Süß-saure Genüsse: Balsam-Essige im Test

Jahrelang in Holzfässern gereifte Balsam­essigs bereiten höchste kulinarische Freuden. Zähflüssigen und raffinier­ten Balsamico genießen Aficio­nados auch pur.

Balsamessige dürfen heutzutage in keiner Küche fehlen und gehören somit zum Standardrepertoire jedes Supermarkts. Die Bandbreite ist ebenso groß wie die Qualitäts- und Preisunterschiede. Höchste Zeit für die Falstaff-Verkostungsjury unter der kundigen Leitung von Genuss-Grandseigneur Helmut Touzimsky, das Balsam(ico)-Angebot genau unter die Lupe zu nehmen. Qualität hat ihren Preis, diese Binsenweisheit trifft auf Balsamessige besonders zu. Denn die Billigprodukte sind oft mit Zuckercouleur, Karamell und Verdickungsmittel versetzt, was nicht immer auf dem Etikett deklariert wird. Balsamessig wird erst nach einer Fasslagerung von über fünf Jahren langsam dickflüssig und dunkelbraun, entsprechend kostspielig ist die Herstellung. In Italien – dem Herkunftsland der ursprünglichen Balsamicos – unterscheidet man zwischen Aceto balsamico industriale und tradizionale. Das Angebot in den Märkten besteht zu rund 99 Prozent aus ­ersterer Kategorie, wobei es sich um im Tank erzeugten Weinessig handelt. Hier gibt es Balsamicos ab 99 Cent pro halbem Liter. Die hochwertigen Tradizionale kosten nicht selten 1000 Euro pro Liter und müssen nach exakt vorgegebenen Richtlinien produziert werden. Frisch gepresster Traubenmost (meist aus Trebbiano) wird in einem großen Kessel auf ein Drittel eingekocht. Der so gewonnene »mosto cotto« kommt dann in Fassbatterien aus vorgegebenen Hölzern: Eiche, Kastanie, Maulbeerbaum, Kirsche, Esche und Wacholder. Durch die Fässer ­erhält der Balsamico seine Farbe und auch seinen Geschmack – und durch den natürlichen Schwund auch seine Konsistenz. Ein echter Tradizionale muss mindestens zwölf Jahre Fassreife aufweisen, jene mit der Bezeichnung »extra vecchio« sogar 25 Jahre.

Aber nicht nur die italienischen Traditions-Acetaias machen großartigen Balsamessig, auch österreichische Produzenten wie Pecoraro, Gölles oder Gegenbauer haben sehr hochwertige Produkte. Hierzulande unterscheiden wir zwischen Fruchtbalsamen wie beispielsweise aus Äpfeln oder Birnen und klassischen Traubenbalsamen. Laut Gesetz handelt es sich nur dann um Essig, wenn der Säureanteil bei Fruchtessig über fünf und bei Weinessig über sechs Prozent liegt. Jene mit weniger Säure ­haben bei Verkos­tungen wie dieser einen Start­vorteil, weshalb die Säurewerte bei den Kost­notizen angegeben werden. Eines der wichtigsten Qualitätskriterien ist die gelungene ­Vermählung von Säure, Süße, Frucht und Würze. Während die Verkostung der Billigprodukte für alle Jury-Mitglieder im Res­taurant »Amarantis« (herzlichen Dank für die Gastfreundschaft an dieser Stelle!) herausfordernd war, bescherten die hochwertigen Balsame großartige Geschmackserlebnisse. Dunkle Farbe und eine homogene zähflüssige Konsistenz zeichnen einen perfekten Balsam aus – Touzimsky nennt das eine »sich zum Kuss neigende Schönheit am Löffel«.

DIE BESTEN
Insgesamt wurden von der Falstaff-Fachjury 31 Produkte in einer Blindverkostung getestet, davon waren 16 aus Supermärkten und 15 aus dem Fachhandel. 13 Produkte aus beiden Quellen haben die Einstiegshürde nicht geschafft und fehlen in dieser Liste. Nur die bes­ten werden hier veröffentlicht. Die Preisangaben stammen von den Testeinkäufen Anfang Juli.

Die besten Balsam-Essige in der Bilderstrecke

Text von Bernhard Degen
Aus Falstaff Nr. 6/2011

Bernhard Degen
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