Spar-Chef Drexel kritisiert Berlakovich scharf

Die Pläne zur Saatgutverordnung sind ein »unfassbarer Skandal der EU«

Bei der Vorstellung der Regional-Strategie erhebt Spar Vorstandsvorsitzender Gerhard Drexel schwere Vorwürfe gegen Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich. Dieser sei mit dem überarbeiteten Entwurf zur EU-Saatgutverordnung zufrieden, obwohl die Sortenvielfalt in der heimischen Landwirtschaft immer noch massiv gefährdet sei. »Das ist ein unfassbarer Skandal der EU!« wettert Drexel. »Man riecht förmlich den gigantischen Lobbyismus, der von drei Saatgutkonzernen kommt, die 75 Prozent des Weltmarktes beherrschen.« Und in Richtung Landwirtschaftsministerium platziert der Spar-Chef eine weitere Spitze: »Das ist ein größerer Skandal als mit den Bienen«.

Unerfüllbare Auflagen
Bei einer aufwendig inszenierten Veranstaltung in der Wiener Aula der Wissenschaften stellte die Spar-Führung am Mittwochabend ihr Regional-Konzept vor und bat einige beispielhafte Produzenten vor den Vorhang. Einer von ihnen ist Paradeiser-Kaiser Erich Stekovics, der anhand weniger Punkte verdeutlicht, was die EU-Verordnung für ihn bedeuten würde. Zuerst müsste man für die Registrierung jeder Sorte 1.000 Euro bezahlen. Der Burgenländer kultiviert 3.200 Sorten, das wären 3,2 Millionen Euro! Zudem müsste man für jede Sorte ein 18-seitiges Formular ausfüllen, in Stekovics' Fall also über 57.000 A4-Seiten. Die Sorten sollten »uniforme Früchte« haben und man müsste beweisen, dass sie »immer schon« in der Region beheimatet waren. Und schließlich dürfe der Produzent dem Entwurf zufolge nur an ein Unternehmen liefern, das weniger als zwei Millionen Euro Umsatz macht. Stekovics dürfte somit weder an Spar noch an Meinl am Graben liefern und sogar das »Steirereck« wäre ausgeschlossen.

Fleisch zu 100 Prozent aus Österreich
Spar-Vorstand Gerhard Drexel unterstrich in seinem Vortrag, dass sein Konzern die »neue Regional-Lust der Österreicher« mit entsprechenden Angeboten unterstützen wolle. Das Fleisch komme zu 100 Prozent aus Österreich und trage lückenlos das AMA-Gütesiegel. Auf Anfrage von Falstaff musste Drexel allerdings einschränken, dass sie auf die Produkte von Lebensmittel-Multis keinen Einflüss hätten und dass diese zum Teil mit rot-weiß-roter Aufmachung irreführenderweise den Anschein erwecken aus Österreich zu stammen. Wer ganz sicher gehen möchte, dass zu 100 Prozent österreichische Produkte verwendet werden, der kann sich auf die Kennzeichnung der Spar Eigenmarken sowie auf Fleisch und Wurst des Lieferanten Tann verlassen. Bei der Spar Premium-Linie arbeitet der Konzern mit den bekanntesten Heimischen Spezialisten zusammen. Neben Stekovics sind beispielsweise auch Hans Reisetbauer, Alois Gölles, Johanna Maier, Josef Zotter und Hans Staud mit an Bord.

6.000 lokale Produkte bei Interspar
Drexel führte weiter aus, dass man mit dem Interspar-Programm »rund um den Kirchturm« lokale Klein-Lieferanten fördern wolle. Eigene »Lokalitätsverantwortliche« suchen »Local Heros«, deren Betriebe maximal 30 Kilometer vom jeweiligen Interspar-Markt entfernt liegen. Interspar-Geschäftsführer Markus Kaser betont, dass bereits über 6.000 lokale Produkte gelistet sind und kann sich einen Seitenhieb auf einen Mitbewerber nicht verkneifen: »Das ist sechs Mal so viel wie beim gesamten Lidl-Sortiment«.

von Bernhard Degen

Bernhard Degen
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