Alte Tradition: Beim Sautanz wird ein Schwein als Ganzes verarbeitet – von der Leber bis zum Schinken.  

Alte Tradition: Beim Sautanz wird ein Schwein als Ganzes verarbeitet – von der Leber bis zum Schinken.  
Foto beigestellt

Sautanz auf »Gut Purbach«

Der Sautanz hat im Burgenland eine lange Tradition. Dabei wird das ganze Schwein verarbeitet. Auf »Gut Purbach« wird dieser selten gewordene Brauchnoch heute gepflegt.

Wenn der Winter kommt, beginnt im Burgenland die traditionelle Zeit des Sautanzes. Seit Menschengedenken war das Schwein nicht nur Lieferant von  köstlichen Braten und wichtigem Fett, sondern vor allem eine Art lebende Vorratskammer: Im Sommer, wenn es warm war und es Essen in Hülle und Fülle gab, wurde es mit all den Überschüssen fett gemästet. Wenn es dann kalt wurde und nichts mehr auf den Feldern wuchs, wurde es geschlachtet, zerlegt, verwurstet und eingesalzen – eine Art zweite Ernte. Das kalte Wetter stellte sicher, dass das Fleisch nicht verdarb. Die Innereien und das Blut, die sich nicht gut lagern lassen, wurden gleich frisch verarbeitet und gegessen. Und weil das ein Freudentag war und ein großes Fest mit jeder Menge Wein, Musik und Tanz, hieß und heißt das nicht einfach nur Schlachttag, sondern »Sautanz«.

Foto beigestellt

Seit es Supermärkte, Tiefkühltruhen und beheizte Schweinefarmen mit Hunderttausenden Tieren gibt, ist der Sautanz selten geworden, auch im Burgenland. Max Stiegl findet das schade – und lädt daher bereits seit der Eröffnung des »Gut Purbach« jedes Jahr im späten November, frühen Dezember zu einem Sautanz. Gut, es gibt gewisse Zugeständnisse ans 21. Jahrhundert und das heute eher urbane als bäuerliche Publikum: Die Tische sind mit weißen Tischtüchern gedeckt, das Zelt im Hof beheizt, und auch auf Champagner und erstklassigen Winzersekt muss keiner verzichten. Abgesehen davon aber geht es durchaus traditionell zur Sache.

Es brodelt, siedet und dampft

Ganz in der Früh, noch bevor die Sonne aufgegangen ist, fährt Stiegl am Tag des Sautanzes hinüber nach Deutschkreutz zu Ivan Krizmanich, der dort über den Sommer einige Schweine hält. Die Tiere verbringen ihre Tage damit, im Schlamm zu wühlen und gelegentlich in Krizmanichs Weingarten das Unkraut zu vernichten. Für den Sautanz wählen Stiegl und Krizmanich zwei besonders schöne Exemplare aus und schlachten sie – im Laufe des Nachmittags werden sie komplett verarbeitet werden.
In Purbach wird derweil das Gut vorbereitet: Im Hof wird ein mehr als mannshohes Holzgestell aufgestellt. Der alte Hackbock wird aus dem Keller geholt, genauso wie mehrere große Metallkessel, unter die ordentlich Feuerholz geschlichtet wird.

