Siziliens neue Klasse

Sizilien bietet ein vielfältiges Angebot für genussvolle Tropfen zu ­günstigen Preisen.

Sizilien, die größte Insel im Mittelmeer, ist mengenmäßig eine der wichtigsten Weinbauregionen ­Italiens. Zunehmend spielt die Sonneninsel aber auch im Konzert der Spitzenqualitäten in vorderster Reihe mit. Lag ursprünglich das Zentrum der sizilianischen Weinrevolution im Westen der Insel, um Marsala, Trapani und Agrigento, so hat sich in den vergangenen Jahren das Interesse von Produzenten, Journalisten und Einkäufern zunehmend an die Ostküste verlagert. Dort wurden alte Weinbaugebiete wiederentdeckt.

Vittoria liegt im Osten der Südküste. Seit 2005 der typische Wein der Region, der ­Cerasuolo di Vittoria, als erster und bisher einziger Wein Siziliens in den DOCG-Status erhoben wurde, hat sich viel getan. Zu den arrivierten Betrieben wie Cos oder Valle dell’Acate gesellten sich neue hinzu – in ers­ter Linie sind hier Arianna Occhipinti, Terre di Giurfo und Feudo di Santa Tresa zu nennen. Aber auch Planeta hat in Vittoria ein ­eigenes Weingut errichtet, viele überregional operierende Betriebe führen mittlerweile ­einen Cerasuolo di Vittoria im Programm. Cerasuolo di Vittoria besteht zu 50 bis 70 Pro­zent aus Nero d’Avola, der Rest aus Frappato. Diese nur lokal angebaute Sorte ist auch reinsortig sehr interessant; hellfarben, relativ leicht und mit einem verführerischen Erdbeeraroma ausgestattet, ist er am besten leicht gekühlt zu genießen.

Federico Curtaz erzeugt auf der Tenuta di Fessina zahlreiche ­feine Weine / Foto: Othmar Kiem

Das zweite Gebiet liegt am Südostzipfel der Insel, um Noto und Pachino, die ursprüngliche Heimat des Nero d’Avola. Dies dürfte auch der Ort gewesen sein, an dem vor mehr als 3000 Jahren die griechischen Siedler ihre ­ersten Weinberge außerhalb Griechenlands ­anlegten. Auch hier führt Planeta ein eigenes Weingut, aus dem die besten Nero-d’Avola-Trauben kommen. Zahlreiche Betriebe wie Feudo Maccari oder Zisola wurden im vergangenen Jahrzehnt neu gegründet. Besonders aufgefallen ist uns in diesem Jahr ein sehr junger Betrieb: Gulfi. Der in Mailand ­tätige Unternehmer Vito Catania hat das alte ­Familienweingut reaktiviert und erzeugt in Pachino gleich vier Einzellagen-Nero-d’Avola: alle biologisch angebaut, alle in Stockerzie­hung und einer besser als der andere.

Mit 94 Falstaff Punkten ausgezeichnet: Passopisciaro – Contrada Rampante 2010 / Foto: Othmar KiemDritter Hotspot an der Ostküste sind die Hänge rund um den Ätna. Der mineralische Vulkanboden, die verschiedenen Höhenlagen bis auf 1200 Meter und viele alte, zum Teil noch wurzelechte Rebstöcke sind die Grundlage für exzellente Weine. In erster ­Linie sind es Rote aus der Nerello-Mascalese-Traube (überraschend hellfarbig, mit zupackendem, zugleich seidigem Tannin), aber auch die Weißweine (Carricante) sind interessant. ­Neben Altmeister Benanti und dem schon ­arrivierten Passopisciaro von Andrea Franchetti ist auch dort eine Reihe von Betrieben neu entstanden oder wieder instand ­gesetzt worden. Zu nennen sind Ciro Biondi mit seinem Outis, Alberto Graci, dessen Quota 600 ­wunderbar ist, Michele Faro, der 2005 mit Pietradolce sein Weinabenteuer ­begann, und schließlich Federico Curtaz, der zusammen mit Silvia Maestrelli auf der Tenuta di Fessina gleich eine ganze Palette an charaktervollen, feinen Weinen erzeugt. Sie alle keltern ihre Weine mit Hingabe und Leidenschaft.

>> Best of Sizilien

Text von Othmar Kiem
Aus Falstaff Nr. 07/2012

Othmar Kiem
Othmar Kiem
Chefredakteur Falstaff Italien