In Sri Lankas bergigem Inneren wächst der weltberühmte Ceylon-Tee vor der malerischen Kulisse des 2200 Meter hohen Adam’s Peak.

In Sri Lankas bergigem Inneren wächst der weltberühmte Ceylon-Tee vor der malerischen Kulisse des 2200 Meter hohen Adam’s Peak.
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Sri Lanka: Kulinarisches Insel-Paradies

»Die schönste Insel der Welt« – so soll Marco Polo Sri Lanka dereinst genannt haben. Das Naturjuwel südlich von Indien ist aber auch aus kulinarischer Sicht einmalig.

Der Pettah Market im Herzen von Colombo, Sri Lankas Hauptstadt, wirkt aus der Ferne nicht gerade wie ein Juwel: Geräuschkulisse und Luftqualität sind bestimmt vom starken Verkehr, der nicht selten aus einem wilden Durcheinander aus Autos, Tuk-Tuks, Fußgängern und Radfahrern auf engstem Raum besteht. Hat man sich aber erst einmal durch die Menschenmengen in den Markt und dann bis zum Lebensmittelbereich vorgearbeitet, wird man umso reicher belohnt. Sri Lanka hat es seinem feuchtwarmen Klima zu verdanken, dass hier eine Vielzahl exotischer Pflanzen wachsen und Früchte zur Perfektion reifen können, das macht den Besuch der Märkte aus optischer wie olfaktorischer Sicht zu einem Hochgenuss: Die Fülle an Obst-, Gemüse- und Gewürzsorten ist atemberaubend.

Der Strand von Mirissa ist einer der berühmtesten der Insel. Oruwas, die traditionellen Fischerboote auf Sri Lanka, kommen auch heute noch zum Einsatz.
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Der Strand von Mirissa ist einer der berühmtesten der Insel. Oruwas, die traditionellen Fischerboote auf Sri Lanka, kommen auch heute noch zum Einsatz.

Die Träne Indiens

Doch nicht nur das Klima und der daraus resultierende Artenreichtum prägen die Küche Sri Lankas. In früherer Zeit lag die Insel an einem wichtigen Knotenpunkt der Seidenstraße, sie hat zudem eine lange und bewegte Geschichte verschiedener Eroberungen und Besatzungen hinter sich. Heute ist das Land längst unabhängig, portugiesische, arabische, indische, niederländische und südostasiatische Einflüsse sind in den Küchen des Landes aber deutlich spürbar.

Mit ihrem riesigen Nachbarn Indien – an der schmalsten Stelle trennt die beiden Länder nur eine von Inseln und Korallenriffen durchsetzte Meerenge, der Spitzname »Träne Indiens« ist also sowohl der Form der Landmasse wie auch ihrer Nähe geschuldet – teilt sich Sri Lanka die beiden typischen Gerichte Curry und Dhal. Während die Currys in unterschiedlichsten vegetarischen Varianten, zum Teil auch mit Fleisch- und in Küstennähe mit Fisch- und Meeresfrüchteeinlage daherkommen, wird das Dhal klassisch mit Linsen zubereitet. Dazu reicht man Reis und Sambol, eine scharfe Würzpaste, die gern mit süß-säuerlichen Aromen oder gehackter Kokosnuss verfeinert wird.

Der Weg ist das Ziel: Die Zugfahrt durch das Hochland lohnt sich allein schon der Ausblicke wegen.
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Der Weg ist das Ziel: Die Zugfahrt durch das Hochland lohnt sich allein schon der Ausblicke wegen.

Wer aber schärfeempfindlich ist, der sollte in Sri Lanka besondere Vorsicht walten lassen, denn die auf der Insel angebauten Chilisorten schwanken für europäische Gaumen zwischen sehr scharf und extrem scharf, es ist also ratsam, wann immer möglich die milde Variante zu bestellen. Selbst die intensivste Schärfe schafft es aber nicht, die vielschichtigen Gewürzkombinationen zu verdecken: Schwarzer Pfeffer, Fenchel, Kardamom, Kurkuma, Kreuzkümmel, Tamarinde, Kokos und natürlich Curry sind beinahe allgegenwärtig. Und natürlich: Zimt.

Erlesene Rohstoffe

Der frühere Name Sri Lankas, Ceylon, verrät, welche beiden weltweit geschätzten Produkte dort ihren Ursprung haben. Aus der getrockneten Rinde des Echten Zimtbaumes wird der Ceylon-Zimt gewonnen, der heller ist und feiner schmeckt als der oft in Supermärkten angebotene Cassia-Zimt. Außerdem ist Sri Lanka das weltweit viertgrößte Anbaugebiet für Ceylon-Tee. Die Teeplantagen befinden sich in drei nebeneinander liegenden Gebieten im südlichen Inneren der Insel, dennoch unterscheiden sich die dort wachsenden Tees mitunter stark voneinander – die besten von ihnen wachsen auf einer Höhe von weit über 1000 Metern.

Ein Fest für alle Sinne: Die Vielfalt der Küche auf Sri Lanka ist schwer zu übertreffen.
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Ein Fest für alle Sinne: Die Vielfalt der Küche auf Sri Lanka ist schwer zu übertreffen.

