Wenn Branding- und Kommunikationsprofis gemeinsame Sache mit innovativen Baristas machen – dann, ja dann kann etwas Großes entstehen.

Wenn Branding- und Kommunikationsprofis gemeinsame Sache mit innovativen Baristas machen – dann, ja dann kann etwas Großes entstehen.
© Michael Koenigshofer

Top Kaffeeproduzenten

Klein, fair, anders. Gerade im Hospitality-Bereich ist es nicht verkehrt, den Kaffeelieferanten persönlich zu kennen. PROFI setzt auf einen Blend aus Produzenten, die im letzten Jahrzehnt losgelegt haben.

Kaffee ist das vielleicht sozialste Getränk der Welt. Er bringt Menschen zusammen, er ist emotional aufgeladen und: er macht glücklich. Das behauptet zumindest der »Tchibo Kaffeereport 2020«. Über die Hälfte der Befragten (in Deutschland) gaben an, zum Kaffee zu greifen, wenn es ihnen schlecht geht. Nur 11,6 Prozent dagegen zu Süßigkeiten und 3,1 Prozent zu Alkohol. Tchibo ist Röstkaffee-Marktführer in Deutschland, Österreich, Tschechien und Ungarn und wurde 2016 als nachhaltigstes Großunternehmen Deutschlands ausgezeichnet. Beachtlich – und dennoch soll es hier und jetzt um die Kleinen der Branche gehen. Die, die als Quereinsteiger in den Welthandel eingestiegen sind, die, die alles anders machen wollen und die, die jeden Kaffeebauern persönlich kennen.

Gerade im, sagen wir mal speziellen, Jahr 2020 ein Thema, das man zumindest kurz durchdenken sollte. Nur so als Beispiel: die »International Coffee Organization« warnte etwa vor steigender Kinderarbeit in den Herkunftsländern des Kaffees. Stichwort: eingebrochene Weltmarktpreise. Mit Produzenten zusammen zu arbeiten, die man kennt – und die wiederum ihre Liefer­anten kennen – kann hier definitiv dabei helfen, den Gastro- und Hotelleriekunden ein gutes Gefühl zu vermitteln. Ein gutes Gefühl, das auch noch schmeckt.

Ein Auszug aus dem Tchibo Kaffeereport 2020.
Quelle: Tchibo Kaffeereport 2020/Statista; Artwork: Alexander Bayer
Ein Auszug aus dem Tchibo Kaffeereport 2020.

Bieder & Maier

»Bieder & Maier« entführt in das Wien des Jahres 1828, als mit der ersten ­Giraffe Exotik in die Hauptstadt galoppierte und in den Kaffeehäusern Kaffee »à la Giraffe« kredenzt wurde. Noch besser wird die Geschichte, wenn man weiß, dass der Barista mit Nachnamen  Siglreithmaier (kurz »Maier«) heißt. Ding-Ding-Ding-Ding-Ding, eine runde Sache. Die Bohnen werden von Partnern in Zentralamerika, Afrika und Indien gepflückt und in ­einer schonenden Langzeitröstung (22 bis 30 Minuten) weiter verarbeitet. »Wir haben gerade zwei neue Bio-Blends gelauncht und haben somit mit Master, Vienna und Organic drei Lines und sieben Blends«, berichtet Espressoliebhaber und Werber Rudi Kobza, der gemeinsam mit Niclas Schmiedmaier (Controlling und Ressourcen-Management), ­Nikolaus Pelinka (Planung und Strategie), ­Gastroexperte und Trendforscher Alexander Hamersky und besagtem Valentin Siglreithmaier hinter der Kaffeemarke steht.

»Bieder & Maier wird von den Gastronomen bewusst kommuniziert. Bisher gab es wenige Marken aus Österreich, die man als Qualitätsstandard thematisieren wollte«, beantwortet Kobza die Frage nach dem Megatrend Transparancy bzw. dem Fehlen dieser Offenheit, die man von Fleisch und Wein kennt. Im Imagefolder findet sich eine berechtigte Frage: »Konzept, Einrichtung und Karte sind liebevoll abgestimmt. Warum dann nicht auch der ­Kaffee?« Die Gastro – etwa das KaDeWe in Berlin oder das »Taubenkobel« in Ost-Österreich – ­sendet giraffengelbe Liebesgrüße aus Wien, unter anderem mit eigenen Blends oder ­personalisiertem Packaging.

