Einst im Besitz eines amerikanischen Millionärs, heute eines der wenigen Kreuzfahrtschiffe unter Segeln: die Sea Cloud.

Einst im Besitz eines amerikanischen Millionärs, heute eines der wenigen Kreuzfahrtschiffe unter Segeln: die Sea Cloud.
© Sea Cloud Cruises GmbH

Sea Cloud: Mit Volldampf unter Segeln

Es gilt als Highlight unter den Kreuzfahrten: Eine exklusive Tour mit der Sea Cloud, einem historischen Viermaster, der zu den schönsten Schiffen der Welt gehört.

Bis sich die ersten Dampfschiffe Ende des 19. Jahrhunderts schnaufend durch die Wellen schoben, gehörten ihnen die Weltmeere: stolze Segelschiffe, deren hohe Masten sich wie Finger in den Himmel streckten, als wollten sie den Wind einfangen, und in deren Takelage mutige und schwerste Handarbeit dafür sorgte, dass das weiße Tuch in die richtige Position kam, um das Schiff eng an den Wind zu legen. Bis heute wird Seefahrerromantik mit Segelschiffen verbunden, doch es gibt nur noch wenige Windjammer, die auf den Weltmeeren kreuzen und dabei Gäste in den Genuss ihrer Einzigartigkeit bringen. Wenn heute von Kreuzfahrten die Rede ist, denkt man zuallererst an die riesigen Schiffe, schwimmende Hotels, die nicht selten Tausenden von Passagieren allen erdenklichen Luxus unserer Zeit bieten. Doch die Begeisterung für eine Seefahrt lässt sich nicht allein in Bruttoregistertonnen und Superlativen messen. Wer auf Tuchfühlung mit den Elementen gehen möchte, der muss auf ein Segelschiff. Das Angebot ist überschaubar, die meisten Segler, die heute auf den Weltmeeren kreuzen, sind gut gemachte Nachbauten ihrer Ahnen, luxuriös ausgestattete moderne Segeljachten, die gerade durch ihre überschaubare Größe einen besonderen Charme haben und damit einen Segeltörn zu einem faszinierenden Reiseerlebnis machen.

Crew-Arbeit in 30 Meter Höhe

Ein Schiff sticht aus den noch fahrenden Windjammern heraus: ein Segler mit Viermastbark-Rigg, eine Legende unter weißen Segeln mit bewegter Geschichte. Im Jahre 1931 für den amerikanischen Multimillionär Edward Francis Hutton als größte und luxuriöseste jemals gebaute Privatsegeljacht der Welt unter dem Namen Husar II in Kiel gefertigt, wurde sie Ende der 1970er-Jahre in der Hafenstadt Colón an der Karibikküste Panamas kurz vor dem drohenden Abwracken entdeckt und von einer Gruppe segelbegeisterter Hamburger Kaufleute in die Hansestadt überführt. Seit 1994 kreuzt die alte Viermaster-Lady mit der unverkennbaren Silhouette ihrer strahlend weißen Segeln unter dem Namen Sea Cloud wieder in der Karibik, über den Atlantik und im europäischen Sommer im Mittelmeer. Ein authentischer Klassiker und ein unverfälschtes Original aus der Zeit, als der Wind noch »all hands on deck« forderte und schlanke Schiffe unter vollen Segeln elegant durch die Wellen schob. Auf der Sea Cloud kann das noch immer erleben. Während die Crew beim Segelmanöver in schwindelerregender Höhe an den Masten in den Seilen hängt, das weiße Tuch der 30 Segel traditionell in mühevoller Handarbeit entfaltet und sich das Schiff sachte in den aufkommenden Wind legt, genießen die Gäste an Deck in aller Ruhe das Zusammenspiel von Sonne, Wind und Meer.

Handarbeit der alten Schule: Die Crew entfaltet die Segel in 30 Metern Höhe.
© Frank-Michael Arndt
Handarbeit der alten Schule: Die Crew entfaltet die Segel in 30 Metern Höhe.

Zurück in die Vergangenheit

Und sie genießen das repräsentative Ambiente des Schiffs, immer begleitet von einem Hauch Nostalgie, der in jeder Ecke zu spüren ist. Denn die Sea Cloud wurde bis ins Detail originalgetreu restauriert und versetzt die Gäste damit zurück in den eleganten Glanz einer längst vergangenen Epoche, die ohne bordeigenen Fitnessraum, Sauna oder Whirlpool auskam. Das Promenadendeck ist mit edlen Hölzern und Teakbänken ausgestattet, in den Kabinenstehen ausgesuchte Antiquitäten und Marmorkamine, und natürlich läuft das Wasser im Badezimmer aus goldenen Wasserhähnen.

