Schwein gehabt

Zwischen umstrittener Massentierhaltung und dem Trend in Richtung artgerechterer Tierhaltung. Lust auf gutes Schweinefleisch machen Rezepte von Spitzenköchen.

In letzter Zeit gelangten Schweine auffallend oft in die Medien. Es sind Auftritte wie jener am Samstag, den 8. Januar, um 17.30 Uhr, in der ORF-Sendung »Volksanwalt«. Moderator Peter Resetarits erklärt: In Österreich sei es gängige Praxis, trächtige Schweine in sogenannten Kastenständen zu halten. Kastenstände sind Metallkäfige, die nicht größer sind als das Schwein selbst, das Tier könne sich daher weder umdrehen noch einen Schritt vor oder zurück machen. Es ist zur Bewegungslosigkeit verdammt. Das sei zwar laut Tierhaltungsverordnung erlaubt, widerspreche aber eindeutig dem österreichischen Tierschutzgesetz.

Wenige Tage danach melden deutsche Me­dien, der Dioxinskandal, bei dem verseuchtes Futtermittel in Umlauf gelangte, sei jetzt nicht mehr nur auf Eier und Hühner beschränkt, ­sondern habe sich auch auf die Schweinebranche ausgeweitet. Erstmals sei ein erhöhter Dioxinwert auch in Schweinefleisch festgestellt worden.

In Käfigen sind die Schweine nicht in der Lage, sich zu bewegen oder sich hinzulegen/Foto: Getty ImagesSchweinefabriken
In den vergangenen Jahren sendete auch das ZDF-Magazin »Frontal 21« immer wieder kritische Beiträge zum Thema Schwein, Dokumentationen über Missstände in Schlachthäusern und über die generelle Problematik in der Massentierhaltung.
Die Struktur der Schweineproduktion hat sich vor allem in Deutschland, aber auch in Öster­reich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert – hin zu großen industriellen Betrieben. Es sind zuweilen echte Schweinefabriken, in denen der Umgang mit den Tieren vollautomatisiert ist: von der Luftzufuhr über die Fütterung bis zur Entfernung der Gülle.

Gebärmaschinen
Das Motto der Branche heißt Menge. Kritisiert wird immer wieder, dass die Muttertiere in engen Kästen als regelrechte Gebärmaschinen gehalten werden und ihre Ferkel hinter so genannten »Abferkelgittern« zur Welt bringen müssen. Nach drei bis vier Wochen werden die Ferkel von der Mutter getrennt. Kurze Zeit danach wird die Sau erneut geschwängert. Auch die Ferkel erwartet ein Dasein, das von ökonomischen Zwängen geprägt ist. Im Klartext bedeutet das ein streng kalkuliertes Wachstum. Über ein halbes Kilo pro Tag müssen sie zunehmen, um nach sechs Montaten mehr als 110 Kilo zu wiegen. Dann geht es ab in den Schlachthof. Auf Ablehnung stoßen auch die Vollspaltenböden, die in fast allen Mastbetrieben verwendet werden und dazu dienen, dass die Fäkalien der Tiere abfließen können. Für die Schweine - sie sind von Natur aus sehr reinliche Tiere - ist das besonders unangenehm.

Freilandschweine trennen ihre Behausung in eigene Bereiche für Fressen, Schlafen und Kot/Foto: iStock

Umdenken
Vor diesem Hintergrund wechseln inzwischen vor allem kleinere Betriebe immer öfter ins Lager der Bio-Landwirtschaft. Auch in einem Bericht des ORF-Volksanwaltes wurde einer dieser neuen Landwirte präsentiert. Biobauer Hermann Holzweber aus dem Mühl­viertel zeigt ­darin stolz seine Tiere, die in einer gänzlich anderen Umgebung leben. Der Schweinezüchter bietet seinen Ferkeln einen ­eigenen Liegeplatz mit Streu und einen davon getrennten Kotplatz. Den trächtigen Säuen ­stehen geheizte Kammern zur Verfügung, wo sich die jungen Tiere nach der Geburt an die Mutter schmiegen können.

»Ja! Natürlich«: Bio-­Schweinefleisch aus dem Supermarkt/Foto: Ja! NatürlichSchweinefleisch sehr beliebt

Schweinefleisch steht bei österreichischen und deutschen Konsumenten hoch im Kurs. Fast zwei Drittel des in Österreich konsumierten Fleisches stammt vom Schwein. Statis­tisch gesehen werden im Durchschnitt pro Person 41 Kilo pro Jahr verdrückt, in Deutschland sind es mit 40 Kilogramm nicht viel weniger. Und der Bedarf steigt von Jahr zu Jahr. 2010 wurden in Deutschland immerhin 58 Millionen Schweine geschlachtet. In Österreich sind es jährlich mehr als fünf Millionen.
Nur rund ein Prozent aller Schweine hat in Österreich und Deutschland das Glück, in Freilandhaltung zu leben. Das Positive dabei: Die Tendenz ist steigend.

»Sonnenschweine«
Der österreichischen Biobauern Norbert Hackl betreibt seit 2003 im steirischen Burgau eine Bioschweinezucht – mit 200 Mast- und 20 Mutterschweinen ist sie inzwischen die größte dieser Art in Österreich. Der 37-Jährige nennt seine Tiere »Sonnenschweine«, weil sie im Freien viel Sonne bekommen, und vermarktet in Zusammenarbeit mit dem Koch Franz Wirth Produkte wie Speck, Salami, Aufstriche und Würste unter dem Namen »Labonca«. Für die artgerechte Tierhaltung ­erhielt der Labonca-Biohof im Vorjahr den ­»Österreichischen Tierschutzpreis«.

Aufschwung alter Schweinerassen in Österreich, Bio-Schwein im Supermarkt und artgerechte Tierhaltung zur Steigerung der Qualität - den ganzen Artikel lesen Sie im Falstaff Nr. 1/2011

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Text von Herbert Hacker

Herbert Hacker
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