Torres: Expansion in den Süden Chiles – mit Pinot noir

Am Rande eines Tastings in Hamburg verrät Miguel A. Torres sein neuestes Projekt: Pinot noir aus einem bislang unbekannten Eck Chiles – vom Schieferboden.

Jung und neugierig blicken diese Augen drein: Miguel A. Torres, 73 Jahre alt, hat nicht nur sichtliches Vergnügen daran, in der Hamburger Hanse-Lounge mit seinen Tischnachbarn Deutsch zu sprechen – er beobachtet auch sehr genau, ob zur gebratenen Jakobsmuschel die Gläser mit dem Torres-Sauvignon »Fransola« oder diejenigen mit dem Chardonnay Jean Leon »Vinya Gigi« schneller leer werden (gepasst haben übrigens beide sehr gut). Einen Gang später, beim gutseigenen Priorat »Salmos«, der zum butterzarten Lammcarrée gereicht wird, beginnt Torres über die Faszination der Schieferböden zu sprechen. Und schweift bald schon ab vom Priorat – nach Chile.

Scan von Torres' Zeichnung»Unsere Geologen haben jahrelang in Chile nach Schiefer gesucht – und vor etwa zehn Jahren haben sie welchen gefunden.« Dann zückt Torres seinen Kugelschreiber und zeichnet mit wenigen Strichen eine Karte. »Empedrado« heißt die Zone mit dem Schiefer: »die Steinreiche«. Sie liegt weiter südlich als alle Weinbauregionen Chiles, beispielsweise rund 200 Kilometer südlich von Curicó, und nur 20 Kilometer vom Pazifik entfernt nahe der Stadt Constitución. Administrativ gehört »Empedrado« zwar zum Maule Valley – einer großen Weinbauregion. Doch die neu angelegten Torres-Weinberge liegen weitab der anderen Rebflächen. Das bedeutet auch, dass hier Pionierarbeit geleistet werden muss. »Nachdem wir das Land gekauft hatten, haben wir erst einmal zwei Dutzend Rebsorten ausprobiert. Aber für fast alle war es zu kühl. Der Pinot noir jedoch bringt ausgezeichnete Ergebnisse.«

Miguel A. Torres / Foto: beigestelltChilenischer Pinot noir kommt
Daher hat Torres 30 Hektar Pinot noir gepflanzt - überwiegend in Terrassenweinbergen. So wird voraussichtlich im kommenden Winter der erste chilenische Pinot noir vom Schiefer auf dem Markt erhältlich sein. Pinot-Afficionados werden die Ohren spitzen, denn Pinot noir vom Schiefer ist rar und hat den Ruf außergewöhnlicher Delikatesse. Das Ahrtal, Assmannshausen und das neuseeländische Central Otago bringen ebenso gesuchte wie kostspielige Wein-Originale hervor.

Man darf gespannt sein, wie sich Torres' Wagnis in diese Gruppe einreiht. Jetzt schon klar ist, dass es kein Projekt fürs schnelle Geld wird: »Wenn es gut geht, schaffen wir den break even in 20 oder 25 Jahren. Um solche Investitionen machen zu können, muss man erstens ein Familienunternehmen sein. Zweitens muss man ein bisschen verrückt sein. Und vor allem«, Torres nimmt einen kleinen Schluck vom roten Priorat und behält sein Glas danach weiter in der Hand, »vor allem muss man das hier lieben.«

Von Ulrich Sautter

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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