Coffee Circle

52 Mitarbeiter, 10.000 Bestellungen pro Monat, ­davon 3.000 Abonnenten»Coffee Circle« ist gut gewachsen seit der Gründung 2010. Seit 2016 wird auch selbst geröstet, mitten in Berlin. »Auf diese Weise ist ›Coffee Circle‹ noch unabhängiger, transparenter und kann seinen Kunden ein flexibel wechselndes Portfolio bieten«, erklärt Anna Brüderl, Head of Brand Marketing. Was »Coffee Circle« von anderen unterscheidet? »Verdammt guter Kaffee! Wir handeln mit einigen der besten Kaffees der Welt, kaufen diese zu ­fairen Preisen und stehen im direkten Austausch mit den Produzenten.« 1 Euro pro kg Kaffee geht an soziale Projekte in Äthiopien, Kenia und im Kongo. Damit gäbe man mehr als 2,5 Mal so viel zurück wie zum Beispiel das Siegelsystem Fairtrade, heißt es auf der Unternehmens-Webseite.

»Coffee Circle«-Gründer Martin Elwert vor Ort in Äthiopien.
© Coffee Circle
»Coffee Circle«-Gründer Martin Elwert vor Ort in Äthiopien.

»Unsere Gastronomiepartner tragen dies unglaublich gerne an ihre Kunden weiter und schaffen ­somit ein ganz neues Verbundenheitsgefühl.« Und die Sorten? Von fruchtig bis klassisch ist alles dabei. Brüderl: »Interessant ist, dass unsere Kunden für den Heimgebrauch eher zur klassischen Sorte – also mit ­schokoladigem oder nussigem Geschmack – greifen, ­während die Kunden in unserem eigenen Café eher hellere Röstungen und fruchtige Kaffees probieren.« Für die Gastro wichtig: Vom Flex-Abo, das selbstständig eingerichtet und verwaltet werden kann, bis zu fixen monatlichen Lieferungen ist alles denkbar. »Auch die Erreichbarkeit und Flexbi­lität ist wichtig«, so Brüderl. »Gerade in der Gastronomie muss es oft schnell gehen. Da ist es hilfreich, wenn der ­Kaffeepartner Rösterei und Logistik professionell und schnell koordinieren kann.«

Kaffeetschi

Gesprochen: »ka-fe-chi«. Ein ur-wienerisches Wort, das auf den englischen Labels der Ready-to-drink-Produkte auch gleich erklärt wird. »2019 kamen 20 Prozent unseres Umsatzes aus der Gastronomie. ­Besonders gut laufen unsere Kaffees in Bäckereien und Lunch-Lokalen mit Take-Away. Wir würden sehr gerne auch mehr mit Bars arbeiten – mit dem ›Kaffeetschi Original‹ kann man ganz tolle Drinks mixen«, schwärmt Svenja Schröder, die 2017 das Start-up gemeinsam mit Amar Cavic gegründet hat.

»Kaffeetschi«. Das Kaffee-Start-up aus Wien.
© Cecilia Capri
»Kaffeetschi«. Das Kaffee-Start-up aus Wien.

Letzterer wuchs quasi in einer Kaffeerösterei auf, dieser Kontakt garantiert auch den direkten Kontakt zu den Kaffeebauern-Kooperativen. Derzeit ist der ­Cold-Brew-Drink in drei Sorten erhältlich, diesen Herbst läuft eine Crowd-Funding-Kampagne für zwei neue Produkte: ›Kaffee­tschi Original‹ und ›Kaffeetschi Oat Flat White‹ in der Dose. »Dass alle unsere Produkte vegan und bio sind, gehört für uns bei ›guten‹ Produkten einfach dazu. ›Gut‹ bedeutet für uns auch, dass wir so nachhaltig wie möglich einkaufen und produzieren, Zero Waste ist uns ein Anliegen. Seit heuer upcyceln wir einen Teil des Kaffeesatzes für ein neues Produkt, den ›Body Scrub‹.« Es läuft, wie man so schön sagt – und das nicht nur in Wien. Und bezüglich der Bar-Drinks geben die Trendprognosen Schröder auch Recht. Coffee Gin Tonic vereint gleich zwei all time favorites.

Nicola Afchar-Negad
Autor
Mehr entdecken
Kaffee
Top 10 Kaffee-Trends
Pink Latte, Egg Coffee und Cold Brew – das Kultgetränk Kaffee wird in die überraschendsten...
Von Herbert Hacker
Mehr zum Thema