Sideways: Schlipfkrapfen und Bauernbrot

Am Fuße der Karnischen Alpen hat sich im Lesachtal eine jahrhundertealte Kulturlandschaft erhalten.

Da wäre zunächst einmal eine geologische Besonderheit: Afrika beginnt in Kärnten. Denn dort, wo heute dunkle und helle Berge sind, war einst ein Meer, trafen die Eurasische und die Afrikanische Platte aufeinander. Ebenfalls besonders ist der Bezug zu Venedig. Die Verbindung ist das Holz, das das bäuerliche Leben des Tals bestimmt. Ein Teil der Lagunenstadt ruht auf starkem Lärchenholz. Tizian, der venezianische Maler, kaufte es einst im Tal für Pfähle, und bis heute werden venezianische Gondeln aus Lesachtaler Holz gebaut. Auch berühmte Geigen haben ihr Klangholz von den Haselfichten aus den Wäldern zwischen Maria Luggau und Tilliach. Mozart etwa soll drei Geigen aus diesem Holz besessen haben.

Lang, schmal und einsam ist dieses Tal, mit Menschen, die einen besonderen »Drall« haben,Foto: iStock sagt man. Und die immer für eine Überraschung gut sind. So wundert es nicht, dass im Wald plötzlich Aladin, der Alpakahengst aus Peru, auftaucht oder dass jeder Einheimische ein Fernglas hat, mit dem er über das Tal schaut. Neugierig eben. 1500 Lesachtaler, 1500 Gäste­betten, mehr möchte man nicht. Das hielt man viele Jahre lang für verrückt. Jetzt nicht mehr. Denn dazwischen liegen die Auszeichnungen »Europäische Landschaft des Jahres« und »umweltfreundlichstes Tal Europas« sowie die Arbeit unkonventioneller Bauern im unwegsamen Hochtal. Sie bauen Getreide an, züchten Kärntner Brillenschafe oder bewirtschaften die Almen so, wie es schon ihre Vorfahren taten.

Wer kommt, wird belohnt mit unberührter Natur, echter Tradition, Stille und kulinarischen Genüssen. Etwa mit Lesachtaler Schlipfkrapfen, wahlweise gefüllt mit Erdäpfeln,Schlipfkrapfen kommen mit allen möglichen Füllungen auf den Tisch / Foto: beigestellt Spinat, Schwammerln, Geselchtem, Kletzen, Topfen oder Nüssen, übergossen mit brauner Butter. Natürlich hausgemacht, wie fast alles im Tal: etwa der Schafskäse vom Jöhrerhof, Käse aus Kuhmilch vom Stabentheinerhof, der Speck von Markus Salcher oder das Bauernbrot – das berühmteste kommt aus Liesing, und man schmeckt Anis, Fenchel und Kümmel heraus. Das Mehl ist selbst gemahlen im ehemaligen »Tal der tausend Mühlen«, zwölf sind heute noch in Betrieb. Von der Qualität der Brote kann man sich bei den Lesachtaler Brotwirten oder beim Liesinger Brotfest überzeugen. Kulinarisch liegt das Lesachtal am Schnittpunkt dreier Kulturen: Italien, Slowenien und Öster­reich.

So kommt der alte Dialekt­ausdruck »Morenden« aus Italien und bedeutet so viel wie Jausenzeit. Und was für eine: Aufs Brettl kommen neben Speck, G’schmackigem vom Lamm und Hochlandrind auch Wildwurst oder Schlipfkrapfen. Dann gibt es noch Stock-Plattln (Germteig mit Schwarzbeeren und Honigschmalz) und zum Abschluss einen Vogelbeerschnaps.

Aus einer anderen Zeit: Heumandln / Foto: beigestellt
Aus einer anderen Zeit: Heumandln / Foto: beigestellt

»Morenden« stammt aus dem Italienischen und bedeutet Jausenzeit / Foto: beigestellt
»Morenden« stammt aus dem Italienischen und bedeutet Jausenzeit / Foto: Michael Meyer

Das Dorf am Anfang des Tals heißt Maria Luggau. Dort, wo eine 130-jährige Buche wächst, steht auch die Basilika Maria Schnee, die jährlich Tausende Pilger anzieht. Diese kehren beim »Paternwirt« ein, stärken sich mit zartem Braten vom Lesachtaler Lamm und Krautsalat oder gebratenem Almochsen mit Knödeln. Das Lesachtal gehört zu den schönsten Wanderregionen Europas, und urige Almhütten machen es auch zu einem kulinarischen Erlebnis. Manche, wie die Steineckenalm, wirken wie die Kulisse aus einem Heimatfilm. Kasnudeln und Ruabn-Ale (Erdäpfelsuppe), die Wirtin Anna in ihrer drei Quadratmeter großen Küche kocht, schmecken authentisch und köstlich.

Speisesaal im Alm­wellnesshotel Tuffbad / Foto: Tourismusverband Lesachtal
Speisesaal im Alm­wellnesshotel Tuffbad / Foto: Almwellnesshotel Tuffbad

Im »Tal der tausend Mühlen« / Foto: Tourismusverband Lesachtal

Nach der Enge des Tals genießt man in Kötschach-Mauthen das weltoffene Refugium des Kärntner Edelgreißlers Herwig Ertl, der kulinarisch das Beste aus dem Dreiländereck zusammengetragen hat und es mit hoher Kenner- und Leidenschaft anbietet.

Das Lesachtal auf einen Blick: die besten Adressen

Text von Ilse Fischer
Aus Falstaff Nr. 03/13

Ilse Fischer
Ilse Fischer
Autorin
Mehr zum Thema
Sideways
Sideways: Bucklige Welt
Pilze, Wild und Kräuter prägen die herbstliche ­Küche in der hügeligen ­Region südwestlich...
Von Bernhard Degen
Sideways
Sideways: Karnische Aromen
Falstaff zeigt Ihnen eine magische Welt mit dunklen Wäldern und zauberhaften Dörfern auf der...
Von Ilse Fischer