Traditionelles Kaffeehaus oder globalisiertes Mc Café?

Pro und Contra: Sind Wiener Kaffeehäuser verstaubt oder Bewahrer der Kaffeehauskultur? Sind internationale Kaffeehaus-Ketten eine Bereicherung oder plumper Konformismus?

Als vor einigen Jahren das erste Starbucks in Wien aufgesperrt hat, ging ein Aufschrei durch die Reihen der traditionellen Cafétiers und deren Stammgäste. Die erste Filiale einer internationalen Kaffeehauskette in der Wiege der Kaffeehauskultur! Der Untergang des Abendlandes! Heute gehören Starbucks, Coffeeshop, Mc Café und andere ganz selbstverständlich zum Stadtbild und niemand empfindet mehr etwas dabei. Was hatte man alles befürchtet und heraufbeschworen, aber im Nachhinein betrachtet ist das Rauchverbot in der Gastronomie ein viel schwerwiegenderes Problem als die neue Konkurrenz. Wie sich herausgestellt hat, gibt es nämlich bei den Zielgruppen nur sehr geringe Überschneidungen.

Was ist aber nun das »bessere« Kaffeehaus? Es gibt viele Gemeinsamkeiten und doch gravierende Unterschiede. Die historischen Kaffeehäuser besinnen sich ihrer sozialen und kulturellen Tradition und veranstalten tolle Events wie die »Wiener Kriminacht«, Konzerte, Lesungen und ähnliches. Sehr polarisierend sind aber die altgedienten Kaffeehaus-Kellner, die man ob ihres herben Charmes lieben oder hassen kann. Manche spielen ihre Rolle mit gutem Wiener Schmäh, andere wirken arrogant und behandeln Gäste wie Bittsteller eine Empfindung, die auch der Fast Food-Marktführer in seiner Werbung thematisiert.

In etablierten Kaffeehäusern kann man hervorragende Kaffee bekommen, aber auch so manche Enttäuschung erfahren. In den modernen Kaffeehaus-Ketten gibt es standardisierten Einheitsgeschmack, der durchaus auf hohem Niveau sein kann. Ein Trend weicht allerdings klar von der traditionellen Kaffeehauskultur ab: Früher trank man seinen Kaffee immer in Ruhe, aber heute müssen Koffein-Junkies ihre Sucht schon unterwegs mit Gebräu aus Pappbechern befriedigen in der U-Bahn, in der Straßenbahn oder im Auto. Der seltsam anmutende Anglizismus, der dieses Phänomen bezeichnet, erscheint semantisch betrachtet doch recht passend: Coffee to go. Zum Davonlaufen.

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(von Bernhard Degen)

Bernhard Degen
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