Champagner Krug »170 Edition Grande Cuvée«

Champagner Krug »170 Edition Grande Cuvée«
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Reich an Reserven: Krug stellte »170ème Édition« bei Andreas Döllerer vor

Weder ein Jahrgangschampagner, noch eine simple Brut-Cuvée – so hat man in Reims die »Grande Cuvée« mit ihrer fortlaufenden Nummerierung angelegt. Die aktuelle Füllung zeigt sich mit einem unfreiwillig reduzierten Pinot Meunier-Anteil und viel (Zitrus-)Frische.

Die Aufregung vor einer Verkostung der weltbekannten maison de Champagne Krug ist immer hoch. In diesem Fall kam aber noch die Tücke der Technik dazu: Würde die Leitung nach Reims halten, wo der famose Olivier Krug die neuen Grande Cuvées kommentieren wollte? Schon nach wenigen Minuten sank man aber entspannt in die Sitzkissen der Champagner-»Botschaft« – Krug nennt seine Gourmetlokal-Hochburgen »ambassades« – im Salzburgischen. Im Genießerhotel Döllerer war klar zu verstehen, was es zum neuen Champagner zu sagen gab.

Ein Feind aus 2014 namens »Suzukii«

Wie immer gab man sich sehr transparent, was die komplexe Zusammensetzung des Schaumweins betraf. Der dominierende Jahrgang der »170ème Édition« ist 2014, auch wenn er wie bei Krug üblich, mit einer Reihe von reiferen Weinen aus der »Bibliothek« kombiniert wurde. Doch die Komplexität der Cuvée beginnt bereits innerhalb des Jahrgangs: Allein von den 2014 geernteten Pinot Noirs liegen 500 Einzelbeschreibungen vor, nachdem Kellermeisterin Julie Cavil zwei Verkostungen aller Chargen absolviert hat. Dieses Beispiel gab Marketingleiter Thibault Renard aus Reims, der selbst gerne eine einfache Antwort zur Frage »Wie ist der Jahrgang 2014?« vom chef du cave gehabt hätte.

In Erinnerung bliebt die Ernte 2014 vor allem durch das starke Auftreten der Kirschessig-Fliege in der Champagne. »Vor allem beim Pinot Meunier hat uns die so genannte Suzukii-Fliege viel gekostet«, erinnerte sich Olivier Krug. Sie tritt so knapp vor der Ernte auf, dass befallene Trauben nur noch vernichtet werden können, um den Rest des Leseguts zu schützen. Die Reaktion von Kellermeisterin Julie Cavil war naheliegend: Gegenüber der Vorgängeredition 169 wurde der Meunier-Anteil von 19 % auf 11% reduziert.

Die 170ème Édition, aufgeschlüsselt

Dafür ist der Anteil älterer Jahrgänge, der Reserveweine, mit 45% der Assemblage deutlich höher. Bis 1998 reichen die Jahrgänge zurück, wenngleich dieser älteste Teil »vielleicht 0,5% ausmacht«, so Monsieur Krug. 195 einzelne Chargen aus 12 Jahrgängen sind es doch wieder geworden. Und vor allem ein Champagner, der sich wieder deutlich von den anderen »Nummern« der internen Editionszählung unterscheidet: Wie Ananas- oder Limetten-Baiser riecht der von Frische getriebene Krug. Unter den floralen Noten ragt dann auch Kirschblüte heraus. Die Komplexität dieses Luxus-Champagners zeigt sich bereits im Duft. Mit zehn Minuten im Glas ist auf einmal ein rauchiger Ton – man denke an Schwefelhölzer – da. Auch eine prononcierte Schokolade-Duftnote, an Kekse erinnernd, stellt sich auf einmal anstelle der Zitrusfrucht-getriebenen ersten Nase ein.

