Erwin Wurm

Erwin Wurm
© Inge Prader

Tischgespräch mit Erwin Wurm

Im Interview spricht der bekannte zeitgenössische Künstler über Sushi, Knödel und andere Ikonen.

FALSTAFF: Falstaff widmet sich in dieser Ausgabe Japan. Welche Beziehung haben Sie zum Land?
Erwin Wurm: Ich finde es sehr faszinierend: die alten Traditionen, der extreme Perfektionismus – auch was die Essenskultur betrifft. Es gibt eine sehenswerte Filmdoku, »Jiro Dreams of Sushi« aus dem Jahr 2001: In einem zehn Plätze fassenden Sushi-Restaurant in einer U-Bahn-Station in Tokio arbeitet der 91-jährige Meister Jiro Ono seit sieben Jahrzehnten (siehe auch Seite 80). Sein Sohn Yoshikazu soll eines Tages seinen Vater ablösen und selbst das Restaurant übernehmen, damit sich Jiro endlich seinem Lebenstraum widmen kann: Er will das perfekte Sushi erfinden. Ein großartiger Film!  
Welche Bedeutung hat Essen für Sie?
Ich bin ein Genießer – wenn ich Zeit dafür habe. Mir ist wichtig, dass ich weiß, wo die Lebensmittel herkommen, zum Beispiel würde ich kein Brot von einer Großbäckerei essen. Meine Frau ist Französin, und in Paris gibt es in jedem Arrondissement zehn Bäcker, die zweimal am Tag Baguette backen – in einer Qualität, die man hier vergebens sucht. Wir essen in Wien nur Brot vom Bäcker »Joseph«.
In Ihrem Werk stehen oft Lebensmittel im Mittelpunkt. Warum?
Wir haben in Österreich eine »mitteleuropäische Winterküche«: Kartoffeln, Eingelegtes oder Knödel, die an grundlegende Urformen erinnern, sind »Alltagsikonen«, die mich inspirieren.
Und dann sind wir ja auch ein Land, in dem Würste eine große Rolle spielen. Würste bestehen außen aus Tier, dem Darm, und innen aus der Füllung. Darauf basieren meine »Abstract Sculp­tures«, die – scheinbar – aus Frankfurter oder Knackwürsteln bestehen.
Ihre Frau Élise Mougin ist auf einem großen Weingut aufgewachsen, dem Château Moncontour. Interessiert Sie Wein?
Sehr! Auf dem Weingut an der Loire wird sehr guter Wein gemacht, jedoch viel säurehaltiger, als wir ihn hier gewohnt sind. Und dann wird dort noch ein Schaumwein gemacht, der sehr gut ist. Ich trinke allerdings am liebsten Rotwein: Bordeaux und auch Weine aus dem Burgund.
Sie reisen natürlich sehr viel, 2017 werden Sie Österreich auf der Biennale in Venedig vertreten. Wo essen Sie unterwegs?
Ich versuche immer, in sehr gute Lokale zu gehen. Menschen, mit denen ich zu tun habe, sprechen mir Empfehlungen aus – Leute, die in der Kunst arbeiten, haben ja ein gewisses Sensorium für gutes Essen. Und ich habe, nicht zu vergessen, eine App, die es mir ungemein erleichtert, qualitätsvolle Restaurants zu finden. Sie ist von Falstaff! Und die Tipps haben bisher mit meiner Erfahrung jedes Mal übereingestimmt.

ERWIN WURM ...

... ist einer der – weltweit – bedeutendsten zeitgenössi­schen Künstler (Nummer 18! in der Weltrangliste). Der Österreicher ist vor allem für seine plastische und performative Kunst bekannt. Dabei nutzt er die Symbolkraft von Alltagsgegenständen und Lebensmitteln, um sie in seinen gesellschaftskritischen Arbeiten umzudeuten.

Alex. Hesse
Redakteurin
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