salon in der »Villa Kellermann«.
© Nils Hasenau

Trendfarben 2020

Die Farbenhersteller präsentieren ihre Trendnuancen und PROFI ist berauscht von der Vielfalt. Wobei: im nächsten Jahr geht man es recht gelassen an.

Classic Blue also. Die »Pantone« Farbe des Jahres 2020 wurde Anfang Dezember mit großem Tamtam verkündet. Elegant und zeitlos sei die Nuance 19-4052, heißt es von Seiten des Farbinstituts. Ob es der Farbton zu Ruhm und Ehre schafft? Man wird sehen. »Rose Quartz« (2016) hallt bis heute nach, immer noch bestimmen pinke Farbtöne das Interieur – oder zumindest Social Media. »Ultraviolet« (2018) hat dagegen, wenn man ehrlich ist, kaum jemanden interessiert. Aber nicht nur beim Farbinstitut Pantone weiß man um die öffentliche Wirkung einer solchen Publikation. Farben- und Papierhersteller aus den USA und Großbritannien buhlen jedes Jahr um die Aufmerksamkeit. Das Interessante daran: Man erkennt tatsächlich gewisse Strömungen, man kann herauslesen, wie sich die Welt ­verändert. Farbe ist und bleibt das Stilmittel Nummer 1. Relativ leicht zu ändern und mit einer unvergleichlich hohen Wirkung auf den Betrachter. Schon seit Jahren kann man beob­achten, dass sich die Menschen wieder mehr trauen. Die Farben sind nach einer richtiggehenden »Neutral-Mania« wieder kräftiger geworden, was bitte nicht mit schreiend verwechselt werden darf.

Kontraste machen den Unterschied

Kontraste werden immer salonfähiger, auffällig, aber nicht zu hart. Grün und Pink bzw. Rosa war so eine Kombi der letzten Zeit. In einem Interview mit PROFI nannte die Interior Designerin Ester Bruzkus etwa Petrol und Orange einen »gerade aufflammenden Trend«. Auch Senf ist beliebt. Kombiniert mit gold und grün – oder einem kräftigen Blau. Designer Andreas Wessely (»St. Corona Interiors«) setzt bei seinem unlängst eröffneten Projekt »Fernblick« in den Zimmern etwa auf Senf in Kombi mit Dunkelgrau. Ein Klassiker, der neu gedacht wurde: Braun. Klingt langweilig, die wenigsten würden Braun als ihre Lieblingsfarbe deklarieren. Der seit Jahren zu beobachtende Trend hin zu Farbtönen, die der Natur entspringen, macht es aber möglich, dass Cognac, Toffee, Tobacco oder Cinnammon (die Farbenwelt ist eine englischsprachige) für Aufsehen sorgen. Die Paarung mit Salbeigrün ist wohl eher für Mutige, aber Blau geht immer.

Ein bisschen Mutig

Und da wären wir auch schon beim Liebkind der Farbenhersteller. Und der Menschen en gros, gilt Blau doch seit jeher als Favorit in jeder Umfrage. Der Grund liegt auf der Hand: Blau macht den Einstieg in die Welt der Farben einfacher, es flüstert dir zu: »Trau dich, ich tu auch gar nicht weh.«»PPG Color« und »Sherwin-Williams« haben »Chinese Porcelain« und »Naval« zu ihren Trendfarben auserkoren. Ruhe, Gelassenheit, Friede – das sind Schlagworte, mit denen die Farbhersteller gerne argumentieren. Im jetzt anbrechenenden neuen Jahrzehnt gehe es nicht mehr darum, wie Räume aussehen, sondern wie man sich in ihnen fühlt. Einen Trommelwirbel hat sich diese Erkenntnis vermutlich nicht gerade verdient, aber so ist das mit Trends. Sie verdichten und verstärken sich – bis man irgendwann das Gefühl hat, sie waren schon immer da. »Behr« will uns ebenfalls erden. »Back to Nature« ist ein hellerer Grünton, der vom Hersteller als »vitalisierend« bezeichnet wird. Muss man mögen.

Interior Designerin Stephanie Thaten­horst arbeitet sehr gerne mit Grün: »Es ist sehr dankbar, es passt zu fast allem und man kann aber auch ungewöhnliche Kombis kreieren. Ich mag die helleren Grüntöne am liebsten. ›Blue Grey‹ von ›Farrow & Ball‹ ist zum Beispiel ein toller Ton, den man mit Orangerot gut in Szene setzen kann.« Auch Thatenhorst bestätigt, dass »Back to nature« groß im Kommen bzw. »schon da ist«. Sie weist aber auch darauf hin, dass diese beruhigende Wirkung nicht immer notwendig ist, vor allem nicht in Restaurants.

Zielepochen zitieren aber durch Farben nuancieren

»Signature Walls« sind auch immer ein Thema, wenn es um Akzente geht. Einzelne Wände in einer mutigen Farbe oder – ganz was anderes – mit einer Relief-Tapete ­verkleidet. Noch eine Möglichkeit: Möbel. Diese sind ein Farbkick deluxe. Aber: man sollte das Farbkonzept schon sehr gut durchdacht haben, wer tauscht schon die Möblierung alle paar Jahre aus? Thatenhorst bringt Stoffhersteller ins Spiel, spannende Farben und Muster gibt es hier en masse. Jeder Designer, mit dem man spricht, wird bei der Frage nach Trendfarben prin­zipiell abwiegeln.

Es geht immer um das ­spezielle Projekt, den Genius Loci. So erwähnt die Münchnerin Thatenhorst, dass sie gerne einzelne Stil­epochen zitiert, diese aber durch Farben nuanciert. Oder das »Fernblick«: Ein Wes Anderson-Traum in Pastell. Warum? Designer Andreas Wessely: »Der ›Fernblick‹ war früher ein beliebtes Ausflugslokal – wir haben die Formensprache der hiesigen 1960er-Jahre mit dem opulenten Schick ­dieser Zeit in den USA kombiniert. Es führte kein Weg an Rosa, Türkis und Messing vorbei.« Manchmal kann die Frage nach Trends auch so einfach beantwortet werden. Und ja, alles kommt wieder. Pantones erste Trendfarbe hieß »Cerulean« – ein ­Blauton, der 1999 als ­Jahrtausendfarbe betitelt wurde.

Nicola Afchar-Negad
Autor
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