»Pseudo-Qualität«

DI Wolfgang Pfeifer von der Hochschule Geisenheim über die umstrittenen Methoden, den Weingeschmack mit allen möglichen Mitteln zu beeinflussen.

FALSTAFF Viele Weinproduzenten verändern den Weingeschmack mit fragwürdigen Mitteln. Sind die diversen Zusätze und speziellen Behandlungsverfahren vorrangig ein Thema für die industrielle Produktion, oder machen das auch Spitzenwinzer?
Wolfgang Pfeifer: Ich fürchte fast, dass diese Techniken am oberen Ende des Preisspektrums genauso verbreitet sind. Weil: Die Jungs haben ja doch enormen Erfolgsdruck. Manche rennen dann Propheten hinterher, die suggerieren: Mit dem oder dem Mittel kriegst du noch ein bisschen mehr und noch ein bisschen mehr. Um sich noch mehr auszeichnen zu können mit einer Pseudo-Qualität.

Im Moment reden alle von Entalkoholisierung. Was halten Sie davon?
In fünf Jahren redet wahrscheinlich kein Mensch mehr davon. Einerseits wollen wir weniger Alkohol, aber dann schütten wir beispielsweise Tannine dazu, damit der Wein trotzdem dick und fett wirkt. Das ist doch alles irre. Und noch etwas bitte, und zwar zum Thema Velcorin (Anm. d. Red.: ein umstrittenes und riskantes Mittel zur Kaltentkeimung von Getränken): Das gehört einfach nicht rein in den Wein. Und damit Ende. Schluss.

Ist aber zugelassen...
Ja, aber trotzdem braucht man das nicht. Wenn man das zu Versuchszwecken macht, okay. Aber jetzt soll das auf einmal für die normale Winzerpraxis notwendig sein, das ist doch Unsinn. Wenn man sauber arbeitet und die Grundsätze der sterilen Füllung beachtet, braucht man das nicht.

aus Falstaff Deutschland 5/2014
von Herbert Hacker und Ulrich Sautter