© Claudia Prieler

Tischgespräch: Clemens Unterreiner über Wild und Wein

Clemenes Unterreiner, Solist und Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper, ist Weinpate des Jägerball-Weins. Falstaff spricht mit ihm über seine tiefe Verbindung zur Jagd und Liebe zum Wein.

FALSTAFF: Sie sind selbst kein aktiver Jäger, aber haben ein Faible dafür. Wie kam es dazu?
CLEMENS UNTERREINER: Mein Großvater war Oberforst­direktor in der Obersteiermark bei Trofaiach und hat mich, seitdem ich laufen konnte, immer in den Wald mit­ genommen. Hat mir die Natur gezeigt, die Flora und die Fauna. Er ist mit mir auf den Auerhahn gegangen, hat mir erzählt, wie man sich heranpirscht in vollkommener Stille. Ich habe Respekt vor der Natur gelernt. Ich habe auch erleben dürfen, dass der Jäger sehr viel Hege und Pflege in seinem Revier betreibt. Er füttert im Winter die Tiere, er schaut nach dem Bestand – als Jäger hat man nicht nur einen Beruf, son­dern man ist ein Berufener. Das ist mit den Landwirten und den Winzern vergleichbar. Sehr wichtig für unsere Kulturlandschaft!
Dann sind Sie sicher auch ein Fan von Wildbret?
Richtig! Ich bin mit dem besten Fleisch aufgewachsen. Die Jäger haben ihrem Chef die besten Stücke geliefert. Und meine Großmutter, die aus Reutlingen stammt, kochte daraus die herrlichsten Gerichte. Wild ist die nachhaltigste Art von Fleisch, stressfrei. Gatterjagd natürlich ausgeschlossen!
Waren Sie dabei, als das Wild aufgebrochen wurde?
Ja, ich habe zugeschaut. Das war vielleicht ein wenig blutrünstig, aber ich spürte auch große Ehrfurcht dabei. Das Aufbrechen ist ja ein sehr wichtiger Akt. Wenn man das nicht richtig macht, kann man das Wild­bret richtiggehend verderben. Mein Großvater hat mir eingeprägt: »Da ist ein Lebewesen gestorben und deswegen hast du Respekt zu zollen.«
Haben Sie schon einmal einen Jäger auf der Bühne gespielt?
Vergangene Saison hatten wir den »Freischütz«, da habe ich den Oberförster verkörpert. Und in der »Rusalka« habe ich einen Heger gespielt. Und zurzeit trete ich in der »Zau­berflöte« als Papageno auf der Staatsopernbühne auf. Ich fange als Vogelhändler die Vogerln mit meiner Pfeife, um sie der Köni­gin zu übergeben. Was dann die Herrscherin damit macht, ob es ein Ragout gibt oder ob sie sie nur zur Belustigung behält, das muss man die Königin der Nacht fragen.
Sie sind ja auch sehr weinaffin.
Küche und Keller spielten in meinem Leben, bedingt durch meine Eltern und Großeltern, schon immer eine Rolle. Zu mir wurde gesagt: »Clemens, wenn du was trinkst, dann schau, dass du etwas Ordentliches trinkst.« Das nehme ich mir bis heute zu Herzen. Ich habe Weintouren mit einem an Wein interessierten Freundeskreis gemacht. Wir haben bei den Winzern viel gelernt.
Ihre Familie hatte ursprünglich in Ungarn im Weingebiet Tokaj ein Weingut. Was ist daraus geworden?
Das ist alles verloren gegangen. Aber letztes Jahr erfüllte sich mein Vater einen Herzenswunsch – und ich helfe ihm dabei. Er ist Ungar und 1956 als Flüchtling nach Österreich gekommen. Er wollte schon immer einen kleinen Weingarten haben. Und nun besitzen wir am Balaton am Nordufer in Badacsony unseren Weingarten. Die autochthonen Trauben der Gegend sind übrigens der Graumönch und der Blaustiel.
Welchen Wein keltern Sie dort?
Wir machen Chardonnay und aus dem Riesling einen Sekt. 2018 haben wir sogar aus dem Trester einen Grappa gebrannt. Wir arbeiten vor Ort natürlich mit einem Winzer zusammen. Das ist sehr aufregend. Für meinen Vater und auch für mich.
Haben Sie einen österreichischen Winzerfavoriten?
Ich bin mit Paul Achs aus Gols gut befreundet. Er gibt mir immer wieder Tipps. Wir produzieren jetzt eine spezielle Abfül­lung, es wird ein St. Laurent von einer seiner besten Lagen. Ich durfte den ganzen Prozess begleiten. Der Name wird etwas mit Gesang und Musik zu tun haben.
Sie haben ja auch eine eigene Meinl-Kaffee-Röstung.
Ja! Mich interessiert das alles. Das ist große Handwerkskunst. Auch hier ist Achtung vor dem »Lebens-­Mittel« im wortwörtli­chen Sinn angebracht. In jedem Sackerl Kaffeebohnen, in jeder Flasche Wein steckt viel Arbeit.

Zur Person

Der Bariton Clemens Unterreiner fungiert als of zieller Weinpate des Jägerball-Weins. Er ist Solist und Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper und begeisterter Ballgeher. Der Publikumsliebling engagiert sich für karitative Organisationen im In- und Ausland. Er war selbst als Kind durch eine Augenkrankheit erblindet und konnte erst durch langwierige Behandlungen seine Behinderung überwinden. Seit Dezember 2013 ist Clemens Unterreiner Präsident des Vereins HILFSTÖNE – Musik für Menschen in Not. Er ist des Weiteren Konsul des Österreichischen Roten Kreuzes und Botschafter des Blinden- und Sehbehindertenverbands Österreich.

Erschienen in
Jägerball Spezial 2019

Zum Magazin

Alex. Hesse
Redakteurin
Mehr entdecken
Mehr zum Thema