Eine noch wichtigere Kulturpflanze ist der sri-lankische Reis: Durchschnittlich werden etwa vier bis fünf Millionen Tonnen pro Jahr produziert, ein Teil davon dient den 22 Millionen Einwohnern der Insel als Grundnahrungsmittel, der Rest wird exportiert. Auch hier existiert eine fast unüberschaubare Vielfalt an Sorten, besonders hochgeschätzt ist der rote Reis, der im Vergleich zu seinem weißkörnigen Verwandten intensiver und nussiger schmeckt. Gegessen wird Reis nicht nur als Beilage zum Curry, sondern auch in Form von Reismehl, das etwa mit Kokosraspeln und Gewürzen in einem Bambusrohr gedämpft und als Pittu serviert wird. 

Und noch ein Gewächs spielt eine ganz besondere Rolle in Ernährung und Wirtschaftstreiben der Sri Lanker. Aus den Kokosnüssen der Insel wird allerlei Herrliches gezaubert, ganz besonders stolz ist man auf die »King Coconut«, eine endemische Art mit grellorangen Früchten, die besonders viel wohlschmeckende Flüssigkeit und wenig Fleisch bildet und deshalb für die Gewinnung von Kokoswasser genutzt und in die ganze Welt exportiert wird.

Die Streetfood-Klassiker Roti und Hopper gibt es entlang der belebten Straßen überall.
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Die Streetfood-Klassiker Roti und Hopper gibt es entlang der belebten Straßen überall.

Streetfood-Künstler

Fast überall auf Sri Lanka wird entlang der belebten Straßen Hausgemachtes aus kleinen Buden und Ständen verkauft. Ein Klassiker sind Roti, dünne Fladen aus Weizenmehl, die pur, mit Gemüse belegt und gerollt oder mit eingebackenen Kokosraspeln zum Frühstück gegessen werden. Und nicht nur der Geschmack des Streetfoods ist ein Erlebnis, sondern oft auch die Zubereitungsart. Hoppers etwa, eine Art Pfannkuchen, der aus fermentiertem Teig aus Reismehl, Kokosmilch und Gewürzen gebacken wird, muss in der Mitte weich und flaumig und an den Rändern knusprig sein. Dazu wird der Teig in heiße hochwandige Pfannen gegossen und so lange geschwenkt, bis die gewünschte Dicke erreicht ist. Dann werden die hauchdünnen Ränder des Fladens mit einer geschickten Bewegung vom Rand gelöst. Die so entstandene kleine Teigschüssel wird meist mit Spiegelei zum Frühstück serviert. Ratsam ist in jedem Fall, sich einfach durch die mannigfaltigen Speisen und Snacks zu kosten. Und am Ende stimmt man vermutlich mit Marco Polo überein.

Die «King Coconut» mir ihren orangen Früchten ist ein sri-lankisches Original – und der perfekte Durstlöscher.
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Die «King Coconut» mir ihren orangen Früchten ist ein sri-lankisches Original – und der perfekte Durstlöscher.

Handarbeit

In Sri Lanka wird traditionell mit den Fingern gegessen – für Ungeübte gar nicht so einfach.

Abseits der gut erschlossenen Touristenpfade kann es durchaus vorkommen, dass zum Essen kein Besteck serviert wird, denn das Essen mit den Fingern ist die althergebrachte Art, Nahrung zu sich zu nehmen. Wer vor den Einheimischen nicht ungut auffallen will, benützt zum Essen die rechte Hand. Die linke, die als unrein gilt, bleibt dabei auf dem Schoß unter dem Tisch liegen. Der Herausforderung, cremiges Curry und körnigen Reis ohne Gabel oder Löffel zu essen, begegnet man am besten, indem man beides in mundgerechter Portionsgröße vermischt und im Anschluss mit den Fingern eine Art Bällchen formt. Dieses wird dann mithilfe des Daumens in den Mund geschoben. Im Notfall hilft ein Stück Roti als Löffelersatz. Und wie immer gilt: Übung macht den Meister.

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»Beschwipste Palme«

Ein Nationalgetränk auf Sri Lanka ist Toddy, der vergorene Saft aus Kokos- und Palmyrapalmen.

Die Gewinnung von Palmwein oder Toddy, der seinen Spitznamen einst von den britischen Kolonialherren in Indien erhielt, beginnt mit einem spektakulären Manöver. Die sogenannten Toddy-Tappers (von engl. to tap = zapfen) müssen zunächst die Kronen der Palmen erklimmen, um die männlichen Blütenkolben, die sich zwischen den Blattansätzen befinden, zu erreichen. Diese werden dann je nach Palmenart abgeschlagen oder ausgeschabt, der austretende Saft wird in kugelförmigen Behältern aufgefangen. Aufgrund der warmen Temperaturen und des hohen Zuckergehalts beginnt die Flüssigkeit sofort zu gären, nach wenigen Stunden hat sie bereits einen Alkoholgehalt von rund vier Prozent und schmeckt frisch und süß. Zur Erntezeit werden zwischen den Palmwipfeln oft Seile gespannt, auf denen die mutigen Toddy-Tapper von Palme zu Palme balancieren.  Zurück auf festem Boden wird der gewonnene Palmwein sofort in die »Toddy Taverns« gebracht, wo er gekühlt ausgeschenkt wird.


Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2021

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Caroline Metzger
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