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Tauziehen um Ahr-Spenden vor dem Ende?

Bis heute warten die Ahr-Winzer auf die gesammelten Hilfen. Bund und Länder wollen nun gemeinsam nach steuerrechtlichen Lösungen suchen.

Nachdem das Hochwasser im Juli 2021 das Ahrtal verwüstete, war die Spendenbereitschaft im ganzen Land enorm. Alleine der VDP sammelte auf Bundesebene mit seinem gemeinnützigen e.V. »Der Adler hilft« 3,5 Millionen Euro ein. An der Ahr selbst erlösten mehrere Initiativen mit dem Verkauf von »Flutweinen« über vier Millionen Euro. Das Geld würde, so war der Plan, gezielt Weinbaubetrieben zugute kommen, die keinen ausreichenden Versicherungsschutz besitzen – und die trotz der angekündigten staatlichen Hilfen (80 Prozent des Zeitwerts beispielsweise von Gerätschaften) große Finanzierungslücken beim Wiederaufbau zu befürchten haben.

Werden die Spendensammler zur Kasse gebeten?

Doch in den letzten Wochen gerieten die Spenden aus anderen Gründen in die Schlagzeilen, denn die Auszahlung der Gelder stellte sich alles andere als einfach dar: Da das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht keine Auszahlung von Spendenbeträgen an Unternehmen vorsieht, stehen Spendensammler wie diejenigen des VDP in der Gefahr, ihren Gemeinnützigkeitsstatus und damit die Steuerbefreiung für die gesammelten Beträge zu verlieren. »Ein Ärgernis, vorsichtig formuliert«, nennt der Vorsitzende des VDP Ahr, Marc Adeneuer, diese Situation, und setzt im Gespräch mit Falstaff nach: »ein Wahnsinn«.

Erschwerend kommt in dieser Situation hinzu, dass die Kompetenzen für eine Steuerbefreiung solcher Zuwendungen nicht ganz klar verteilt zu sein scheinen: Während die Finanzbehörde des Bundes darauf verweist, dass es die Finanzämter vor Ort Ermessensspielräume hätten, um im Einzelfall Entscheidungen zu treffen, machen die Landesbehörden geltend, dass »das Spendenrecht (…) Bundesrecht ist (…), die Landesregierung kann nur im Rahmen dieser gesetzlichen Bestimmungen handeln«, so eine Falstaff vorliegende Mitteilung aus Rheinland-Pfalz. Was vom Bund wiederum mit der Aussage gekontert wird, ein eigenes Gesetzgebungsverfahren für gewissermaßen eine »Lex Ahr« anzustoßen, sei deutlich zu zeitaufwendig, wolle man die Hilfen zeitnah an die Betriebe bringen.

Ausnahmezustand ohne Ende

Wo die Betriebe an der Ahr trotz der staatlichen Hilfszusagen der Schuh drückt, berichtet etwa Volker Riske vom Weingut Erwin Riske aus Dernau: »Wir sind noch gar nicht dazu gekommen, betriebliche Aufbauhilfen zu beantragen«, so der Winzer. Denn bisher habe die Familie alle Energie in die Beantragung der Aufbauhilfen für ihr Privatgebäude gesteckt. Ein Online-Formular mit 50 Seiten auszufüllen, und das ohne auf – zum größten Teil weggeschwommene – Dokumente zugreifen zu können, Gutachten und Kostenvoranschläge zu organisieren, das erledigt sich eben nicht an einem Wochenende. »Wir arbeiten uns Stück für Stück vor«, so Riske. Nur verständlich, dass im andauernden Ausnahmezustand des Ahrtals die Wiederherstellung des eigenen Dachs über dem Kopf eine höhere Priorität besitzt als beispielsweise die Wiederbeschaffung des Maschinenparks fürs Weingut. Gleichzeitig muss der Weinbaubetrieb aber trotzdem weitergehen. Genau an diesem Punkt wären die privaten Spenden eine enorme Hilfe, und genau an diesem Punkt fehlen sie jetzt.

»Die Verteilung sollte und wird nicht an steuerlichen Hürden scheitern«

Nun scheint indes Bewegung in das Patt um die Spendengelder zu kommen. »Für das Bundesfinanzministerium ist es ein wichtiges Anliegen, dass die Gelder rasch an die von der Flut im Sommer des Jahres 2021 betroffenen Winzer ausgezahlt werden können«, so eine Falstaff aktuell zugegangene Mitteilung der Berliner Behörde. An diese Aussage schließt sich eine verheißungsvolle Zusage an: »Die Verteilung sollte und wird nicht an steuerlichen Hürden scheitern.« Nicht ganz überraschend bleibt ein kleiner Vorbehalt bestehen: »Zwar ist für die Beurteilung und rechtliche Einordnung der Zahlungen im jeweiligen Einzelfall die Landesfinanzbehörde zuständig. Es besteht aber Einigkeit, dass es für eine sinnvolle Unterstützung immer auch eine praktikable Lösung geben sollte«. Nicht zuletzt scheint der Dialog zwischen Bundes- und Landesbehörden in Gang gekommen zu sein: »Das Bundesministerium der Finanzen steht dafür mit der zuständigen Landesbehörde in engem Austausch.«

Zumindest in Sachen Spenden dürfen die Ahrwinzer nun also auf ein happy end hoffen.

Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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