Architekt und Designer Matteo Thun mit »Bar Campari«-Gastgeber Peter Friese.

Architekt und Designer Matteo Thun mit »Bar Campari«-Gastgeber Peter Friese.
© Falstaff / Dopplinger

Star-Architekt Matteo Thun im Interview

Der italienische Architekt und Designer hat die neue »Bar Campari« in Wien gestaltet. Im Gespräch mit Falstaff spricht er über seine Beziehung zu Wien und die »Herzensangelegenheit« Campari.

Er ist wohl einer der gefragtesten und erfolgreichsten zeitgenössischen Architekten in Mitteleuropa: Matteo Thun. Anlässlich der Eröffnung der von ihm gestalteten »Bar Campari« in der Wiener Seitzergasse traf ihn Falstaff zum Gespräch über Genuss, Campari und seine Recherche im Kult-Café »Hawelka«.

Falstaff: Sie haben längere Zeit in Wien unterrichtet, welchen Bezug haben Sie zur Stadt?
Matteo Thun:
Ich hab auch viele Verwandte in Wien. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nicht einmal alle kenne. Ich genieße vor allem die Schönheit des Ersten Bezirks und die traumhaften Museen.

Trinken Sie selbst gerne Campari?
Ich trinke jeden Abend – wenn ich in Mailand bin – ein Campari-Soda aus der originalen Flasche von Fortunato Depero. (Anm.: der bekannteste Vertreter des italienischen Futurismus, viele seine Werke werden in der »Bar Campari« ausgestellt). Ich genieße es, die Flasche in der Hand zu halten.

Welche Menschen haben Sie bei der Entwicklung der Philosophie des »Zero Designs« beeinflusst?
Als ich 1978 nach Mailand kam, war Ettore Sottsass mein Lehrmeister. Er postulierte die Stilrichtung des Anti-Designs. Meine erste Arbeit war ein Shaker für Alessi. Im Zuge dieses Auftrags habe ich auch zahlreiche Utensilien entwickelt, die man in einem Hotel braucht: Essig- und Öl-Behälter, einen Weinkühler, eine Eiszange und vieles mehr. Ziel war die Reduktion auf die Ikone und die Einfachheit. Etwas einfach zu machen, ist viel schwieriger, als etwas kompliziert zu gestalten.

Die Bandbreite Ihrer Arbeit ist eindrucksvoll, von der Kaffeetasse über Sanitärstücke bis zu Hotels. Wieviel Freude hat Ihnen das Design der »Campari Bar« bereitet?
Ich mache nur Dinge, die mir Spaß machen. Dieses Projekt war eine Herzensangelegenheit, die nichts mit Kommerz zu tun hat. Es ist eine alte Liebesgeschichte. Ich habe schon Gläser für Frau Garavoglia (Anm.: aus der Eigentümerfamilie von Campari) entwickelt und mich intensiv mit der Geschichte der Marke auseinandergesetzt. Alle Gläser waren von Frau Garavoglia für die Gratis-Mitnahme konzipiert. Die effizienteste Werbung ist Diebstahl!

Wie muss eine Bar beschaffen sein, damit Sie sich wohlfühlen?
Der Genius Loci verlangt an jedem Ort eine andere Interpretation. Mailand ist ganz anders als Wien. Es kommt auf die Guest-Experience an, die ich zusammen mit Peter Friese und Campari herausgearbeitet habe. In der »Bar Campari« hat es viel mit Höflichkeit zu tun, es geht um den Ritus und nicht um Konsum. Diese Bar ist das exakte Gegenteil einer Bierstube, das Gegenteil von Alkoholismus – Ich habe noch nie im Leben einen Campari-Besoffenen gesehen.

Ich war zusammen mit Peter Friese mehrfach im »Hawelka«, wo wir versucht haben, die Magie des Ortes zu erforschen. Was am Tag und was in der Dunkelheit passiert, ist etwas komplett anderes.

Kann man eine Restaurant-Legende wie das »Schwarze Kameel« am Reißbrett planen?
Nein! So etwas muss sich über Generationen entwickeln. Es muss auch laufend geplant und weiterentwickelt werden, wer stehen bleibt, verliert. Die Menschen verändern sich.

Bernhard Degen
Autor
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