Russische Bürger dürfen derzeit unbehelligt durch Europa reisen.

Russische Bürger dürfen derzeit unbehelligt durch Europa reisen.
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Reiseverbot für Russen: Kommt ein Visa-Stopp in Europa?

Die EU denkt über ein Ende der Touristen-Visa für Russen nach.

Russische Touristen, die in Madrid, London, Wien, Berlin und Paris in Einkaufsstraßen bummeln, Kaffeehäuser besuchen, in Restaurants essen und Geschenke kaufen. Solche Szenen regen nicht nur Ukrainer auf, sondern verärgern auch so manchen europäischen Bürger. Wie kann es sein, dass europäische Länder Touristen-Visa für russische Bürger ausstellen, während Putin seinen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine weiterführt. Nun gibt es Forderungen aus etlichen EU-Ländern, russischen Reisenden keine Visa für die EU zu gewähren. Konkret wollen Finnland, Estland und Lettland solche Visa verbieten. „Europa zu besuchen ist ein Privileg, kein Menschenrecht“, schreibt beispielsweise die estnische Premierministerin Kaja Kallas.

Länder wollen Visa weiter einschränken

Bereits jetzt werden Schengen-Visa für russische Bürger in einigen Ländern eingeschränkt, unter anderem in den oben erwähnten Ländern, aber auch in Tschechien. Andere Länder wie Polen und Dänemark wollen in Kürze solche Einschränkungen für Reisen von Russen einführen. Der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky hat die Diskussion über einen Visa-Stopp durch ein Interview mit der Washington Post befeuert: Die wichtigste Sanktion, die die EU machen könnte, wäre ein Schließen der Grenzen. Rechtlich ist die Lage aber kompliziert: Ein Visa für eine Schengen-Land gilt dann für den ganzen Schengenraum.

Länder wie Österreich und Deutschland stehen naturgemäß auf der Bremse: Speziell für den österreichischen Tourismus sind russische Gäste nach wie vor wichtig; selbst die Sanktionen gegen Oligarchen aus dem inneren Putin-Zirkel wurden hier ja nur zögerlich umgesetzt. Auch Deutschland zögert: Kanzler Olaf Scholz hat wiederholt darauf hingewiesen, dass dies ein Krieg von Putin sei, nicht jener der Russen. Das Gegenargument der Politiker, die für einen Visa-Stopp sind: Nicht nur russische Urlauber, sondern etwa auch Geheimdienstleute würde damit von freien Reisen quer durch Europa abgehalten. Dazu kommt: Immer wieder lösen pro-russische Demonstrationen in europäischen Städten Kritik aus.

Auswirkungen umstritten

Welche Auswirkungen hätte ein Visa-Stopp für Russen aber tatsächlich? Laut Tourismusexperten wenig, denn schon jetzt machen Russen vor allem im eigenen Land oder in wenigen Ländern wie Türkei oder Ägypten Urlaub. Auch der britische Historiker und Schriftsteller Owen Matthews argumentiert, dass ein Visa-Stopp rassistisch und das falsche Signal wäre: Dann würden nämlich ausgerechnet die jungen, unabhängigen Russen daran gehindert, sich im Westen zu informieren. Ein Reiseverbot käme letztlich wieder nur Putin zugute. Solchen Argumenten hält etwa Finnlands Premierministerin Sanna Marin entgegen, es dürfe nicht sein, dass russische Touristen unbeschwert durch Europa reisen, während ihr Land einen brutalen, aggressiven Krieg in Europa führt. Letztlich dürfte ein Visa-Stopp vor allem auch ein symbolischer Akt sein – die Diskussionen darüber könnten aber heftig werden.

Redaktion
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