Das »Terra« in Stainz

Das »Terra« in Stainz
© Achromatic Photography

Sauerwasser und Haferwurzel: Johann Schmucks »Terra« in Stainz eröffnet

Mit einem »All Star-Team« aus seinen Lokalen »Broadmoar« und »Die Mühle« eröffnete Johann Schmuck seine intime Fine Dining-Location unter der Erde. Finalisiert werden die Speisen direkt am Gast – nur ein Dutzend davon findet im neuen »Terra« Platz.

Die Frage, was sich bisher unter der »Mühle«, Johann Schmucks Stainzer Outlet am idyllischen Bach, verborgen hat liegt nahe. Denn hier tut sich, 15 Stufen unter der Oberfläche, eine kulinarische Welt auf. Doch die Antwort ist prosaisch: »Ein Lagerraum«. Doch seit dieser Woche ist alles anders, zumindest für das Dutzend Gäste, das in wechselnden Konstellationen vor einer Wand aus grünem Moos Platz nimmt. Die ganzjährig betriebene »Mühle« und ihre asiatisch inspirierte Küche wird es weiter geben, ansonsten werden die Kulinarik-Kräfte übers Jahr verteilt: Das gut etablierte »Broadmoar« in Oisnitz wird von April bis Mitte September bekocht, das neue »Terra« von September bis März.

Damit steht Gourmets aber die geballte Kraft des mit 91 Falstaff-Punkten ausgezeichneten Teams nun an zwei Locations zur Verfügung. Und schon der erste Gang überrascht. Mit seinem Geruch. Der unverkennbare Schwefelduft, der aus dem Glas steigt, ist mutig, die Haferwurzel daneben ein butterweich geschmorter Einstand zum Knabbern. »Wir haben überlegt, wie man ›Terra‹ übersetzen kann – und die eisenhaltige Johannesquelle ist nicht erst berühmt, seit ihr Pate, Erzherzog Johann, Bürgermeister von Stainz war«, übersetzt Schmuck die lokalen Legenden in ein Gericht.

Zumal der Stainzer »Flascherlzug« bis heute fährt, auch wenn er nicht mehr zum Wunderdoktor Johann Reinbacher alias Höllerhansl führt, der in den 1920er Jahren für seine Urin-Diagnostik bekannt war. Schmuck und sein Team – darunter die Köche – kennen derlei Lokal-Geschichten bestens. Denn mit einer Ausnahme stammt die gesamte Equipe aus der Südwest-Steiermark. Daher überrascht auch einer der farbenprächtigsten Gänge im Eröffnungsmenü – Safrantascherl mit Kürbissuppe, weißen Erdbeeren und Kernöl – nicht.

Entenleber und Ragout vom Île de France-Lamm

Die Hommage an die steirische Heimat wird aber nie übertrieben herausgestrichen. Der fulminante Fleischgang etwa kommt als »Île de France-Lamm« zum Gast, die Rasse wird aber in Dobl am »Chianina-Hof« von Nino Sifkovits gezüchtet. Als Ragout von Schulter und Keule sorgt es als Art »weiße Bolognese« für die Sauve, auf der dann das Filet angerichtet wird. Feinfasrig und puristisch, stellt es den Höhepunkt der Speisenfolge dar.

»Wir kochen gerne mit Gemüse«, gibt Johann Schmuck die Linie vor. Sparsam kommt Fleisch bei den Amuse bouches vor; da blitzt ein Rehbällchen vom Keramik-Podest, dort füllt Rindertartar einen Cornetto. Doch wer die »Armen Ritter von der Geflügelleber« verkostet, erkennt auch in dieser Disziplin die Meisterschaft des Trios Christoph Schober, Maximilian Grandtner und Johann Schmuck. Eine gänzlich fleischlose Option wird immer möglich sein, ansonsten bleibt den »Terra«-Gästen die Wahl zwischen zwei durchkomponierten Menüs, so Schmuck. Sieben Gänge umfasst die Variante »Terra«, die kleinere Option »Vega« bietet fünf Gänge an.

Der dekonstruierte Salat mit Trüffelhaube

In beiden Fällen gibt es eine Weinbegleitung, die Joachim Retz stets mit einer steirischen Rarität – aktuell die Sonderfüllung »Zeitspiel« vom Weingut Tement – eröffnet. Auch hier ist die Regionalität aber kein Dogma. Edgar Brutlers weiße Cuvée aus dem Nordwesten Transsilvaniens steht dafür exemplarisch, der »Terra de Cuques« vom Priorat-Kultweingut Terroir al Límit ebenfalls. Der Schiefer-mineralische Ton nimmt das rauchige Tannenöl auf, das zum Lamm angegossen wird. Immer wieder finalisiert der Hausherr selbst so die Gänge bei Tisch. Mal ist es die besagte Kürbissuppe, dann wieder ein Jus oder ein Kohlrabi-Öl. Die feine Aromen-Abstimmung zieht sich durch die gesamte unterirdische Geschmackswelt: Die Himbeer-Pfeffer-Sauce zum Saibling etwa balanciert die scheinbar so unterschiedlichen Aromen feinst aus und ist doch keine Kopie klassischer französischer Rezepturen.

Dass manches unspektakulär aussieht, nimmt Schmuck in Kauf. Der dekonstruierte Vogerlsalat – ein weiterer Steiermark-Verweis – wirkt wie Erdäpfelpürée, gibt das Innenleben unter der sämigen Decke aber Löffel-weise preis: Gestocktes Ei, Trüffel und die Salat-Speck-Creme ergeben einen Umami-satten Zwischengang. Oder anders gesagt: Mit dem »Terra« kann man in Stainz nun auch unterirdisch überirdisch speisen. Und zwar Montag bis Samstag, jeweils mittags und abends.


INFO

15. September bis Ende März
Montag bis Samstag jeweils Mittag und Abend (nur mit Reservierung)
Rathausplatz 2/Unterboden, 8519 Stainz
Tel.: +43 664 2382860
dreamshappen.at/terra-opening

Roland Graf
Autor
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