Familien Flair

Trotz dieser Exklusivität, die natürlich ihren Preis hat, ist die Stimmung an Bord erfreulich entspannt und hat fast familiären Charakter. Smoking und Lackschuhe, Abendkleid und High Heels kann man getrost zu Hause lassen, auch beim obligatorischen Captain’s Dinner darf die Garderobe etwas lockerer sein. Maximal 64 Gäste kommen in den Genuss einer Segeltour, die neben den erholsamen Tagen auf See auch attraktive Landausflüge entlang der Route bietet. Allein die Transatlantik-Kreuzfahrt in Richtung Karibik, wenn der Passatwind in die Segel bläst, ist eine reine Nonstop-Seereise. Wer dafür anheuert, muss immer damit rechnen, dass sich der Atlantik nicht an allen Tagen von seiner schönsten Seite zeigt und das Schiff ins Wanken bringt. Aber man fühlt sich nie allein und verlassen auf hoher See, die überschaubare Größe der Sea Cloud schafft Nähe, und bereits nach einem Tag an Bord kennt man sich untereinander und fühlt sich einer verschworenen Gemeinschaft zugehörig, die für einige Tage den Traum unter weißen Segeln lebt. Individueller Rückzugsort ist die eigene Kabine, die aber aus Tradition nicht verschlossen wird, Schlüssel gibt es nur auf besonderen Wunsch.

Ungewohnter Anblick für Kreuzfahrtpassagiere: die Takelage der Sea Cloud.
Foto beigestellt
Ungewohnter Anblick für Kreuzfahrtpassagiere: die Takelage der Sea Cloud.

Versorgung auf hohem Niveau

Die Crew, eine bunte internationale Mischung aus alten Seebären und jungen Frauen und Männern, sorgt mit liebenswerter Professionalität und beeindruckender Aufmerksamkeit für die individuellen kulinarischen Vorlieben der Gäste rund um die Uhr für das Wohl der Passagiere. Wer am ersten Tag seinen Lieblingsdrink mit nur einem Eiswürfel geordert hat, wird ihn bis zum Ende der Reise auch immer wieder so serviert bekommen. Für echte Frühaufsteher beginnt der Tag an Bord kurz nach Sonnenaufgang mit dem »early morning tea«, der natürlich auch eine Kaffeespezialität sein darf, mit Blick auf das Meer und den weiten Horizont. Dazu werden frische Croissants und Gebäck aus der längst aktiven Patisserie serviert, bevor sich die Gäste ein paar Stunden später im Restaurant zum ausgiebigen Frühstück treffen. Viel Platz ist in dem holzvertäfelten Raum mit Kamin nicht, aber es ist gemütlich eng, man sitzt wie in einer großen Familie gemeinsam am Tisch und kommt schnell ins Gespräch. Alle Mahlzeiten werden hier eingenommen, die Küchen-Crew, die auf ausgesuchten Reisen einen renommierten Gastkoch mit am Herd hat, bietet den Gästen internationale Gerichte auf hohem Niveau, dazu passt die Weinauswahl mit Gewächsen aus den weltweit wichtigsten Anbauregionen.

Nach einem erholsamen Seetag oder einem spannenden und interessanten Landausflug ist der Absacker nach dem abendlichen Dinner unter dem klaren Sternenhimmel auf dem Promenadendeck der krönende Abschluss eines jeden Tages auf der Sea Cloud. Das Schiff ist nicht einfach nur ein luxuriöser kleiner Kreuzfahrer, sondern eine majestätisch anmutende Windjammer-Legende unter weißen Segeln, das letzte Original aus der stolzen Segler-Tradition und damit Mittelpunkt einer jeder Reise.

Nur wenige Anbieter

Neben der Sea Cloud steht weltweit nur eine Handvoll echte Segelschiffe für Kreuzfahrten bereit. Die Sea Cloud 2 zählt dazu, ist allerdings deutlich jünger als ihr Schwesterschiff. In die Nähe dieser beiden kommen allenfalls noch die Star Clipper und die Royal Clipper, das größte Segelschiff der Welt. Beide haben allerdings deutlich mehr Kabinen.

Erschienen in
Falstaff Cruises 2019

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Ingo Swoboda
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