Zwiebeln, altes Brot und Gewürze (vor allem Majoran) werden geschnitten, Krenwurzen geschält, Töpfe mit Senf gebracht, zu guter Letzt wird auch noch eine badewannengroße Metallwanne in den Hof gestellt. Wenn dann die ersten Gäste kommen, sind die beiden Schweine bereits auf dem Holzgestell im Hof aufgespannt, damit Fleischermeister Andert aus Pamhagen sie besser zerlegen kann. Und irgendwann um drei, vier, bevor die Sonne ganz untergeht, beginnt das Fest.
Gekocht und gewurstet wird gemeinsam mit den Gästen: Die Feuer unter den Töpfen werden entzündet und Wasser heiß gemacht, damit darin etwas später die Würste sieden können – ein besonders schöner Topf in der Mitte des Hofes ist für das Auslassen der Grammeln reserviert. In einer großen Eisenpfanne werden Leber und Milz mit reichlich Zwiebeln und Majoran gebraten, in der Wanne wird unter Beteiligung der Gäste aus Blut und Brot Blutwurst angerührt.
Die Köpfe werden gesotten und noch dampfend am Hackstock zerlegt, bevor reichlich frischer Kren darüber gerissen wird. Mit den Fingern dürfen sich die Gäste dann selbst das frische Fleisch »pflücken«. Und weil man nicht den Segen des Fortschritts missen will, wird ein Schweinebauch im Rohr gebraten (der Bauch der frisch geschlachteten Tiere ist noch nicht abgehangen) und mit krachender Schwarte serviert. Dazu gibt es, wie könnte es anders sein, Braterdäpfel und jede Menge Sauerkraut.
Nach Gläsern rechnet heute Abend keiner ab, Kellner mit stets frisch geöffneten Weinflaschen schenken jedem ein, der nichts mehr zu trinken hat. Dazu spielt eine Band mit Ziehharmonika und mindestens einem Geiger mehr oder weniger traditionelle Musik. Und spätestens wenn sich der Duft von frisch frittierten Grammeln über den Hof ausbreitet und die ersten knusprigen Köstlichkeiten verteilt werden, sind alle froh, dass die Tradition des Sautanzes noch nicht ganz vergessen ist.

INFO

Sautanz-Package buchbar unter www.gutpurbach.at

Aus dem Falstaff Spezial Gut Purbach 2017

Tobias Müller
Autor
Mehr entdecken
Restaurant
Gut Purbach
Ob beim Sautanz oder bei der »normalen« Karte, das Credo von Innereien-Zelebrant Max Stiegl...
Hauptgasse 64, 7083 Purbach
Max Stiegl
Gut Purbach Spezial
10 Jahre »Gut Purbach«
Das Falstaff Spezial zum Jubiläum von Max Stiegl im »Gut Purbach« – mit Geschichten, Gerichten...
Gut Purbach Spezial
»Gut Purbach«: Radikal genial
Das »Gut Purbach« mit Max Stiegl ist mehr als nur ein burgenländisches Spitzenrestaurant. Es ist...
Von Tobias Müller
Mehr zum Thema
Erich Scheiblhofer und Max Stiegl beim Degustieren.
Gut Purbach Spezial
Weinreise: Tour de Max Stiegl
Eine Weinreise nach dem Geschmack von Max Stiegl. Wir stellen die grandiosen Winzer hier vor –...
Von Herbert Hacker
Genuss mit Ausblick auf den Neusiedlersee: das »Seerestaurant Katamaran«.
Gut Purbach Spezial
Burgenland: Lust auf Rust
Rust ist eine Perle und einer der schönsten Orte am Neusiedler See. Hier leben einige der...
Von Tobias Müller
Gut Purbach Spezial
Die Weine von »Gut Purbach«
Im kleinen, aber fein sortierten Weingut von »Gut Purbach«-Inhaber Hans Bichler findet der Kenner...
Von Peter Moser
Gut Purbach Spezial
»Gut Purbach«: Radikal genial
Das »Gut Purbach« mit Max Stiegl ist mehr als nur ein burgenländisches Spitzenrestaurant. Es ist...
Von Tobias Müller
Max Stiegl
Gut Purbach Spezial
10 Jahre »Gut Purbach«
Das Falstaff Spezial zum Jubiläum von Max Stiegl im »Gut Purbach« – mit Geschichten, Gerichten...
Max Stiegl
Gut Purbach Spezial
10 Jahre »Gut Purbach«
Das Falstaff Spezial zum Jubiläum von Max Stiegl im »Gut Purbach« – mit Geschichten, Gerichten...
Hauptspeise
Dondole Buzara
Ausnahmekoch Max Stiegl vom »Gut Purbach« am Neusiedler See verrät uns eines seiner Rezepte mit...
Von Max Stiegl