Ähnlich janus-köpfig kommt der sieben Jahre auf der Hefe gereifte Schaumwein dann am Gaumen zur Geltung. Das cremige Mundgefühl hat zugleich viel Druck, ein Zeichen für optimale Entfaltung der »bulles«, der Kohlensäure-Bläschen. Die feinen Zitrusnoten, diesmal Grapefruitzesten, werden von einer leichten Kräuter-Anmutung begleitet. Koriander und Melisse wären da zu nennen, final auch etwas frischer Salbei. Denn die engmaschige und jugendliche Grande Cuvée klingt mit einem leichten Gerbstoff-Ton aus. Er bündelt mit einer Erinnerung an Bitterorangen noch einmal alle Geschmackseindrücke dieses Jünglings aus Reims.

Champagner Krug «26 Edition Rosé Grande Cuvée»
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Champagner Krug «26 Edition Rosé Grande Cuvée»

Die Rosé-Zählung reicht nun bis 26

Apropos Jüngling: Erst seit 26 Editionen gibt es auch einen Rosé, »da hat sich mein Vater lange gewehrt«, plaudert Olivier Krug aus dem Nähkästchen der Familie. Doch der Markt wollte auch einen rosa Krug-Champagner, der mittlerweile als »26ème Édition« ebenfalls einen komplexen Aufbau zeigt. Sieben Jahrgänge wurden vermählt, der älteste ist 2005, der Großteil (hier: 67%) stammen ebenfalls aus dem Jahr 2014, wobei der Pinot Noir mit 44 % der Assemblage den Ton angibt. »Es geht aber auch beim Rosé von Krug immer um Frische«, lautet die Devise. Und mit ihr feiert man einmal mehr die Vielfalt, was im direkten Vergleich mit anderen Rosé-Grande Cuvèes des Hauses deutlich wird.

Ermöglicht wurde das analytische Riechen und Schmecken beim großen Champagnermenü Andreas Döllerers, das die neue Grande Cuvée zu einem Hausklassiker – dem Bluntau-Saibling mit confierten Erdäpfeln – präsentierte. Hier glänzte der Krug-Champagner mit seiner Frische, während der zarte Fisch vor allem die Zitrusfrucht-Noten herauskitzelte. Ein Erlebnis aber war der Vergleich zwischen den Rosès der maison (Nr. 26 stand neben dem Vorgänger 25) zum Rauriser Rehrücken mit weißen Erdbeeren. Deutlich dunkler in der Aromatik, auch mit mehr Gerbstoff, bringt die »25ème Édition« mit der Süße des Wildfleischs erst ihre säurige Seite zum Vorschein. Der »burgundische« Nachfolger hingegen umspielt die unreifen Erdbeeren genau so – nur viel lebendiger – wie man es dem Pinot Noir als Stillwein ebenso nachsagt.

Der Champagner zu Umami-Reichem

Denn bereits im Duft der »26ème Édition« sind kühle Beerentöne da. Der relativ hochfärbige Rosé-Champagner, der 11% Rotwein enthält, schimmert in Rosé-Gold, die Nase meldet aber auch dezente Räucherstäbchen-Töne. Die Frische des weißen Anteils lässt auch Assoziationen an den japanischen Eistich Tamago zu, allerdings leicht geflämmt. Auch beim Rosé vollzieht sich dann eine Metamorphose mit etwas Standzeit im Glas – die erdbeerige Seite dreht deutlich in Richtung Pinot Noir-Duft. Schließt man die Augen, denkt man ausschließlich an diese Sorte. Dezenter mengen sich Pink Grapefruit und – man glaubt es kaum! – auch etwas Bitterschokolade ins Duftbild. Doch zur Harmonie gebrachte Widersprüche zeichnen schließlich große Weine aus.

Und erneut punktete die »26ème Édition« zum überaus würzigen Pilz-Fond Döllerers, einer ziemlichen »Umami-Bombe«. Da bestätigte er Olivier Krugs Einschätzung: »Das ist kein Rosé zum Dessert, sondern konkurriert mit Pinot Noir zu Fleisch«. Nur falls man nicht weiß, was man zu diesem Top-Rosé kochen sollte.

Roland Graf
Autor
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